Bei Wahlsieg: CDU/CSU will Kernkraft wieder hochfahren

Kernkraft Ja oder Nein? Jahrelang haben sich die Grünen bemüht, aus dieser Energieform auszusteigen. Die Union will sie hingegen nach der nächsten Bundestagswahl wieder reaktivieren. Ist ein Wiedereinstieg überhaupt möglich – und nötig?
Titelbild
Das inzwischen stillgelegte Kernkraftwerk Isar 2 in Bayern produzierte am 2. Januar 2020 noch Strom für Süddeutschland.Foto: Andreas Haas/iStock
Von 19. Oktober 2024

Falls die CDU/CSU die nächste Bundestagswahl gewinnt und an die Macht kommt, könnte die deutsche Politik eine Rückkehr zur Kernkraft einleiten. In einem entsprechenden Antrag steht:

Die CSU fordert die Weiternutzung und Weiterentwicklung der Kernenergie!“

Die Chancen stehen gut, dass der Antrag der Union Zustimmung erhält. Ebenso ein Sieg der Union im kommenden Jahr. Bei der neuesten INSA-Wahlumfrage führt die CDU/CSU die deutsche Parteienlandschaft klar mit 31,5 Prozent an. Deutlich abgeschlagen auf Platz zwei ist die AfD mit 18,5 Prozent, dahinter belegt die SPD mit 16 Prozent Rang drei.

Spahn: Ampel muss KKW erhalten

Sebastian Brehm, Chef der Mittelstandsunion der CSU, hatte den Antrag vorgelegt. Dem „Handelsblatt“ teilte er mit: „Die letzten Atomkraftwerke sind zwar abgeschaltet, der Rückbau hat aber noch nicht begonnen.“

Erst Ende September sprach sich die Union für ein sogenanntes „Rückbau-Moratorium“ für die letzten drei im April 2023 vom Netz genommenen Reaktoren aus. Dazu forderte Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) gegenüber dem „Handelsblatt“: „Die Ampel muss sicherstellen, dass die Kernkraftwerke nicht zerstört werden.“

Es scheint ein Wettlauf gegen die Zeit zu sein. Die noch regierende Grünen-Partei lehnt die Rückkehr zur Kernkraft kompromisslos ab. Aus ihrer Sicht ist und bleibt die Kernenergie „eine Hochrisikotechnologie“ und „Gefahrenquelle“. Eine Maßnahme, um einen Wiedereinstieg in diese Energiequelle zu verhindern, war beispielsweise die Sprengung des im Jahr 2015 stillgelegten Kernkraftwerks (KKW) Grafenrheinfeld im August dieses Jahres.

Am 16. August 2024 wurden die beiden Kühltürme des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld dem Erdboden gleich gemacht. Foto: Daniel Peter/AFP via Getty Images

Wie kam es zum Atom-Aus?

Schon lange bevor sich nach der letzten Bundestagswahl die Ampelkoalition bildete, hatten sich die Grünen stark daran beteiligt, den Ausstieg aus der Kernkraft in die Wege zu leiten. Dieser ereignete sich im Jahr 2002 in der Ära Schröder, als die SPD mit den Grünen koaliert hatte.

Im Jahr 2011 war es nach einem starken Seebeben und Tsunami zur Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima gekommen. Die zu dieser Zeit in Deutschland regierende CDU unter Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte kurz darauf den deutschen Ausstieg aus der Kernkraft beschleunigt.

Die heutige Grünen-Partei hat im vergangenen Jahr mit der Abschaltung der letzten drei KKW den Atom-Ausstieg endlich abgeschlossen. Allerdings war dieser Prozess wohl politisch gesteuert, die Ansicht von Fachleuten wurde ignoriert und teilweise ins Gegenteil verkehrt. Denn Spitzenpolitiker der Grünen stehen im Verdacht, eine ergebnisoffene Entscheidungsfindung verhindert zu haben. Das zeigen durch die Zeitschrift „Cicero“ freigeklagte Dokumente.

Das ist ein Grund, warum die Union jetzt prüfen will, ob der Atomausstieg womöglich auf einer ideologischen Entscheidung beruht, die die Bundesregierung zum Nachteil des Landes getroffen hatte. „Die Hinweise verdichten sich, dass es die von Minister Habeck behauptete ergebnisoffene Prüfung nie gegeben hat“, teilte der Ausschussvorsitzende Stefan Heck (CDU) dem „Handelsblatt“ mit.

