49-Euro-Ticket: Länder sehen Fortbestehen ernsthaft gefährdet

Verkehrsminister der Bundesländer haben einen Brandbrief an Volker Wissing geschrieben. Der Bund verweist auf seine angespannte Haushaltslage. Und die Deutsche Bahn schränkt ihren Service bereits ein: Es ist kein kostenfreier Umstieg auf den Fernverkehr mehr möglich.
Fahrgäste steigen am Hauptbahnhof in Hannover in eine Regionalbahn der Deutschen Bahn.
Elf Millionen Mal verkaufte sich das 49-Euro-Ticket seit der Einführung am 1. Mai 2023.Foto: Michael Matthey/dpa
Von 14. August 2023

Die Zukunft des 49-Euro-Tickets steht derzeit in den Sternen. Weil sich Bund und Länder bislang nicht auf eine künftige Finanzierung einigen konnten, ist die Fortführung „ernsthaft gefährdet“, heißt es in einem Brandbrief der Länder an Bundesverkehrsminister Volker Wissing.

Elf Millionen Mal verkauft

Das Ticket ist innerhalb der gut 100 Tage nach dem Start am 1. Mai 2023 zum Verkaufshit avanciert. So hat es sich bundesweit rund elf Millionen Mal verkauft, schreibt der „Norddeutsche Rundfunk“ (NDR) auf seiner Internetseite.

Allein dieses Ticket sorgte beim Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (NAH.SH) für einen Rekord an Neuabonnenten. Im Juni hatte sich Staatssekretär Tobias von der Heide (CDU) zuversichtlich gezeigt, dass das Deutschlandticket den Nahverkehr nachhaltig verändern wird.

Es brauche nun zügig eine Einigung mit dem Bund über die Finanzierung, sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums gegenüber NDR Schleswig-Holstein. Es könne sonst ab dem kommenden Jahr sein, „dass das D-Ticket nicht mehr überall gilt“, weil es nicht mehr von allen Nahverkehrsunternehmen anerkannt werde. Daher gelte es, „einen solchen Flickenteppich ab 2024 zu verhindern“.

Die Ministeriumssprecherin zeigt sich aber auch optimistisch: „Wir erwarten, dass die Finanzierung bald geklärt ist.“ Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) geht ebenfalls davon aus, dass sich Bund und Länder über die künftige Finanzierung einigen werden, so der NDR weiter.

Ticket künftig teurer, um kostendeckend zu sein?

„Es könnte gut sein, dass das Deutschlandticket in Zukunft teurer werden muss, um die Kosten zu decken“, vermutet der Verkehrsverbund NAH.SH. Das Unternehmen moniert die unklare Finanzierung und fordert endliche Planungssicherheit. Auch der Fahrgastverband Pro.Bahn könnte sich eine Preissteigerung vorstellen.

So schlägt er etwa ein 69-Euro-Ticket für Besserverdienende und ein Sozialticket für weniger gut Verdienende vor. Was aber auf keinen Fall passieren dürfe, sei der Abbau von Bussen und Bahnen aus Kostengründen, mahnt der Fahrgastverband: „Lieber ein teureres Ticket als das Angebot einzuschränken.“

„Der Bund und vor allem Bundesverkehrsminister Wissing müssen sich jetzt endlich zu dem von ihm selbst initiierten Projekt bekennen und auch in den kommenden Jahren die Hälfte der Kosten des Deutschlandtickets übernehmen“, zitiert die „Zeit“ Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).

Die Länder hätten bereits eine Zusage gegeben, die Hälfte der Mehrkosten zu tragen, schreibt die Wochenzeitung weiter. In der Debatte geht es nur um die Mehrkosten, etwa für die Einführung und Digitalisierung des Tickets. Diese sind nur in diesem Jahr abgedeckt. Die Kosten für das Ticket sind bis 2025 gesichert. Die insgesamt drei Milliarden Euro teilen sich Bund und Länder.

Das Bundesverkehrsministerium habe mitgeteilt, dass die Diskussion „durch die angespannte Haushaltslage“ und die „damit notwendige Priorisierung des Mitteleinsatzes erschwert“ würde. Zur Klärung stehe das Ministerium aber in engem Kontakt mit den Ländern und der Branche.

Kein kostenfreier Umstieg auf Fernverkehr mehr möglich

Somit ist die Zukunft der Schnäppchenfahrkarte noch offen. Für die aktuellen Tickets gibt es nun jedoch eine Einschränkung, die ab Dienstag, 15. August 2023, gilt.

So war die Möglichkeit, bei erheblichen Verspätungen auf Züge des Fernverkehrs auszuweichen, ein willkommener Service für viele. Doch nun ändert die Deutsche Bahn die Regelung. Diese Option steht künftig nicht mehr zur Verfügung.

Somit entfallen ICE, IC oder EC als Alternative, um ein Ziel zu erreichen. „Reisende mit einem Deutschlandticket müssen für die Benutzung eines Fernverkehrszuges immer eine separate Fahrkarte kaufen“, teilt die Bahn auf ihrer Internetseite mit.

Bisher galt, dass Reisende, die wegen massiver Verspätungen oder Zugausfällen auf den Fernverkehr umstiegen, die Differenz zu den teureren Zügen zunächst selbst bezahlen mussten. Die Bahn erstattete den Kunden die zusätzlichen Ausgaben.

Das heißt, dass selbst in Ausnahmesituationen, wenn der Nahverkehr keine praktikable Alternative darstellt, die Fernverkehrszüge nicht mehr als kostenfreie Option genutzt werden können. Die Fahrgäste müssen dann bereit sein, Geld in das Fernverkehrsticket zu investieren.

„Da das Deutschland-Ticket gesetzlich im § 3 der Eisenbahnverkehrs-Verordnung (EVO) als Angebot mit erheblich ermäßigtem Beförderungsentgelt definiert ist, erfolgt jedoch im Fahrgastrechtefall keine Erstattung von Fahrgeldern für die Benutzung von Fernverkehrszügen“, begründet die Deutsche Bahn die Entscheidung.



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