Exklusives Interview: Insider enthüllt, wie kommunistische Propaganda auch in deutsche Medien gelangt

Wer bestimmt, was wir in den Nachrichten sehen? Warum übernehmen auch deutsche Medien unkritisch Narrative? In einem exklusiven Gespräch berichtet ein Insider über versteckte Zusammenhänge und alarmierende Entwicklungen.
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Der Shen-Yun-Moderator Peter Recknagel im Epoch-Times-Interview.Foto: Stephan Kröker/Epoch Times
Von 19. März 2025

Wahrscheinlich hat jeder schon einmal in irgendeiner Stadt ein Shen-Yun-Plakat gesehen oder einen kurzen Werbeclip auf YouTube, Facebook oder X. Eine farbenfrohe und lebendige Aufführung mit Tänzerinnen, die über die Bühne zu schweben scheinen und uralte Legenden tänzerisch zum Leben erwecken – alles unter dem Motto: „China vor dem Kommunismus“. Doch neuerdings hört man hier und da in manchen Medien, Kritik an der US-Tanzshow.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, sprach der Chefredakteur und CEO der deutschen Epoch Times, Alexander Zwieschowski, exklusiv mit einem Shen-Yun-Insider, einem Deutschen, der seit Jahren das Tanzensemble als Moderator auf Tournee begleitet. Aufgewachsen als Leistungssportler in der DDR, kennt Peter Recknagel auch die subtilen Methoden von Propaganda und Unterdrückung.

 

Ein Shen-Yun-Insider im Exklusiv-Interview

X hat kürzlich Tausende Fake Accounts gelöscht, die massiv einen verleumderischen Artikel der „New York Times“ verbreitet hatten, der die Propaganda der Kommunistischen Partei Chinas unterstützt, die das Regime wiederum für die Verfolgung von Millionen Menschen benutzt – bis heute. Dieser konkrete Artikel attackiert das Künstlerensemble Shen Yun Performing Arts, dessen Mitglieder eben zu dieser verfolgten Gruppe von Menschen gehören. Das Erschreckende dabei: Auch deutsche Medien – bis hinein in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – haben zuletzt ungeprüft und unhinterfragt das verleumderische Narrativ der „New York Times“ übernommen.
In den letzten acht Monaten hat die „New York Times“ zehn Artikel veröffentlicht, die das Künstlerensemble Shen Yun angreifen. Du arbeitest bei Shen Yun: Wie hast du das alles erlebt und was vermutest du hinter diesen Angriffen?

Wir haben schon immer Störungen gehabt, seitdem es Shen Yun gibt. Manchmal hat man die Lkw kaputt gemacht, Scheiben zerschlagen, manchmal die Reifen der Busse aufgeschlitzt. Man hat die Theater kontaktiert, um unsere Shows abzusagen. Es war immer irgendeine Störung in all den Jahren, auch in Deutschland. Neuerdings nutzt die Partei in China die Medien als Mittel, um eine negative Meinung über Shen Yun zu fabrizieren, wie in der „New York Times“.

Du vermutest die Kommunistische Partei Chinas hinter diesen Angriffen der „New York Times“?

Natürlich steckt die Kommunistische Partei hinter solchen Artikeln – direkt und indirekt. Das ist auch ganz einfach zu erklären. Man weiß von chinesischer Seite seit vielen Jahren: Wenn man Einfluss in Amerika haben möchte, dann kann man sich nicht hinstellen und eine Pekinger Volkszeitung auf den Markt bringen und reinschreiben: Die Tibeter sind Quatsch und die Uiguren sind auch nur noch Terroristen und Taiwan ist abtrünnig und all das Zeug. Niemand würde das glauben.

Man hat schon Anfang der 90er-Jahre damit begonnen, genau zu analysieren: Wo sind denn die einflussreichsten Sprachrohre in Amerika? Und die wurden dann Stück für Stück unterwandert.