Nach Einschätzung des Kernenergietechnikers Manfred Haferburg könnten die KKW Isar 2, Neckarwestheim, Philippsburg, Emsland, Grohnde und Brokdorf wieder repariert und ans Netz gebracht werden. „Vielleicht auch Krümmel, der leistungsstärkste Siedewasserreaktor der Welt, der seit zehn Jahren auf seine Rückbaugenehmigung wartet. Das wären dann etwa 10 Gigawatt (GW) Leistung und könnte den Strompreis erheblich senken“, teilte er der Epoch Times mit.

Strom-Not-Land seit KKW-Aus?

Mit der Abschaltung der letzten drei KKW gingen rund 4,4 GW Nennleistung vom Netz. Das hatte Auswirkungen. Denn zeitgleich ist Deutschland laut den Daten vom Stromexportland zum Stromimportland geworden. Stromlieferungen aus den Nachbarländern waren immer öfter nötig.

In den 106 Tagen vom 1. Januar 2023 bis zur Abschaltung am 15. April hat Deutschland im Schnitt 18 GWh pro Tag importiert, um seinen Strombedarf zu decken. In den darauffolgenden rund 100 Tagen vom 16. April bis 24. Juli 2023 erhöhte sich diese Zahl auf rund 117 GWh. Das entspricht eine Erhöhung um das 6,5-Fache. Es kommt gelegentlich, aber immer wieder vor, dass die Netzbetreiber bis zu 30 Prozent des aktuellen Bedarfs durch Stromimporte aus dem Ausland decken müssen.

In der Gesamthandelsbilanz der Stromimporte und -exporte ist zu erkennen, dass Deutschland auch in den vergangenen 12 Monaten überwiegend Stromimportland war. Entsprechend steht im Grundsatzprogramm der CDU:

Deutschland kann zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten.“

Eine Reaktivierung abgeschalteter Kernkraftwerke und den Bau von Kernkraftwerken der vierten und fünften Generation, die mit Atommüll und Thorium betreibbar sind, fordert zudem der Diplom-Physiker Dieter Böhme. Er beobachtet die Energiewende bereits seit mehreren Jahren und warnte schon bei einem Ausschuss des Bundestages vor dem hohen Flächenbedarf von erneuerbaren Energiequellen.

Söder erntet Kritik

Im Rahmen des möglichen Wiedereinstiegs in die Kernkraft schlug der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, dass sich Deutschland finanziell an Atomkonzernen aus Tschechien und Frankreich beteiligen könne.

Daraufhin äußerte die FDP Kritik. FDP-Energieexperte Lukas Köhler teilte der „Augsburger Allgemeine“ mit: „Offenbar weiß er [Söder] nichts von der Existenz des europäischen Strommarkts. Anders ist sein absurder Vorschlag, den Betrieb ausländischer Kraftwerke durch deutsche Steuergelder zu subventionieren, nicht zu erklären.“

Die Frage der bayerischen Zeitung an Söder, wie eine finanzielle Beteiligung an den beiden ausländischen Atomkonzernen Deutschland günstigen Strom bescheren soll, ließ der Ministerpräsident jedoch unbeantwortet.

Deutschland gehört zum europäischen Strommarkt. Neben dem Bedarf bestimmt auch der Preis den Stromhandel. Stromimporte kommen auch dann zustande, wenn der Strom im Ausland günstiger ist. Andersherum exportiert Deutschland seinen Strom in die Nachbarländer, wenn es für die deutschen Energieversorger rentabel ist. „Eigentlich ein sehr einfaches Prinzip der Marktwirtschaft“, so Köhler.

Weltweiter Schub für die Kernkraft

Während Deutschland aus der Kernkraft ausgestiegen ist und nur vielleicht wieder einsteigt, setzen zahlreiche Industrienationen auf diese Energiequelle. Bereits bei der letztjährigen UN-Klimakonferenz haben sich gut 20 Nationen dazu verpflichtet, die weltweite Kernenergiekapazität bis zum Jahr 2050 zu verdreifachen.

Neben Frankreich, das sich bereits zum Großteil mit Kernkraft versorgt, beteiligen sich hier die Niederlande, Polen, die USA, China und Japan.

Dieses Vorhaben unterstützen inzwischen auch 14 der größten Banken und Finanzinstitute der Welt. Nach Ansicht der Banken spielen Kernenergieprojekte in der ganzen Welt eine zentrale Rolle beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion