Nicht übertherapieren: Wie eine abwartende Haltung die Angst vor Krebs nimmt
Überbehandlungen bei Krebs sind keine Seltenheit. Studien zufolge erhalten viele neu diagnostizierte Patienten eine aggressivere Behandlung als nötig – ohne wesentlich bessere Überlebenschancen. Das Gleiche gilt auch oft für Krebskranke am Ende ihres Lebens.
Das komme daher, dass Ärzte oft aufgrund ihrer Voreingenommenheit und Ausbildung aggressive Behandlungen gegenüber weniger invasiven Optionen bevorzugen, wie es in einem medizinischen Artikel aus dem Jahr 2021 heißt. Darin gehen die Autoren auf die Tendenz von Onkologen ein, bei fortgeschrittenem Krebs auf aggressiven Behandlungen zu bestehen, auch wenn sie wissen, dass der Patient bald stirbt.
„Die Überbehandlung von Krebs fördert die Illusion, dass es unendlich viele therapeutische Lösungen gäbe, welches eine Allmacht der Medizin und Unsterblichkeit des Patienten unterstellt“, so die Forscher.
Die Europäische Gesellschaft für Medizinische Onkologie schrieb im Jahr 2011 in ihrem Ratgeber das Folgende zu diesem Thema: „Wenn Ihre Zeit durch eine lebensbedrohliche Erkrankung begrenzt ist, kann eine Überbehandlung eine Verschwendung Ihrer Zeit und Ihrer körperlichen sowie emotionalen Energien bedeuten.“
Das abwartende Beobachten
Der Drang, Krebs aggressiv zu bekämpfen, treibt weltweit eine Multi-Milliarden-Dollar-Industrie an. Millionen Menschen unterziehen sich Behandlungen mit begrenzter Wirksamkeit. Dabei wäre die Option des „Watchful Waiting“ – des abwartenden Beobachtens – in manchen Fällen die gesündere Wahl.
Dieser oft übersehene Ansatz beinhaltet eine sorgfältige Überwachung des Patienten, in Verbindung mit einer Linderung von Beschwerden und oft einer Änderung des Lebensstils und Komplementärtherapien. Solange eine konventionelle Behandlung nicht notwendig ist, wird sie vermieden.
Abwartendes Beobachten – auch „Active Surveillance“ (aktive Überwachung) genannt – wird empfohlen, wenn eine sofortige Behandlung die Überlebenschancen nicht verbessert. Am häufigsten kommt diese Strategie bei Prostatakrebs zur Anwendung, sie wird aber auch bei Brust- und Schilddrüsenkrebs und einigen Blutkrebsarten in Betracht gezogen.
Das abwartende Beobachten senkt den Tribut unnötiger Krebsbehandlungen sowohl finanziell als auch in Bezug auf das Leiden der Patienten. Derzeit entscheiden sich nur wenige für diesen weniger invasiven Weg. Allerdings wächst das Bewusstsein für seine Vorteile, vor allem weil dabei der Patient und nicht die Krankheit im Mittelpunkt steht.
Lebensqualität und Wohlbefinden erhalten
David Gay ist einer der Nutznießer des „Watchful Waitings“. Im Jahr 2014 diagnostizierten Ärzte bei ihm Prostatakrebs. Laut seiner Devise „Wenn es Krebs ist, dann muss er raus“, war er zum Kampf bereit und entschlossen, erzählte er der amerikanischen Ausgabe der Epoch Times.
Doch als er sich mehr mit seiner Diagnose beschäftigte, änderte sich seine Sichtweise. Auf Anraten seines Arztes und mit Unterstützung seiner Familie entschied er sich gegen eine überstürzte Operation oder Bestrahlung und für das abwartende Beobachten.
Diese Methode gibt ihm die Ruhe, Zweitmeinungen einzuholen, bevor er Weiteres unternimmt. Ihm zufolge geht es bei diesem Ansatz um Resilienz.
Routinemäßige Untersuchungen würden als Anker dienen und böten eine Struktur, um die psychologische Belastung durch die Krebsdiagnose zu bewältigen, so Gay. Zudem finde er Trost in der Unterstützung durch seine Familie und Männergruppen. „Mit der Zeit tritt die psychische Seite des Wissens, dass man mit Krebs herumläuft, in den Hintergrund“, meinte er.
Ferner steht auch nach mehreren Jahren des abwartenden Beobachtens seine Lebensqualität im Mittelpunkt seiner Behandlungsphilosophie. Durch den Verzicht auf eine sofortige, aggressive Behandlung konnte Gay seinen Alltag und sein Wohlbefinden erhalten – und damit auch eine Lebensqualität, die unter den Nebenwirkungen der Krebsbehandlung möglicherweise gelitten hätte.
Gays Entscheidung spiegelt einen sich abzeichnenden Trend wider, der eine übereilte konventionelle Behandlung infrage stellt.
Die Kriegsphilosophie bei Krebstherapien und ihre Folgen
Es gibt allerdings einen Grund, warum viele Patienten Krebs schnell loswerden wollen. Das hat etwas mit seiner besonders bedrohlichen Aura zu tun – was mit seiner Häufigkeit und den aggressiven Behandlungsmethoden einhergeht. Denn viele Krebstherapien sind zermürbend; sie erfordern eine Bombardierung der Krankheit – und des Körpers. Eine Krebsbehandlung wird oft mit Kriegsführung gleichgesetzt.
Dieser kämpferische Ansatz könne die Angst verstärken und die Einstellung der Patienten gegenüber der Krankheit beeinflussen, erklärte Dr. Nathan Goodyear gegenüber der Epoch Times. Er ist medizinischer Leiter eines ganzheitlichen Krebsheilungszentrums in Arizona.
Forschung hat gezeigt, dass die Bezeichnung einer Krankheit als „Krebs“ Patienten zu unnötigen Operationen verleiten kann – selbst wenn das Risiko minimal und die Überlebensrate ohne Eingriff hoch ist.
Das machte eine Studie aus dem Jahr 2019 deutlich. Dabei stellten die Forscher den Teilnehmern ein Szenario vor: die Entdeckung eines risikoarmen Knotens in ihrer Schilddrüse. Als sie erfuhren, dass es sich um Krebs handelte, entschieden sich viele trotz der Risiken und einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 99 Prozent ohne Eingriff für eine Operation.
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Doing Nothing: An Unexpected and Possibly Lifesaving Cancer ‘Treatment’“. (deutsche Bearbeitung as)
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