Das Hauptquartier der „New York Times“ in New York City. Foto: Samira Bouaou/Epoch Times

Wir wollen heute konkret über Vorwürfe sprechen, die in der „New York Times“ gegenüber Shen Yun geäußert wurden: schlechte Arbeitsbedingungen und Minderjährige mit langen Arbeitsstunden. Du bist mit Shen Yun auf Tour unterwegs. Wie erlebst du das?

Ich bin seit mehr als 17 Jahren unterwegs mit der Gruppe. Ich bin Sinologe und verstehe die chinesische Kultur. Ich wurde aufgrund meiner chinesischen Sprachkenntnisse angesprochen. Damals brauchte man bei Shen Yun einen lokalen Moderator, der auch ein angenehmes Deutsch spricht. Einmal, zweimal, dreimal. Ich blieb dabei. Mittlerweile ist meine ganze Familie bei Shen Yun. Ich sehe das bei meinem Sohn, der wird jetzt 19, der ist seit zwei Jahren dabei. Sie wissen, sie wollen gute Musiker sein, sie wollen gute Tänzer sein. Aber man kümmert sich auch wirklich gut um die Studenten.

Und wenn dann hier geschrieben wird, dass da was nicht stimmt, dann muss es ein Ziel dahinter geben, dass man Shen Yun in ein schlechtes Licht rücken will. Ganz klar, anders kann das nicht sein.

Jetzt noch mal konkret zu den Arbeitszeiten, auch von Minderjährigen. Dein Sohn war 17, als er angefangen hatte, also minderjährig. Wie sieht sein täglicher Ablauf aus? 

Ich habe mich natürlich eine Menge mit ihm unterhalten. Willst du wissen, was da so jeden Tag abgeht? Er ist Musiker. Das ist ein bisschen anders als bei den Tänzern. Die Musiker starten den Tag ein bisschen später, so acht oder neun sieht man die langsam aufkreuzen in der Bäckerei. Dann geht der akademische Teil los. Das muss den Regeln einer New Yorker Mittelschule und Highschool entsprechen. Shen Yun ist zertifiziert vom Staat New York. Das Lernprogramm muss erfüllt werden. Der akademische Teil geht bis ungefähr mittags. Nachmittags fangen die Proben an – einzeln oder in kleinen Ensembles – das entscheiden die Lehrer. Nach dem Abendessen siehst du die Jungs am Billardtisch stehen oder beim Tischtennis. Es gibt auch zwei Kinos …

Wenn ich mit meinem Sohn nach dem Abendessen telefoniere – ich bin mit einer chinesischen Frau verheiratet, da ist die Erziehung in der Musik intensiv – frage ich: „Was machst du gerade?“ Dann sagt er: „Ich bin am Üben.“ Nicht, weil ich ihm das sage, nicht weil seine Mutter ihm das sagt. Es kommt von ihm selbst. Wenn er ein halbes Jahr auf Tournee ist und vor 100.000 Leuten Musik spielt, da möchte er von sich aus ein Super-Musiker sein.

Es ist ein Leistungszentrum für Tanz und Musik. Das sind wirklich Leistungssportler. Ich habe das selber erlebt, als ich jung war. Damals wollte jeder auf die KJS – die Kinder- und Jugendsportschulen. Es gab zwei Gründe: Man kriegt anständige Turnschuhe von Adidas und man kann in der Welt herumreisen. Ja, so war das damals in der DDR. Natürlich wollte jeder auf die KJS und dafür hat man stark trainiert – jeden Tag, wenn es sein muss. Und so ist es bei Shen Yun auch.

Mein Sohn zum Beispiel hat ein Schulhandy. Damit können sie untereinander kommunizieren. Er kann mit mir telefonieren, wann immer er auch will. Aber da ist kein YouTube, da ist kein TikTok, kein Twitter, kein Facebook. All die Sachen, die ich meinem Kind sowieso nicht gerne geben würde, die gibts da nicht. Wenn man aber mit den Kindern telefoniert oder wenn man sie vor Ort sieht: Die sind total glücklich. Und das ist eigentlich das, was mich am meisten dort begeistert. Es ist eine Umgebung, in der man sich gegenseitig motiviert. Man möchte Höchstleistungen bringen. Dafür muss auch richtig gut geübt werden. Und ich finde das gut.

