Stromausfälle häufen sich – Ministerpräsidenten setzen auf oberirdische Lösung
Im Vorjahr verzeichneten mehr als vier von zehn Unternehmen in Deutschland mindestens einen Stromausfall von bis zu drei Minuten; 28 Prozent erlebten auch längere. Das Vertrauen in das Gelingen der Energiewende in Deutschland wird dadurch nicht größer. Außerdem sind die Energiekosten weiterhin hoch. Um den dringend erforderlichen Ausbau der Stromnetze sicherzustellen, haben die Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und Winfried Kretschmann (Grüne) nun schnelle und günstige Lösungen gefordert.
Stromnetze oberirdisch auszubauen, könnte 20 Milliarden Euro einsparen
In einem Gespräch mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) haben sich die Ministerpräsidenten von Sachsen und Baden-Württemberg übereinstimmend gegen eine Erdverkabelung ausgesprochen. Diese sei aufwendig und teuer, betonten beide Politiker. Kretschmann sprach von einem „40 Meter breiten Arbeitsgraben durch die ganze Republik“, der dafür erforderlich wäre.
Der baden-württembergische Ministerpräsident beziffert das mit einem oberirdischen Ausbau der Stromnetze verbundene Einsparungspotenzial auf etwa 20 Milliarden Euro. Auch die damit verbundenen Beeinträchtigungen seien geringer:
„Masten aufzustellen, wäre ein viel geringerer Eingriff.“
Auch sein sächsischer Amtskollege erklärte ausdrücklich, die Initiative gegen die Erdverkabelung zu unterstützen. Man könne damit „eine riesige Summe und Zeit beim Ausbau sparen“.
Ungelöste Frage des Transports von Nord nach Süd
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wäre Kretschmann zufolge für die oberirdische Lösung zur Beförderung von Strom vom Norden in den Süden offen. Allerdings müssten sich die Länder im Vorfeld darüber einig werden. Kretschmer weist auf eine breite Unterstützung für oberirdische Stromtrassen durch die Energiekonzerne hin.
Die bisherigen Probleme bei der Energiewende liegen zu einem erheblichen Teil an den bisher nicht auf die gewünschten Verhältnisse angepassten Stromnetzen. Erneuerbare Energien wie Windkraft und Solarenergie werden dezentral erzeugt. Um den Verbraucher zu erreichen, müssen sie über längere Strecken transportiert werden.
Eine enorme Herausforderung ist dabei das Ungleichgewicht in den Erzeugungskapazitäten zwischen dem windreichen Norden und dem gebirgigen Süden. Um eine gleichmäßige und beständige Versorgung zu gewährleisten, gehen Experten davon aus, dass mehr als 7.500 Kilometer des Übertragungsnetzes ausgebaut oder verstärkt werden müssen. Dies betreffe insbesondere die Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen wie SuedLink oder SuedOstLink.
Betreiber erhalten derzeit Geld fürs Nichtproduzieren
Wie der „Focus“ schreibt, ist das Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd der Hauptgrund dafür, dass der Strom in Deutschland knapp und teuer ist. Die Windparks im Norden produzieren mehr Strom, als vor Ort benötigt wird. Die industriereichen Regionen im Westen und Süden wären darauf angewiesen, aber es fehlt an den erforderlichen Stromtrassen, um den Transport sicherzustellen.
Im Norden regeln einer Studie der Energieberatung Enervis zufolge Erzeuger erneuerbare Kraftwerke 600 bis 1.000 Stunden pro Jahr ab, um eine Überlastung des Stromnetzes zu vermeiden. Für die Ausfallzahlungen, die 2023 etwa 3,3 Milliarden Euro betrugen, komme der Verbraucher über die Netzentgelte auf. Kunden, die ohnehin teure Strompreise bezahlten, bezahlen so auch fürs Nichtproduzieren.
Darüber hinaus drohen aufgrund dieser Lücken in Versorgung und Transport im schlimmsten Fall Blackouts. Werner Götz, Chef des baden-württembergischen Netzbetreibers TransnetBW, drängt auf Lösungen – und diese müssten innerhalb von wenigen Jahren geschehen.
Nach dem Ausstieg aus der Kernenergie und in Anbetracht eines für 2030 geplanten Kohle-Aus bleibt offen, wie eine Überbrückung von Engpässen in der Zwischenzeit stattfinden soll. Der Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken sei die derzeit einzig gangbare technische Lösung. Für deren Bau wären jedoch Expertenschätzungen zufolge mindestens 20 Milliarden Euro an Aufwand erforderlich. Die Frage, woher ausreichender Wasserstoff kommen und wie er transportiert werden soll, ist dabei noch ausgeklammert.
Bislang beide Varianten beim Ausbau der Stromnetze im Einsatz
Technisch gibt es tatsächlich gewichtige Argumente für die oberirdische Lösung zum Ausbau der Stromnetze. Die Freileitungen sind auch bei sehr effizienter Bauweise letztgenannter deutlich günstiger zu errichten – und einfacher zu warten. Die Beeinträchtigungen der Umwelt während der Herstellung halten sich vergleichsweise in Grenzen.
Allerdings gibt es auch einige Punkte, die gegen Freileitungen sprechen. Die ästhetische Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ist dabei noch eher ein subjektiver Faktor. Gravierende Nachteile sind demgegenüber, dass die Anlagen Stürmen, Eis und Schnee ausgesetzt sind. Darüber hinaus hat erst jüngst der Anschlag auf die Stromversorgung der Tesla Gigafactory im März gezeigt, dass exponierte Anlagen für Terror und Sabotage anfällig sind.
Insgesamt rechnen Experten mit bis zu zehnmal höheren Kosten für die Errichtung von Erdkabeln. Außerdem ist ihre Übertragungskapazität geringer als jene von Freileitungen. Einige Erdkabelprojekte sind jedoch bereits jetzt im Bau begriffen. Dazu gehören das weltweit längste in Form von SuedLink, das Windenergie von Schleswig-Holstein nach Bayern transportieren soll. Es soll 2026 in Betrieb gehen.
SuedOstLink soll im selben Jahr als Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung (HGÜ) Windstrom aus Sachsen-Anhalt nach Bayern transportieren. Das für 2025 anvisierte Ultranet zwischen Osterath und Philippsburg verläuft hingegen oberirdisch.
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