Batterieparks vs. Blackout: Könnten sie das Netz neu starten?

Der Ausbau der Erneuerbaren bedeutet zunehmenden Stress für das deutsche Stromnetz. Eine Lösung sind Batterieparks. Sie könnten Stromangebot und -nachfrage glätten. Ihre Verbreitung ist allerdings noch spärlich. Und was können sie im Ernstfall leisten?
Batterieparks
Ein Batteriespeicherkraftwerk.Foto: zhudifeng/iStck
Von 19. Januar 2025

Die Energiewende hat ein Problem: Sie macht die deutsche Stromversorgung immer wetterabhängiger. Der Fokus liegt fast ausschließlich auf dem Ausbau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Deren Anteil an der Stromproduktion wächst stetig.

In Zeiten von Stromüberangebot durch die sogenannten erneuerbaren Energiequellen führt das zunehmend zu Abschaltungen dieser Anlagen und Stromexporten zu Niedrigstpreisen. Wenn Wind und Sonne hingegen nicht oder kaum zur Verfügung stehen, herrscht Strommangel. Dann benötigt Deutschland meist Strom von seinen Nachbarländern. Die Netzbetreiber fürchten inzwischen stets die nächste Dunkelflaute.

20 Minuten Strom für Deutschland

Eine naheliegende Lösung wäre, den Stromüberschuss von wind- und sonnenreichen Zeiten in Batterien beziehungsweise Batterieparks zwischenzuspeichern. Bei Bedarf könnten sie ihn dann wieder dem öffentlichen Stromnetz zur Verfügung stellen.

Allerdings verläuft der Speicherausbau noch auf niedrigem Niveau. Die landesweite Batteriekapazität liegt laut den Daten von „Battery-Charts“ bei 17,7 Gigawattstunden (GWh, Stand: 12. Januar 2025).

Gesamte Batteriekapazität in Deutschland. Foto: www.battery-charts.de, Figgener et al., The development of battery storage systems in Germany: A market review (status 2023), 2023, CC BY 4.0

Beim derzeitigen durchschnittlichen Stromverbrauch von Deutschland könnten all jene Batterien die Bundesrepublik rein rechnerisch für knapp 20 Minuten versorgen, wenn kein anderes Kraftwerk im In- und Ausland mithilft. Je nach aktuellem Verbrauch etwas mehr oder weniger, doch dafür müssten diese Batterien alle voll aufgeladen sein.

Allerdings ist hier die Unterscheidung zwischen Energie im physikalischen Sinn beziehungsweise Arbeit und Leistung zu beachten. So liegt der durchschnittliche Leistungsbedarf im deutschen Stromnetz bei rund 55 Gigawatt (GW). Die Gesamtleistung aller inländischen Batterien beträgt jedoch nur 11,5 GW. Die Batteriespeicher könnten somit nur rund ein Fünftel Deutschlands mit Strom versorgen – Die Versorgungszeit wäre dafür rund fünfmal länger.

Auch das ist jedoch nur ein theoretischer Wert, denn ein Großteil (83,6 Prozent) der Batterien entfällt auf sogenannte Heimspeicher, also private Batterien, oft in Kombination einer Photovoltaikanlage. Da diese meist auf die Optimierung des Eigenverbrauchs ausgelegt sind, tragen sie nicht nur Stabilisierung des Netzes bei.

Nur rund ein Achtel der Speicherkapazität liegt in Form von Großbatterien vor. Diese könnten Deutschland – unter Missachtung von Last und Leistung – immerhin noch knapp 2,5 Minuten mit Strom versorgen.

Netzbetreiber überfordert

Eine großangelegte Energiewende kann somit auch mit erfolgreichem Ausbau der Batteriekapazität nicht funktionieren, wenn diese Aufgabe überwiegend auf den Schultern der Privathaushalte lastet. Doch wieso gibt es nicht schon viel mehr Großspeicher?

Planungen von neuen Großspeichern gibt es bereits viele in ganz Deutschland. Doch es hakt meist bei der Realisierung. Das liegt daran, dass die Netzbetreiber erst die entsprechen Netzanschlüsse an den Bauplätzen anbringen müssen. Aufgrund der vielen Planungen kommen sie schlicht nicht hinterher, was zu Verzögerungen führt. Marktteilnehmer sprechen von mehrjährigen Wartezeiten von bis zu acht Jahren, bis ein Batteriepark letztlich gebaut werden kann.

Dieses Problem bestätigt Florian Antwerpen, Ko-Geschäftsführer des Münchner Stromspeicher-Unternehmens Kyon Energy. Er sagte: „Wegen der fehlenden Netzanschlüsse kommt der notwendige Speicherausbau viel zu langsam voran.“ Das Unternehmen ist einer der Marktführer der Branche in Deutschland. Aktuelles Projekt ist der Bau eines Großspeichers in Alfeld.

Der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) betont ebenfalls diese Zwickmühle. Der Geschäftsführer Urban Windelen sagte: „Die Netzbetreiber behindern faktisch den Speicherausbau.“ Seiner Aussage nach würden sie Großspeicher „immer noch als potenzielle Bedrohung für die Netzstabilität“ einstufen. Dabei seien sie im Gegenteil „Helfer bei Engpässen“.

Die Netzbetreiber hingegen hätten keine Einwände gegen die Anschlüsse. Stattdessen fühlen sie sich überfordert. Sie seien überschwemmt von „einem Tsunami an Anschlussbegehren“ für Batterieparks, verkündete der Übertragungsnetzbetreiber Amprion. Er betreibt rund 11.000 Kilometer an Höchstspannungsinfrastruktur.