Tänzerinnen von Shen Yun proben eine klassische chinesische Tanzroutine im Shen-Yun-Hauptsitz in Orange County in New York. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Shen Yun Performing Arts

Es gibt einzelne ehemalige Künstler, die sich gegenüber der „New York Times“ kritisch geäußert haben. Es gab auch einen Künstler, der hat sowohl mit der „New York Times“ als auch mit der Epoch Times gesprochen. Und der sagte, dass er den Eindruck hatte, dass die „New York Times“ voreingenommen war und nur ein bestimmtes Bild projizieren wollte – und das dann sogar sehr verzerrt dargestellt hat. Wenn ich dich so höre, dann hört sich das anders an, als das, was ich in der „New York Times“ gelesen habe. Wie geht ihr im Ensemble mit den Angriffen der „New York Times“ um?

Man muss schon eine gewisse Selbstdisziplin haben. Bei den Tänzern ist es der sportliche Teil. Wenn man die Tänzer auf der Bühne sieht, weiß man, was die für ein Training machen. Es gibt ein chinesisches Sprichwort: Wenn du fünf Minuten auf der Bühne gut sein willst, musst du zehn Jahre abseits der Bühne dafür üben. Der Anspruch von Shen Yun an die Musiker, an die Tänzer ist sehr, sehr hoch. Das ist auch im Leistungssport so. Wenn man das Training nicht aushält oder wenn man zwischendurch eine Verletzung hat – manche kommen zurück, manche sagen: „Nee, das wars.“ Wie bei einer Ballettschule auf Weltniveau oder wenn man bei den Philharmonikern ist – man muss schon richtig viel üben, um gut zu sein. Und nicht alle halten das durch. Das ist normal.

Und die Leute, die Shen Yun wieder verlassen … Bei Shen Yun sind sehr, sehr viele junge Chinesen dabei, die Eltern, die Verwandtschaft in China haben. Wenn die Partei in China zu denen geht und sagt: „Hör mal zu. Wir sagen dir jetzt, was du sagen sollst. Ansonsten hat dein Vater keinen Job mehr, deine Mutter keinen Job mehr, die Oma kriegt keine Rente mehr und das Kind fliegt aus dem Kindergarten.“ Was glaubst du, was die dann vor der Kamera erzählen? Das ist nicht so wie bei uns hier, wo man irgendwo vom Gesetz geschützt ist. Viele Shen-Yun-Künstler haben ihre Familie in China und damit sind sie erpressbar.

Bei Shen Yun geht es ja um Tanz und Musik. Aber bei den Angriffen gab es ja gar keine Experten, die etwas kritisiert haben. Da wurde eigentlich nur politisiert. Wie erklärst du dir das?

Viele von den Shen-Yun-Künstlern praktizieren Falun Gong. Das ist eine Gemeinschaft von Leuten, die meditieren zusammen. Das sieht aus wie Tai-Chi. Das sieht aus wie Yoga. Auf 100 Meter Entfernung kann man es gar nicht unterscheiden. Und Falun Gong wird seit 25 Jahren von der Partei aufs Blut verfolgt. Wenn man das nicht mal gesehen hat, mit eigenen Augen oder gehört hat, wie das abgeht, kann man sich das überhaupt nicht vorstellen. Auch die Jungs, die Shen Yun durch den Quatsch ziehen, hier im ZDF: Die haben niemanden schreien hören. Die haben auch nicht diese zerstörten Familien gesehen. Die machen sich einen Witz draus aus solchen Sachen. Und das an sich ist schon eine Schande.

