Dunkelflaute in Deutschland: Wind und Sonne liefern so wenig Strom wie noch nie
In der Nacht vom 6. zum 7. November herrschte in Deutschland Dunkelflaute. Nachts bringen Photovoltaikanlagen bekannterweise null Leistung. Wenn dann auch der Wind so gut wie in keiner Ecke des Landes weht, dann liefern die von der Bundesregierung favorisierten erneuerbaren Energiequellen praktisch keinen Strom.
In besagter Nacht brachten es die Windkraftanlagen auf nur 78,4 bis 700 Megawatt (MW). Der Strombedarf lag jedoch bei knapp 45.000 bis 66.000 MW – oder 66 Gigawatt (GW). Auch in der Nacht zuvor sah es mau aus: Maximal rund 2,5 GW lieferten die rund 30.000 Windräder im Land.
Der abgebildete Tiefststand war um 17:30 Uhr des 6. November 2024. Alle deutschen Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen kamen zusammen zu dieser Zeit nur auf 78,4 MW. Von der installierten Nennleistung in Höhe von rund 163 GW waren dies lediglich 0,048 Prozent.
Historischer Negativrekord
Einen historischen Negativrekord der erzeugten Windkraftleistung registrierte auch Rolf Schuster, leitender Datenanalyst der Bundesinitiative Vernunftkraft. Demnach erzeugten alle Windkraftanlagen Deutschlands an Land und auf dem Wasser am Mittwoch, 6. November, zwischen 14:30 Uhr und 14:45 Uhr nur 44 MW. Das sind 0,06 Prozent der installierten Gesamtnennleistung von 71.798 MW.
Doch was bedeuten diese Dunkelflauten für unsere Stromversorgung? Genauere Informationen hierzu teilte Dr. Christoph Canne der Epoch Times mit. Er ist Diplom-Chemiker bei Vernunftkraft und beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland.
Herr Canne, gab es irgendwo Störungen oder Stromausfälle/Abschaltungen?
Es sind mir keine bekannt. [Anm. d. Red.: Tatsächlich gibt es aktuell keine Berichte über Stromausfälle zur Wochenmitte wegen einer Unterversorgung des Stromnetzes].
Hatte Deutschland genügend Reservekapazitäten anderer Kraftwerksarten bereitstellen können?
Am Ende des Tages konnte auch in dieser Extremsituation die Nachfrage gedeckt werden. Aber eben zu bedenklich hohen Preisen: 82 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh, entspricht 820 Euro pro Megawattstunde (MWh)) zwischen 17:00 Uhr und 18:00 Uhr sowie 80,5 ct/kWh zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr. Wohlgemerkt Börsenpreise, sprich vor Netzentgelten, Steuern und Abgaben.
Laut den Experten von MontelAnalytics musste Deutschland einen sehr hohen Einsatz von Ölkraftwerken fahren sowie 14 GW – die Leistung von etwa zehn Kernkraftwerken – importieren, um die Versorgung zu gewährleisten.
Die dunkle Jahreszeit steht noch am Anfang, die Nächte werden länger. Was ist in den nächsten Monaten zu erwarten?
Grundsätzlich kann dies zu jedem Zeitpunkt wieder so geschehen. In der Winterzeit bricht die Solarerzeugung naturgemäß ein und wenn dann Windflauten eintreten, muss in ähnlicher Weise die Nachfrage durch Import und fossile Kraftwerke gedeckt werden.
Da nachts keine Sonne scheint, kann es hier wohl eher zu extremen Dunkelflauten kommen. Wie ist das tagsüber bei trübem Winterwetter? Sind hier auch Engpässe aufgrund des höheren Strombedarfs möglich?
Auch an trüben Wintertagen kann die Solareinstrahlung so gering sein, dass sich eine nächtliche Dunkelflaute auch über den Tag fortsetzt. Das sieht man sehr gut anhand der Daten des Dezember 2023:
Kann sich Deutschland auf Stromimporte verlassen, wenn nachts die Windkraftanlagen stillstehen?
Die erwähnten 14 GW sind schon ein extremer Wert. Insgesamt haben wir circa 23 GW an Übertragungskapazitäten ins Ausland, es wären also technisch noch höhere Importmengen denkbar. Die Frage ist natürlich, ob die Nachbarländer diese Nachfrage jederzeit bedienen können.
In Frankreich beispielsweise steigt der Stromverbrauch bei tiefen Temperaturen aufgrund der weitverbreiteten privaten Elektroheizungen stark an. Bei extrem kalten Dunkelflauten können wir nicht sicher mit der Hilfe Frankreichs rechnen.
Und generell gilt natürlich: Je weiter auch unsere Nachbarländer Wind und Solar ausbauen, desto weniger sind sie in der Lage, uns bei Dunkelflauten zu helfen, sondern haben selbst zunehmend dasselbe Problem.
Wie wahrscheinlich ist ein Blackout oder ein Brownout in diesem Winter in Deutschland?
Eine direkte Gefahr von Blackouts kann man sicherlich nach menschlichem Ermessen ausschließen. Wenn es wirklich eng auf eng käme, kommt es eher zu Brownouts, also kontrollierten stundenweisen Abschaltungen.
Je mehr wir gesicherte Leistung abschalten, desto wahrscheinlicher wird es, dass dieser Fall einmal eintreten könnte. Im Moment haben wir 93 GW an gesicherter Leistung und die Spitzenlast geht im Normalfall nicht über 80 GW.
Eine Studie von McKinsey prognostiziert aber bis 2035, dass unter den Prämissen der aktuellen Energieplanung der Bundesregierung die Spitzenlast auf bis zu 125 GW steigen könnte, während die gesicherte Leistung auf 71 GW sinkt.
Die Lücke von 54 GW muss dann durch intermittierende Quellen wie Wind und Solar gefüllt werden. Diese können aber eben auch nahe Null liefern – oder eben durch Importe, die aber technisch auf circa 23 GW begrenzt sind. Die Wahrscheinlichkeit von Brownouts nimmt also in Zukunft stetig zu.
Hat so ein Strommangelszenario auch Auswirkungen auf die Industrie unseres Landes?
Aber sicher. Wir sehen bereits jetzt, dass der durchschnittliche Börsenstrompreis in Deutschland im Jahre 2024 mit 73,58 Euro pro MWh fast 50 Prozent höher als in Frankreich mit 51,08 Euro pro MWh war. [Stand: 07. November 2024]
Natürlich werden hierdurch auch die Preisdifferenzen zu Ländern wie den USA und China immer größer. Das wird den Abwanderungsdruck auf die deutsche Industrie, insbesondere die energieintensive Industrie, erhöhen.
Was empfehlen Sie den Menschen im Land? Sollen sie sich vorbereiten? Wenn ja, wie?
Sich vorzubereiten kann nie schaden. Man muss jetzt nicht panikartig reagieren, aber etwas Vorsorge durch die Fähigkeit zur Notstromerzeugung kann sicherlich – auf die nächsten Jahre betrachtet – nicht schaden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Maurice Forgeng.
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