Wie viel bleibt dem Bürger? Fiskus zapft Energiepreis-Pauschale an
Die Energiepreise sind seit Jahresbeginn explodiert, ein Ende des Preisanstiegs ist angesichts der Krisen auf unserem Planeten nicht in Sicht. Die Ampel-Koalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz hat nun ein Entlastungspaket geschnürt, dazu gehört die Energiepreis-Pauschale. 300 Euro soll jeder Bürger einmalig bekommen, eine erneute Milliardeninvestition ohne konkrete Gegenfinanzierung. Und was bleibt letztlich für die Verbraucher übrig?
Bisweilen wenig, hat der Bund der Steuerzahler im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur errechnet. Denn der Fiskus greift dem Bürger ins Portemonnaie, bevor er die nächste Tankstelle erreicht. Spitzenverdienern bleiben von den 300 Euro nur noch 180 Euro übrig. Wer ob seines hohen Einkommens den Reichensteuersatz abführen muss, bekommt dem Steuerzahlbund zufolge noch weniger raus.
Den vollen Betrag kassieren nur Arbeitnehmer, die mit ihrem zu versteuernden Einkommen unter dem steuerlichen Grundfreibetrag von etwa 10.000 Euro bleiben, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ).
„Kein wirklicher Zuschuss“ für Rentner und Selbstständige
So übt der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel, Kritik: „Eine wirkliche Entlastung wäre es übrigens gewesen, wenn die Energiepreis-Pauschale steuerfrei wäre“, zitiert ihn die FAZ. Die Regierung habe Fehler bei der Kommunikation gemacht und falsche Erwartungen bei den Bürgern geweckt. So bekämen auch Rentner und Selbstständige „keinen wirklichen Zuschuss“.
So soll der Betrag von 300 Euro brutto jedem Erwerbstätigen zu Gute kommen, der in den Steuerklassen 1 bis 5 einsortiert ist. Arbeitgeber sollen das Geld als Zuschuss zum Gehalt auszahlen. Damit Selbstständige davon profitieren, wird die Steuervorauszahlung gesenkt.
Laut den Berechnungen des Verbands erhält ein Single mit Steuerklasse 1 und 72.000 Euro Jahresgehalt eine Pauschale in Höhe von 181,80 Euro. Bei ihm greift der Spitzensteuersatz, Solidaritätszuschlag fällt ebenso an. Ein verheirateter Arbeitnehmer mit einem Kind (Steuerklasse 4, Jahresgehalt 72.000 Euro) bekommt 184,34 Euro.
Etwas mehr bleibt mit 216,33 Euro einem verheirateten Arbeitnehmer mit Kind, der im Jahr 45.000 Euro verdient und ebenfalls der Steuerklasse 4 zugeordnet ist. Verdient dieser Arbeitnehmer nur 15.000 Euro jährlich, bekommt er 248,33 Euro. Die volle Pauschale erhält er, wenn er in Steuerklasse 3 eingetragen ist und unter dem Grundfreibetrag bleibt.
Wie hoch werden Familien entlastet?
Im Idealfall entlastet das Maßnahmenpaket Haushalte um bis zu 825 Euro. Errechnet hat das das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der „Welt am Sonntag“. Den meisten Profit erzielen Familien mit einem Bruttohaushaltseinkommen von 35.000 Euro jährlich. Gemeinsam bekommen die berufstätigen Ehepartner die Energiepreispauschale in Höhe von zusammen 600 Euro.
Nach Abzug der Steuern bleiben laut den Berechnungen des Instituts 457 Euro übrig. Für die beiden Kinder gibt es je 100 Euro Familienbonus, der steuerfrei ist. In Summe sind das 657 Euro. Wenn beide mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen, sinkt außerdem die Steuerlast auf Benzin für drei Monate. Dadurch kommen weitere 168 Euro hinzu.
Familien mit zwei Kindern und einem Jahresbruttoeinkommen von 150.000 Euro, die aber kein Auto besitzen, bekommen lediglich 348 Euro. Bei Singles, die mehr als 75.000 Euro brutto jährlich verdienen, bleiben von 300 Euro nur noch 159 Euro übrig. Wegen des hohen Grenzsteuersatzes sind das 61 Euro weniger als bei einem Single mit einem Bruttoeinkommen von 25.000 Euro per anno. Laut Institut werden Singles mit maximal mit 304 Euro entlastet.
Tobias Hentze, Steuerexperte des Instituts, sagte gegenüber der „Welt am Sonntag“, dass Spitzenverdiener einen größeren Teil des Zuschlags über die Lohnsteuer an den Staat zurückzahlen müssten als Normalverdiener. Diese würden stärker entlastet.
Laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wird es „einige Wochen“ dauern, bis die von der Koalition beschlossenen Entlastungen durch entsprechende Gesetze umgesetzt werden können.
Nahverkehrsbranche im Eiltempo überrascht
Eine weitere Initiative der Bundesregierung hat die Nahverkehrsbranche offenbar überrumpelt.
Als „völlig überraschend“ bezeichnete das Eisenbahnjournal zughalt.de die Ankündigung der Aktion #9für90 durch die Ampel-Koalition. Drei Monate lang kann jeder, der Nahverkehrsmittel benutzen möchte, dies für neun Euro pro Monat tun. Unklar sei es allerdings noch, ob das nur am jeweiligen Wohnort oder Bundesland oder gar in ganz Deutschland gelte.
Gegenfinanziert soll das Vorhaben durch einmalige Aufschläge auf die Regionalisierungsmittel, schreibt das Eisenbahnjournal. Dabei handelt es sich um Geld, die der Bund den Bundesländern jährlich zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs zur Verfügung stellt. Die Länder sind dann für die Verteilung des Geldes zuständig.
Auch wenn weitere Informationen derzeit noch fehlten, ist der Tenor aus der Branche „bislang positiv“. Der Bundesverband Schienennahverkehr (BSN) sieht darin gar eine „Chance für die Mobilitätswende“. Es gelte nun, gemeinsam mit der Regierung die offenen Fragen zügig zu klären, damit das Vorhaben „unkompliziert umgesetzt werden kann“.
Unabhängig von dieser dreimonatigen Aktion seien aber noch weitere Maßnahmen notwendig, damit der Nahverkehr auf der Schiene seine Rolle bei der Mobilitätswende ausfüllen kann. Dazu gehöre das tatsächliche Angebot auf der Schiene, das zusätzlich geschaffen werden müsse, sagte der Verband und fordert die „dringend erforderliche“ Erhöhung der Regionalisierungsmittel, sagt Kai Daubertshäuser, Vizepräsident des BSN.
Ralf Damde, Mitglied im Bundesvorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, fordert die politischen Entscheidungsträger zudem auf, das dreimonatige Angebot nicht als einmalige Sache anzusehen. Erfahrungen aus dieser Zeit sollten genutzt werden, um über „neue Angebotsformen im ÖPNV ernsthaft nachzudenken“, zitiert ihn zughalt.de. Die dauerhafte Einführung des Monatstickets für neun Euro, ein Jahresticket für 365 Euro oder sogar eine kostenlose Nutzung könnten „den öffentlichen Personennahverkehr dauerhaft – und nicht nur in Kriegs- und Krisenzeiten – attraktiver machen“, glaubt Damde.
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