Wenn die Partei Falun Gong verfolgt – und sie weiß, viele von den Shen-Yun-Künstlern sind Falun-Gong-Leute – dann denken die sich alles aus, um so ein Bild in der Öffentlichkeit zu schaffen: „Haltet euch von ihnen fern. Fragt noch nicht mal nach und schaut nicht hin, was da passiert. Wir sagen euch schon, was das ist.“

Anfang 2001 in China, da haben sie [die Partei] Leute zusammengesucht, die sich auf dem Platz des Himmlischen Friedens selbst angezündet haben, wirklich in Feuer gesetzt haben. Und später im Krankenhaus haben sie das Mikrofon ans Bett hingehalten und die Menschen mussten sagen: „Ja, ich bin Falun Gong. Natürlich habe ich mich verbrannt und damit will ich in den Himmel kommen.“ Die sagen den Menschen, was sie sagen sollen vor der Kamera. Dafür ist die Partei bekannt – Meinungsbildung auf kommunistische Art.

Du hast gerade gesagt, die Jungs, die das hier im Fernsehen machen, die haben nie jemanden schreien hören. Die haben das nicht erlebt, wie die Verfolgung ist. Du bist 2001 selbst nach China gereist und hast gegen die Verfolgung von Falun Gong auf dem Platz des Himmlischen Friedens demonstriert. Du wurdest verhaftet. Was hast du dort erlebt?

Damals hatte ich Sinologie studiert und traf Menschen, die wegen ihres Glaubens Probleme in China hatten. Da ging es nicht nur um Falun Gong. Die Uiguren … ganz massiv. Die Christen werden verfolgt, die Kirchen, die Kreuze werden runtergerissen, was weiß ich. Die Leute kommen ins Arbeitslager. Ich bin mit sehr vielen verschiedenen Menschen zusammengekommen, die mit dem Staat Probleme hatten. Einer davon hatte Studenten am 4. Juni 89 [Tianan’men-Massaker] unterstützt. Der war 13 Jahre lang in einer Irrenanstalt in China eingesperrt. Den habe ich in Deutschland gedolmetscht, als er rauskam. Ich habe eine Menge mit ihm gesprochen. Er war Christ.

Als ich selbst in Peking war, mit ein paar anderen Jugendlichen aus Deutschland, wir waren, glaube ich, aus zwölf Ländern, da haben wir uns auf dem Platz des Himmlischen Friedens getroffen. Wir hatten ein Banner aufgemacht, mit drei chinesischen Zeichen drauf: Zhen, Shan, Ren – Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht – das, was man bei Falun Gong einfach macht … Die haben uns auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Busse getreten, zur Polizeistation gefahren, im Keller unten eingepfercht, über 30 in einer Zelle.

Ein Foto, das Chinas Geheimdienst entgangen war. Am 20. November 2001 demonstrierten 36 Falun-Gong-Praktizierende aus verschiedenen westlichen Ländern auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Unter ihnen war auch Peter Recknagel (vordere Reihe, mit der deutschen Flagge). Foto: Faluninfo.de

Und dann habe ich gehört, wie sich das anhört, wenn Frauen schreien. Das willst du nicht hören. Ich habe gesehen, wie das aussieht, wenn einer mit einem blutigen Gesicht an dir vorbeiläuft, weil er gerade mit Polizisten zusammengestoßen ist. Die meinen: „Falun Gong? Draufhauen!“ Das hat von den Jungs [vom deutschen Fernsehen] keiner gesehen.

Ich habe mal ein Mädchen betreut, noch nicht einmal zwei Jahre alt. Ihre Mutter sprach auf Pressekonferenzen, weil der Vater [des Kindes] in Peking ermordet wurde, als er eine Petition abgegeben hat. Das Mädchen ist jetzt 20. Das sind alles ganz brutale Schicksale, die man nicht ins Lächerliche ziehen sollte. Da sollte man ganz genau hinschauen: Was passiert da eigentlich?

In diesem Jahr gab es auf Tournee mehrmals Bombendrohungen – bei deutschen Theatern, aber auch international. Zwar leere Bombendrohungen, aber Angstmacherei … Wie geht man als Künstler damit um?

