Digitales Geld als Wachstumsbeschleuniger angepriesen
„Digitales Bargeld kann unseren Alltag leichter machen und ein Wachstumsmotor für die Wirtschaft sein“, glaubt Bundesfinanzminister Christian Lindner. Die Einführung des digitalen Euros „sollten wir für einen großen Innovationssprung nutzen“, schrieb er in seinem Twitter-Kanal.
Lindner äußerte sich dazu im Verlauf einer Konferenz in Brüssel unter dem Motto „Auf dem Weg zu einem Rechtsrahmen für einen digitalen Euro“ am Montag, 7. November. Organisatoren waren die Europäische Kommission (EK) und die Europäische Zentralbank (EZB).
Rhetorische Figur
Dabei sorgte Lindner zunächst einmal mit dem Begriff „Digitales Bargeld“ für Verwirrung bei den Twitter-Usern. Bargeld ist klar definiert: Es ist Geld in physischer (körperlicher) Form als Banknoten und Münzen, heißt es dazu auf Wikipedia. „Digitales Bargeld“ kann es somit nicht geben, der FDP-Politiker nutzt hier ein Oxymoron, eine rhetorische Figur, „bei der eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen gebildet wird“, wie die Online-Enzyklopädie ebenfalls erläutert.
Vorschlag für digitalen Euro
Die Untersuchungsphase für die Einführung der digitalen Währung läuft bereits seit einem Jahr und soll 2023 enden. Bereits Anfang 2023 will die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag für einen digitalen Euro vorlegen. Die Konferenz am vergangenen Montag in Brüssel sollte „politischen Entscheidungsträgern und Interessengruppen“ Gelegenheit bieten, „wichtige regulatorische und politische Aspekte eines digitalen Euro zu erörtern“, heißt es auf der Internetseite der EZB.
Minister erwartet viele Start-ups
Seine weiteren Visionen formulierte Lindner auf Twitter wie folgt: „Wenn der digitale Euro also eine Art Plattform darstellt, wird es zum Beispiel viel Start-ups geben, die zusätzlichen Nutzwert entwickeln, den wir heute noch gar nicht bedenken können.“ Dafür müsse es gelingen, dass Europa technologisch auf dem neuesten Stand („Cutting Edge“) sei.
Digitales Geld akzeptierten die Menschen aber nur dann als Ergänzung oder gleichwertigen Ersatz für Scheine und Münzen, wenn die Privatsphäre geschützt ist, betonte der Politiker. Daten „bei alltäglichen Transaktionen“ dürften daher nicht gespeichert werden. Wie er „alltägliche Transaktionen“ definiert, sagte der Minister allerdings nicht.
Ökonom: Digitale Währung löst Bargeld ab
In einem späteren Tweet betonte er außerdem, dass „keine Rede davon ist, das Bargeld abzuschaffen. Im Gegenteil, wir arbeiten daran, dass der geplante digitale Euro in Sachen Privatheit dieselben Eigenschaften hat, wie der gedruckte und geprägte Euro.“
Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring zweifelt das allerdings an. Die Formulierung „gleichwertiger Ersatz“ deute darauf hin, dass eine Abschaffung des Bargeldes sehr wohl vorgesehen sei, schreibt er auf seiner Internetseite.
Diese untermauere auch eine Aussage von Augustin Carstens, seines Zeichens Chef der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, bei der die Pläne der Zentralbanken koordiniert werden. In einem Beitrag auf YouTube bringt der mexikanische Ökonom klar zum Ausdruck, dass das Ende des Bargeldes mit der Einführung einer digitalen Währung besiegelt sei. Auch könne man finanzielle Transaktionen überwachen und bestimmen, wer etwas bezahlen kann.
Bargeld weiter beliebt
Bargeld erfreut sich trotz aller digitalen Initiativen weiterhin großer Beliebtheit. In einem im Juli dieses Jahres veröffentlichten Bericht schreibt die Deutsche Bundesbank, dass die ausgegebene Menge an Bargeld kontinuierlich ansteige. So sei der Banknotenumlauf in der vergangenen Dekade durchschnittlich um etwa sechs Prozent pro Jahr angewachsen.
Mit einem Wert von mehr als 1,5 Billionen Euro zum Jahresende 2021 habe sich der Umlauf damit seit Erstausgabe des Euros im Jahr 2002 fast versiebenfacht. Dabei stamme mehr als die Hälfte aller im Umlauf befindlichen Banknoten aus den Tresoren der Deutschen Zentralbank.
„Das Bargeld genießt innerhalb der Bevölkerung ein sehr hohes Vertrauen“, heißt es in dem Bericht weiter. Dies zeige sich vor allem in den Anfangsphasen von Krisensituationen. So habe die Auszahlung von Banknoten zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 außergewöhnlich stark zugenommen.
Bargeld spiele nicht nur im Alltags- und Wirtschaftsleben eine bedeutende Rolle, Menschen schätzten es auch als stabiles Wertaufbewahrungsmittel.
Langsamer Rückgang
Zwar lasse sich über die Jahre hinweg ein „langsamer, kontinuierlicher Rückgang“ der Nutzung feststellen. Es sei aber noch lange nicht abzusehen, dass bargeldlose Zahlungsmittel das Bargeld komplett ablösten.
Diese Aussage stützt eine Studie zum Zahlungsverhalten der Deutschen, die die Deutsche Bundesbank im vergangenen Juli veröffentlichte. So nahm die Zahl der Menschen, die Käufe und Dienstleistungen bar bezahlten, zwischen 2017 und 2021 von 74 auf 58 Prozent ab, berichtete die Epoch Times.
Über Zahlungsmittel frei entscheiden
Im Bericht der Bank heißt es weiter, dass den Deutschen eine Vielfalt an verschiedenen Zahlungsmitteln zur Verfügung stünde. Vorgaben gebe es nicht. „Stattdessen sollen sie frei entscheiden können, welches Zahlungsmittel sie bevorzugen“, betonen die Verfasser.
Banknoten und Münzen seien ein fester Bestandteil im Alltag vieler Menschen. Daher spreche sich die Bundesbank auch weiterhin für eine Beibehaltung des Bargelds aus und werde Abschaffungsbestrebungen „entschieden“ entgegentreten.
Länder testen digitales Geld
Den Einsatz von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) haben bereits verschiedene Länder getestet. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag hervor, die die Bundesregierung Ende 2020 beantwortete.
So hatte Uruguay bereits 2017 während eines sechsmonatigen Probelaufs in kleinerem Kreis den digitalen Peso ausgegeben. Die zweite Testphase für die schwedische e-Krona lief zwischen 2021 und 2022. Auf den Bahamas führte die Regierung im Oktober 2020 digitales Zentralbankgeld für ihre Bevölkerung ein. Es wird in einer Smartphone-basierten elektronischen Geldbörse gehalten. In China wird der e-Yuan seit zwei Jahren erprobt.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion