„Faire Netzentgelte“ ab 2025: Wer gewinnt, wer zahlt mehr?

Die Bundesnetzagentur will eine „faire Verteilung“ der Netzentgelte in Deutschland. Aufgrund der Energiewende zahlen manche Regionen mehr als andere. Eine Reform der Gebühr soll das nun ändern. Wer darf mit Vergünstigungen rechnen?
Netzentgelte
Windkraft- und Solaranlagen erfordern einen drastischen Netzausbau, was durch die Netzentgelte finanziert wird.Foto: Spitzt-Foto/iStock
Von 14. Oktober 2024

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Der Ausbau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen stellt indirekt Kosten für die Bürger dar. Denn mit der Energiewende müssen auch die lokalen Stromnetze erneuert und für die teils hohen Strommengen ausgelegt werden. Die Netzbetreiber finanzieren diese erforderliche Netzanpassung durch die Netzentgelte. Diese sind Teil der Stromrechnung. Im Schnitt machen die Netzentgelte rund ein Viertel der gesamten Stromkosten für private Haushalte aus.

Aktuell sind die Netzentgelte in Gebieten mit viel Wind- und Solarenergie teils erheblich höher, weil die Netzbetreiber die Netzausbaukosten auf die dortigen Verbraucher umlegen.

Regionale Unterschiede

Aus Sicht der Bundesnetzagentur sind diese regionalen Kostenunterschiede jedoch unfair verteilt. Deswegen beschloss die Energiebehörde im August eine Reform zur Berechnung der Netzentgelte. Damit soll es eine „faire Verteilung von Netzkosten aus der Integration Erneuerbarer Energien“ geben. Sie tritt ab 1. Januar 2025 in Kraft.

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte dazu: „[Wir] wollen Regionen mit viel Erneuerbaren Energien spürbar entlasten.“ Die Bundesnetzagentur betrachtet die Energiewende als „eine Gemeinschaftsaufgabe“. Dieser Umbau der Stromnetze komme „allen zugute“.

So ist beispielsweise der Windkraftausbau in Brandenburg und Niedersachsen weit fortgeschritten. In Brandenburg zahlt ein Haushalt mit einem Jahresstromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) beispielsweise Netzentgelte in Höhe von 493 Euro. In Baden-Württemberg sind es aufgrund eines schwächeren Netzausbaus nur 408 Euro.

Was ändert sich?

Die Reform sieht deswegen vor, die Netzentgeltkosten auf alle Stromkunden in Deutschland zu verteilen. Sobald eine Region einen festgelegten Grenzwert überschreitet, kann die durch den Netzausbau entstandene Mehrbelastung bundesweit verteilt werden.

Orientiert am genannten Beispiel bedeute dies: Stromkunden in Regionen wie Brandenburg zahlen dann weniger, die in Baden-Württemberg allerdings mehr.

Nach Berechnungen der Bundesnetzagentur könnten durch diese Reform 26 Netzbetreiber ihre Zusatzkosten auf ganz Deutschland umverteilen. Die Energiebehörde sieht hierin ein Einsparpotenzial bei den Netzentgelten von bis zu 39 Prozent.

Netzbetreiber geben Hoffnung auf Entlastung

In vielen Regionen dürften die Netzentgelte für Strom im kommenden Jahr spürbar sinken. Das geht aus den bislang veröffentlichten vorläufigen Preisblättern der Netzbetreiber hervor, die der Energiedatendienstleister ene’t GmbH ausgewertet hat. Für Privatkunden mit einem niedrigen bis mittleren Verbrauch sinken die Netzgebühren im Vergleich zum aktuellen Niveau demnach im Schnitt um knapp 8 bis gut 10 Prozent.

Bislang haben zwar nur 30 von über 850 Netzbetreibern ihre Preisblätter veröffentlicht, nach Angaben von ene’t sind darunter aber viele große Flächennetzbetreiber. Daher decken die bisher erfassten Netzentgelte mehr als zwei Drittel von Deutschland ab.

Der Haushalt mit dem Verbrauch von 4.000 kWh zahlt in diesem Jahr im deutschlandweiten Schnitt Stromnetzgebühren in Höhe von gut 496 Euro. Nach den bisherigen Preisdaten sinkt dieser Durchschnittswert für 2025 um 10,3 Prozent auf knapp 445 Euro.

Für Gewerbekunden mit einem größeren Strombedarf von 40.000 kWh pro Jahr sinken die Netzentgelte den Daten zufolge mit gut 12,5 Prozent noch etwas stärker.

Aus der Auswertung von ene’t geht hervor, dass in Gebieten mit viel Windenergie, vor allem im Norden Deutschlands, oder viel Freiflächenphotovoltaik, etwa in ländlichen bayerischen Gegenden, die Netzentgelte tatsächlich deutlich sinken.

Wo wird es günstiger?

Über niedrigere Netzentgeltkosten dürfen sich schätzungsweise 10 Millionen Haushalte in vielen ländlichen Regionen Deutschlands mit niedrigeren Energiepreisen freuen.

So sollen die Netzentgelte beispielsweise beim Netzbetreiber Schleswig-Holstein Netz GmbH im kommenden Jahr um 27 Prozent sinken. Er ist für große Teile des nördlichsten deutschen Bundeslandes zuständig, allerdings nicht für die Großstädte Kiel und Lübeck.

Die in Brandenburg tätige E.DIS Netz GmbH reduziert die Entgelte um 20 Prozent. Bei der ebenfalls in Ostdeutschland aktiven Mitnetz (Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH) aus Cottbus wird es 10 Prozent günstiger.

In Bayern geht es beim Bayernwerk Netz GmbH um 11 Prozent runter und bei den Lechwerken um 27 Prozent. Bei anderen Firmen sinken die Entgelte ebenfalls zweistellig, etwa beim kommunalen Netzbetreiber WEMAG aus Mecklenburg-Vorpommern.

Wo wird es teurer?

Dass die Stromnetzentgelte am Ende tatsächlich im Bundesschnitt sinken, gilt aufgrund der noch unvollständigen Datenlage allerdings nicht als ausgemacht.

Ebenso haben die Netzbetreiber mancherorts auch schon Preissteigerungen angekündigt. Diese kamen bislang aus der Pfalz oder aus städtischen Gebieten in Nordrhein-Westfalen.

Zu bedenken sind auch weitere Kosten, die durch die Energiewende entstehen und die Bürger zu tragen haben, so etwa die Kosten für die Vergütungszahlungen der Erneuerbaren über das EEG-Konto. In diesem Jahr bis einschließlich September musste der Staat bereits gut 14,8 Milliarden Euro an Steuergeldern auf dieses Konto einzahlen, um die Kosten zu decken.

Das bedeutet für jeden der 83,3 Millionen Einwohner in Deutschland monatliche Zusatzkosten von 19,78 Euro – nur für die Einspeisevergütung für den eingespeisten Strom der Erneuerbaren.

(Mit Material von AFP)



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