Dieses Jahr hat es in Wien angefangen. Es gab E-Mails an die Theaterleitung, da stand drin: „Wenn ihr für Shen Yun die Türen aufmacht, dann sprengen wir die Kiste in die Luft, inklusive aller Menschen, die drinsitzen.“ Die Absenderadresse war eine chinesische. Wenn jemand – in Österreich, in Deutschland, irgendwo in den USA – sagt: „Wenn ihr die Türen aufmacht, dann sprenge ich euch die Hütte in die Luft.“ Das nennt man Terrorismus. Das ist kein Witz mehr. Da muss man sich auch klar sein, warum das passiert. Am Anfang haben sie probiert, mit den Theatern zu sprechen, eine chinesische Delegation sagte dann: „Bloß nicht mit Shen Yun einen Vertrag unterschreiben.“ Das hat nicht funktioniert.

Jetzt benutzen Sie die Medien – „New York Times“, ein paar deutsche Medien, die uns durch den Kakao ziehen und sagen: „Ach, lieber nicht.“ Hat auch nicht funktioniert. Wir sind ausverkauft. Okay. Nächster Schritt: Jetzt haben die Theater unterschrieben, die Menschen das Ticket gekauft. „Was können wir denn sonst noch machen, um diese Veranstaltung zu stören?“ Und dann heißt es: „Okay, wir sprengen den Laden in die Luft.“ Es ist eine Kettenreaktion von Aktionen und natürlich steht die Partei dahinter und versucht weiter, die Veranstaltung zu stören.

Die Künstler … Bombendrohungen … Wer fühlt sich damit schon wohl? Wir nehmen das ernst und ich hoffe wirklich, dass unser Verfassungsschutz, unsere Behörden in Deutschland, das genauso ernst nehmen und in Peking vorsprechen, mal an die Tür klopfen und sagen: „Hier ist eine rote Linie.“

Hat die Kommunistische Partei damit etwas erreicht, ist euer Wille gebrochen?

Wenn man die Show macht, egal, ob man sich als Moderator auf eine angenehme Moderation für das Publikum konzentriert, ob das die Tänzer sind, die einfach den schönsten möglichen Ausdruck beizaubern wollen, oder die Musiker, die mit ihren Instrumenten zaubern: Wenn man im Hinterkopf hat, dass da ein paar Kommunisten das Gebäude in die Luft sprengen wollen, während wir unsere Show machen … Natürlich ist das irgendwo im Kopf, im Herzen, irgendwo. Seit 2006, seit 18 Jahren, leben wir mit diesem Terror. Deswegen werden die Lkw bewacht, die Busse bewacht, die Hotels bewacht. Weil sie einfach vor nichts zurückschrecken.

In New York habe ich von einem Freund gehört: Die Shen-Yun-Künstler kriegen E-Mails, wo Kindesentführungen angedroht werden – Kinder unter zehn Jahren. „Wir werden eure Kinder entführen und vom Hochhaus schubsen.“ Lauter so Sachen. Wie sollen Eltern dann eine konzentrierte Show machen, wenn du solche E-Mails erhältst? Für die Kommunistische Partei zählt ein Menschenleben nichts. Hauptsache, der Partei geht es gut. Das war bei uns im Osten auch schon so.

Wenn man mal darüber nachdenkt, dass jetzt ein Künstlerensemble mit Tänzern und Musikern politisch verfolgt wird, groß aufgezogen und nicht hinterfragt wird, auch von großen Medien nicht, also … Was hat diese politische Verfolgung tatsächlich für ein Ausmaß?

In der Theatergeschichte hat man immer wieder politisch sensible Themen auf die Bühne gebracht. Als wir ihn in Duisburg waren, war gegenüber dem Hotel das Theater, da stand oben ein Spruch von Schiller: „Mit all seinen Tiefen, seinen Höhen roll ich das Leben ab vor deinem Blick. Wenn du das große Spiel der Welt gesehen, so kehrst du reicher in dich selbst zurück.“ Das ist ein superberühmter Spruch von Schiller, der heißt: Ins Theater muss die Schönheit der Welt gebracht werden. Aber es müssen auch die Abgründe gebracht werden. Wenn wir die Verfolgung von Falun Gong auf der Bühne zeigen, ist das sehr, sehr wichtig, was die Theaterbühne selbst angeht. Natürlich hat die Partei ein Problem damit, wenn sie selbst offenbart wird. Vor so viel Publikum.

