Letztes britisches Kohlekraftwerk schließt – Kernenergie hilft beim Ausstieg

Großbritannien gilt als Geburtsort der Kohleverstromung. Nun wird das Land als erstes großes Industrieland kohlefrei. Bis 2050 ist geplant, 11 neue Kernkraftwerke zu bauen.
Titelbild
Eine Luftaufnahme des Kohlekraftwerks Ratcliffe-on-Soar in der Nähe von Nottingham in Mittelengland am 19. September 2024.Foto: Oli Scarff/AFP via Getty Images
Epoch Times30. September 2024

Nach mehr als 140 Jahren stellt Großbritannien die Stromerzeugung aus Kohle ein. Das letzte Kohlekraftwerk in Ratcliffe-on-Soar südwestlich von Nottingham wird geschlossen.

Damit ist das Vereinigte Königreich das erste große Industrieland, das aus der Kohle aussteigt, wie unter anderem die Zeitung „Times“ betonte. Die Denkfabrik E3G schrieb vor wenigen Tagen: „Der Geburtsort der Kohleverstromung steht kurz davor, kohlefrei zu werden.“

Die konservative Regierung des damaligen Premierministers Boris Johnson hatte im Juni 2021 den Kohleausstieg noch einmal um ein Jahr vorgezogen. Künftig soll nur noch sauberer Strom verwendet werden. London ist gegenwärtig ein Nettoimporteur von elektrischer Energie (Stand 2022: rd. 18 TWh Nettoimport).

Das Kraftwerk Ratcliffe-on-Soar in der Nähe von Nottingham schließt Ende September 2024. Foto: Oli Scarff/AFP via Getty Images

Großbritannien soll „Supermacht für saubere Energie“ werden

Die Kohlearbeiter könnten stolz sein, dass sie das Land mehr als 140 Jahre lang angetrieben hätten, sagte Energie-Staatssekretär Michael Shanks von der sozialdemokratischen Labour-Partei, die seit Anfang Juli die Regierung stellt.

„Die Kohleära mag zwar enden, aber ein neues Zeitalter guter Arbeitsplätze im Energiesektor beginnt jetzt erst für unser Land.“ Dazu zählten etwa Windkraft und neue Technologien wie CO2-Abscheidung und -Speicherung.

„Diese Arbeit trägt dazu bei, unsere Energiesicherheit und -unabhängigkeit zu stärken, Familien vor internationalen Preissteigerungen für fossile Brennstoffe zu schützen und damit Arbeitsplätze zu schaffen und den Klimawandel zu bekämpfen“, sagte Shanks. Großbritannien solle „eine Supermacht im Bereich saubere Energie“ werden.

Kernenergie hilft bei früherem Kohleausstieg

Vor gut 100 Jahren wurde fast der gesamte Strom in Großbritannien durch Kohleverbrennung erzeugt. Heute spielt Kohle kaum noch eine Rolle. 2023 lag der Anteil am Energiemix bei 1,3 Prozent.

Der deutlich frühere Kohleausstiegs Großbritanniens im Vergleich zu Deutschland ist auch deshalb möglich, da das Land auf Kernenergie zur Energiegewinnung setzt. In Deutschland ist der Kohleausstieg für 2038 vereinbart. Die Ampel hatte sich vorgenommen, das Datum „idealerweise“ auf 2030 vorzuziehen.

Das EDF-Kernkraftwerk Sizewell B in Sizewell, Ostengland. Der frühere britische Premierminister Johnson versprach in seiner letzten großen politischen Rede 700 Millionen Pfund für das Kernkraftwerksprojekt Sizewell C. Foto: Christ Radburn/AFP via Getty Images

Der Anteil von Kernenergie an der Stromerzeugung in Großbritannien beträgt aktuell etwa 15 Prozent, er soll bis auf 25 Prozent ansteigen. Derzeit werden in Großbritannien an vier Standorten neun Kernkraftwerksblöcke mit einer Gesamterzeugungskapazität von ca. 6 Gigawatt (GW) betrieben. Zwei neue Reaktoren sind im Bau, drei weitere geplant.

Bis 2050 ist geplant, 11 neue Kernkraftwerke zu bauen. Gesetzt wird neben der Errichtung großer KKW auch auf  „Small Modular Reactors“, kleine modulare Kernkraftwerke.

„Wir sind bei der Kohle weit voraus“, sagte der britische Klima-Regierungsberater Chris Stark der „Times“. „Weit voraus gegenüber anderen G7-Volkswirtschaften.“

Ratcliffe-on-Soar

Der Chef des Kraftwerkbetreibers Uniper, Michael Lewis, sagte dem Blatt, das Aus für Ratcliffe sei „eine enorm große Sache – lokal, national, international“. Das Werk war 1968 eröffnet worden. Im Juni brachte nun ein Zug die letzte Lieferung von 1.650 Tonnen Kohle.

Das Kraftwerk Ratcliffe-on-Soar prägt seit fast 60 Jahren die Landschaft der englischen East Midlands und thront über der gleichnamigen Kleinstadt und einem Wahrzeichen an der Autobahn M1, die Derby und Nottingham durchquert. (dpa/red)



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