Amprion spricht von rund 200 Anschlussanfragen für Großspeicherprojekte. Jedes benötigt seine nötige Bearbeitungszeit. Auch andere Netzbetreiber sind ähnlich überfordert. Damit Großspeicher mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden werden können, müssen die Netzbetreiber unter anderem erst Trafostationen und oftmals zusätzliche Freileitungen errichten. Daher kommen derzeit viel weniger Großspeicher ans Netz, als von der Branche – und von vielen außerhalb der Branche – gewünscht.

Batterieparks gegen „Stress im Stromnetz“

Die Energiewende – also die rasante Umstellung der Kraftwerksleistung auf immer mehr Erneuerbare – ist eine Herausforderung für das bestehende deutsche Stromnetz. Unlängst arbeiten die Netzbetreiber daran, dass die Leitungen die teils immensen Strommengen durch Windkraft- und Solaranlagen besser befördern können.

Denn an manchen Tagen liefern die installierten rund 170 Gigawatt dieser beiden Stromquellen mehr als gerade benötigt wird. Da sich im Stromnetz aber die Erzeugung und der Bedarf in der Waage halten müssen, muss der überschüssige Strom irgendwo hin. Ansonsten weichen die Netzbetreiber zu stark von der Netzfrequenz von 50 Hertz ab. Meist wird der überschüssige Strom zu Spottpreisen an andere Länder abgegeben.

Dieses Problem hat auch schon Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, angesprochen. Er sprach im Gespräch mit der FAZ von „Stress im Stromnetz, sowohl technisch als auch finanziell für uns alle“.

Besonders an Ostern und Pfingsten könnte sich dieser Stress zuspitzen. Wenn die erneuerbaren Kraftwerke bei guten Wetterbedingungen viel Strom produzieren und gleichzeitig an diesen Feiertagen die Industrie pausiert – und somit der Strombedarf sinkt – könnte es kritisch werden. Batterieparks könnten diesen Stress im Stromnetz reduzieren.

Allein im Jahr 2023 sind in Deutschland mehr als eine Million Photovoltaikanlagen neu hinzugekommen. 2024 rechnet die Branche mit einem neuen Zubaurekord. Zum Jahreswechsel gab es bundesweit rund 4,75 Millionen Solaranlagen, eine Vielzahl davon auf privaten Hausdächern.

Sind Batterien schwarzstartfähig?

Wenn nun aber Wind und Sonne schwächeln und für diese Energiequellen Dunkelflaute herrscht, kann es wegen des Strommangels unter Umständen zu regionalen Stromabschaltungen kommen, sogenannten Brownouts. Wenn der Stress im Stromnetz – egal ob bei zu viel oder zu wenig Strom – zu groß wird, kann es auch zum Blackout, also zum großflächigen Stromausfall, kommen.

Um dann das Netz wieder schrittweise hochzufahren, sind ausreichend sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke oder Energiequellen nötig. Windkraft- und Solaranlagen fallen hier als Optionen weg, sie sind nicht schwarzstartfähig, können also nicht als erste Anlagen Strom ins Netz einspeisen.

Hierfür kommen nach Betreiberangaben Batterieparks infrage. Sie sollen neben Wasserkraftwerken oder Gaskraftwerken, eine der wenigen schwarzstartfähigen Energiequellen sein. Doch um nach einem Blackout den Schwarzstart vollziehen zu können, muss der Energiespender nicht nur eine Wechselspannung vorgeben, sondern auch die Netzfrequenz von 50 Hertz (Hz).

Den Gleichstrom der Batterien wandeln Wechsel- oder Umrichter in netzkonformen Wechselstrom um. „Batteriespeicher sind schwarzstartfähig, wenn der Umrichter schwarzstartfähig ist.“ Das erklärte Tobias Badelt, Leiter der Abteilung Strategische Entwicklung und Kommunikation von ECO STOR auf Anfrage der Epoch Times. Das Unternehmen entwickelt und errichtet deutschlandweit Großspeicherprojekte.

Umrichter müssten nachgerüstet werden

Laut Badelt gibt es manche Hersteller von Umrichter, die diese Option anbieten. Umrichter mit einer solchen Frequenzvorgabe kosten jedoch weit mehr. Schwarzstartfähigkeit sei momentan noch keine Anforderung. „Deswegen werden meistens Umrichter eingesetzt, die dann nachzurüsten sind“, so Badelt. Oder anders ausgedrückt: In der Regel nutzen Batterieparks Umrichter ohne Schwarzstartfähigkeit. Somit sind die meisten oder möglicherweise alle Großspeicher in Deutschland derzeit nicht schwarzstartfähig.

Sofern ein Batteriepark aber doch schwarzstartfähig ist, kann dieser einen Startimpuls für einige Regionen geben. Allerdings muss das Anfahren der einzelnen Regionen gut koordiniert werden. Vor allem zeitlich, da sich Erzeugung und Verbrauch stets die Waage halten müssen.

Ein Ausbau der Batteriekapazität in Deutschland um ein Vielfaches könnte wiederum Material- und Ressourcenprobleme in den Mittelpunkt rücken. Denn Batterien enthalten viele verschiedene Metalle und Seltene Erden. Der Ausbau im großen Maßstab gelingt nur, wenn der Rohstoffmarkt ausreichende Mengen von jedem Material zur Verfügung stellen kann.



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