Shen Yun Performing Arts tritt am 1. März 2025 im Kennedy Center Opera House in Washington, D.C. auf. Foto: Lisa Fan/Epoch Times

Wir sprachen vorhin von der „New York Times“. Jetzt sind auch Medien in Deutschland mit aufgesprungen. Das „ZDF Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann hat eine sehr unsägliche Sendung verbreitet: komplett einseitig und lediglich das Narrativ der „New York Times“ unhinterfragt wiederholend. Wenn du hier auf diese mediale Landschaft blickst – mit deinen Erfahrungen aus China und was da tatsächlich passiert: Wie bewertest du diese Entwicklung?

Manchmal denke ich mir: „Wäre so eine Berichterstattung vor 20 oder 40 Jahren möglich gewesen?“ Vielleicht nicht. Wir leben in einer sehr besonderen Zeit. Die Chinesen haben schon lange kapiert, dass sie westliche Stimmen nutzen müssen, um westliche Meinungen zu schaffen. Es muss ein angesehenes Medium sein, das etwas erzählt, damit die Menschen es glauben. Und die Kommunisten haben seit Jahrzehnten systematisch überall ihre Leute reingesetzt. Wenn ich so mit meinem Freundeskreis spreche – die sagen mir ganz klar: „Glaubst du, ich glaube das? Natürlich glaube ich das nicht!“ Aber es wird gebracht.

Zurück zu diesen Tausenden von jetzt gelöschten Fake-Accounts auf X. Die haben diese chinesischsprachige Ausgabe von „New York Times“ mit einem Artikel, der Shen Yun angreift, über 28.000 Mal geteilt. Das wurde der meistgeteilte Artikel der „New York Times“ seit einem Jahr. Und dann sieht man Jan Böhmermann im deutschen Fernsehen, der genau ins gleiche Muster schlägt. Ein paar Tage später sieht man dann Böhmermann in einem Meinungsvideo zur anstehenden Bundestagswahl in Deutschland, veröffentlicht bei der „New York Times“.

Ja, das ist ganz penibel geplant. Wenn Artikel, die der chinesischen Kommunistischen Partei gefallen, einen riesigen Anklang im Westen finden – natürlich freut die das – und dann ist das auch so geplant. Wie gesagt, Wang Huning [Chef-Ideologe der Kommunistischen Partei China] hat es selber gesagt [sinngemäß]: „Wir müssen Amerika mit Amerika schlagen. Wir können es nicht attackieren. Wir sind zu schwach. Wir haben die Mittel nicht, um Amerika wirklich Probleme zu machen.“

Das projizieren wir mal hierher: Wir nehmen Deutschland, um Deutschland kaltzumachen. Ganz klar. Das heißt, die chinesische Partei hat das kapiert. Wir brauchen die Öffentlichen. Wir brauchen ein paar Zeitungen. Wir brauchen irgendwas, um Meinungen zu bilden, die angeblich sogar von Deutschen kommen. Ich weiß nicht, ob der Kollege mit seiner Satiresendung wirklich ein paar Wochen später, wenn er mal ein bisschen tiefere Einblicke bekommt, sich noch wirklich wohl in seiner Haut fühlt, was er da eigentlich gemacht hat.

An die Epoch Times, als Medienpartner von Shen Yun, wurden von der Redaktion von Böhmermann Anfragen gestellt. Wir hatten die vielen Darstellungen komplett entkräftet und eine andere Sichtweise zur Verfügung gestellt. Das wurde aber zu 100 Prozent ignoriert. – Lass uns trotzdem nochmal auf die Kritik, auch von Böhmermann, eingehen. Er hat Falun Gong als Sekte bezeichnet, als Psychosekte. Was sagst du zu diesen Vorwürfen?

Ich frage dich: „Welcher Deutsche fühlt sich wohl, wenn man ihn als Mitglied einer Sekte bezeichnet?“ Egal, wie korrekt dieser Begriff ist: Das ist eine Abspaltung von irgendeinem anderen religiösen Zweig. Man kann das alles schön begründen. Die haben eine Ideologie … Was ist denn die Ideologie von Falun Gong? Sei ehrlich, sei gutherzig, sei tolerant. Klar ist das eine Ideologie, aber das ist der blanke buddhistische Glaube: Menschenliebe. Natürlich ist das eine Ideologie.

Wenn jemand dann auf dem Paragrafen rumreitet, dann kann er sagen: „Ihr seid eine Psychosekte.“ Klar kann er das sagen. Und was ist mit Yoga? Yoga ist eine frühe Abspaltung aus dem indischen Buddhismus. Gut, Yoga hat seine Übungen, da fühle ich mich mit wohl. Und Yoga hat seine Theorie. Das heißt: Jeder Yogaclub in Deutschland kann als Psychosekte bezeichnet werden. Wer fühlt sich damit wohl? Niemand. Die Einzige, die sich damit wohl fühlt, ist eine Kommunistische Partei mit ein paar Trompeten im Ausland, die sagen: „Sie können es nicht verhindern. Wir können sie so nennen.“

Und jeder, der im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hört, dass man Falun Gong als Psychosekte bezeichnen kann, jeder deutsche Durchschnittsbürger, zu denen ich mich auch zugehörig fühle, würde sagen: „Da muss doch was nicht stimmen.“ Die gehen nicht mit dem Gedanken ran: „Ja, vielleicht ist das nur eine Definitionssache.“ Die sagen: „Eine Psychosekte. Da halten wir mal Abstand.“ Und das genau ist es, was die Partei will: „Schaut nicht hin, sondern haltet Abstand und hinterfragt das erst gar nicht.“

Ein bisschen Backgroundwissen zu dem Urteil aus Leipzig, auf das sich Böhmermann in seiner Sendung berufen hat: Ja, es ist legitim, Falun Gong als Psychosekte zu bezeichnen. Doch der ordentliche und seriöse Journalist würde dazu erklären, dass das Gericht das lediglich als eine zulässige Meinungsäußerung erklärte. Und dieses „Psycho“, das so ein Unbehagen auslöst, begründete das Gericht damit, dass Qigong-Übungen und Meditation etwas für das psychische Wohlbefinden tun.
So kam diese Ableitung aus „Psyche“ zur religionswissenschaftlichen Erklärung „Sekte“ hinzu. Wenn man das dann aber plakativ in einer Sendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk macht, dann ist das natürlich nicht seriös, sondern dient zielgerichtet zur Diffamierung.
Zu einer weiteren Kritik von Böhmermann: Er sagt, Falun Gong vertrete rassistische Ansichten und sei homophob. Was ist da dran?

Die Grundtheorie von Falun Gong ist ein buddhistischer Weg. Es hat auch daoistische Elemente. Das erste Zeichen, was auf jedem Falun-Gong-Plakat steht, ist: Wahrhaftigkeit – „Zhen“ auf Chinesisch. Sei ehrlich – das ist die daoistische Richtung. Das zweite Zeichen heißt: Gutherzigkeit, Barmherzigkeit – „Shan“ auf Chinesisch. Das heißt: Nächstenliebe, sei ein guter Mensch. „Ren“, das dritte Zeichen bedeutet: Nicht zurückschlagen, nicht zurückschimpfen, sondern – versuche die Ruhe reinzubringen. Das hat nichts mit einer Rasse zu tun. Falun Gong wird überall auf der Welt praktiziert.

Falun Gong ist eine total offene Sache: ohne Registrierung, ohne Anmeldung, ohne Abmeldung. Jeder kann kommen und gehen. Der Gründer von Falun Gong, Meister Li Hongzhi, hat mehrmals betont [sinngemäß]: „Egal, was du bist, du kannst jederzeit mit Falun Gong beginnen und selber dann entscheiden, wie du das weitermachst, ob du weitermachst oder ob du es wieder sein lässt.“ Wenn jemand in Ruhe das „Zhuan Falun“ liest, das Buch – und diese Übungen macht, dann merkt man schon, dass es dem Körper guttut. Und wenn man sich damit weiterentwickeln will, dann ist das jedem seine eigene Sache. Ob ich zu einem Yogaclub gehe und wie lange ich da bleibe oder ob ich Tai-Chi mache. Im Prinzip ist das alles sehr, sehr ähnlich. Und Falun Gong ist eines davon.

Der Unterschied, warum Falun Gong so ein wichtiges Thema auch für die KP ist: Weil es so viele sind. Das waren 100 Millionen Menschen in China, die Falun Gong geübt haben, mehr als das Regime Parteimitglieder hat. Die fühlten sich existenziell bedroht von einer traditionellen buddhistischen Meditation. Sie hatten doch seit 40 Jahren probiert, die Tradition in China auszuschalten.

Rassismus … Wir haben ja alle Menschen dabei. Ich habe Freunde auf der ganzen Welt. Und bei Shen Yun in der Tanzgruppe sind auch alle dabei. Ich bin mit einer chinesischen Frau seit 20 Jahren glücklich verheiratet. Wir haben zwei wunderbare Kinder. Ich weiß nicht, wo ich jetzt rassistisch noch einordnen soll.

Und der homophobe Vorwurf? Was sagst du dazu?

Bei Falun Gong machen wir überhaupt niemandem irgendeine Vorschrift, wie er sein Leben gestaltet. Es gibt ein Kernthema, das kann man nachlesen im „Zhuan Falun“. Es wird natürlich nahegelegt, heterosexuell zu leben. Da gibt es einen Mann, da gibt es eine Frau, da gibt es eine Familie und das ist die Grundlage. Wir sind ein buddhistischer Weg. Wir praktizieren chinesische Tradition. Bei den Daoisten ist das ein superwichtiges Thema, dass der menschliche Körper balanciert ist: Yin und Yang. Das heißt, ob jemand heterosexuell ist oder egal, was er ist, er kann machen, was er will. Da kümmern wir uns als Falun Gong nicht drum.

Falun Gong wird in über 100 Ländern weltweit in Parks und auf öffentlichen Plätzen praktiziert. Foto: Falun Dafa Informationszentrum / Faluninfo.de

Abschließend: dein Zukunftsausblick für Shen Yun, zur Verfolgung von Falun Gong. Vielleicht auch deine persönlichen Wünsche für die Zukunft? Oder gibt es noch Worte zum Schluss, die du an unsere Zuschauer richten möchtest?

Diese Verfolgung von Falun Gong passiert heute, am 14. März 2025: Menschen leiden, Menschen werden gefoltert, Menschen werden umerzogen. Aber: Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Kommunistische Partei Chinas in der Endphase ist. Sie wird von der Weltbühne verschwinden, vielleicht in den nächsten fünf Jahren. Die Machtkämpfe in China sind so stark, dass sie sich selbst kaputt machen werden.

Und wenn die Kommunistische Partei weg ist, gibt es auch keine Verfolgung von Falun Gong, keine Verfolgung von Uiguren, von Christen, von Demokraten. Ich glaube, sie [die Partei] wird verschwinden. Und das ist die große Hoffnung für China, dass man sich auf seine ursprünglichen Werte wieder besinnen kann – man sagt: die Seele einer Kultur. Das ist das Herzstück für ein Land. Wenn die Kultur zerstört wird, ist die Seele weg. Wenn die Seele weg ist, ist der ganze Körper weg. Was Shen Yun jetzt macht, ist die Wiederbelebung von authentischer chinesischer Kultur. Das wird später einfach größer gemacht und weitergeführt, für eine sonnige und strahlende Zukunft. Und persönlich gesehen, was ich am allermeisten hoffe: Wenn Shen Yun in China auf die Bühne geht, will ich der Moderator sein [lacht].

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Alexander Zwieschowski.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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