Deutschland erzeugt immer weniger Strom – dafür mehr Erneuerbare und mehr Importe
Die Jahresstromproduktion von Deutschland nimmt zum zweiten Mal in Folge ab. Laut den neuen Strommarktdaten der Bundesnetzagentur lag sie im vergangenen Jahr bei 431,7 Terawattstunden (TWh). Dieser Wert entspricht einem Rückgang von 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, als die Stromproduktion bei 450,5 TWh lag. 2022 waren es noch 506,8 TWh.
Bei der realisierten Erzeugung handelt es sich um die Nettostromerzeugung, also das, was die Kraftwerke tatsächlich in das öffentliche Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist haben. Nicht berücksichtigt sind demnach Netzverluste, der Eigenverbrauch der Kraftwerke sowie jene Anlagen, die nicht in das öffentliche Netz einspeisen.
Erneuerbare mit (leicht) wachsendem Anteil
Gemessen an der Gesamterzeugung von 2024 entfielen im Jahresmittel 254,9 TWh oder 59 Prozent auf erneuerbare Energieträger. Im Jahr davor lag der Anteil bei 56 Prozent. Dies sei vor allem auf Windkraft- und Photovoltaikanlagen zurückzuführen. Obgleich die installierte Leistung der Erneuerbaren im Jahr 2024 mit 185,5 Gigawatt 11,7 Prozent über der des Vorjahres lag, zeigt sich bei der Stromerzeugung nur eine Steigerung um 1,0 Prozent: 2023 erzeugten die Erneuerbaren rund 252,3 TWh Strom aus 166,1 GW installierter Leistung.
In der Gesamterzeugung sind zudem auch exportierte Strommengen enthalten. Bei viel Wind und/oder Sonne produzieren die Erneuerbaren gelegentlich mehr, als Deutschland gerade verbraucht. Der Überschuss wird dann zu den jeweils aktuellen Börsenstrompreisen an das Ausland verkauft. Bei sehr hohem Stromüberschuss sinkt der Preis jedoch auf rund null Euro für die Megawattstunde (MWh) oder gar in den Minusbereich.
Erneuerbare Energien sind – bezogen auf die Stromproduktion über das Jahr verteilt – die dominierende Energiequelle bei der deutschen Stromversorgung. Andere grundlastfähige Kraftwerke wie Kohle, Gas, Öl, Wasser und Biomasse werden je nach Bedarf hoch- oder heruntergeregelt.
Von den Erneuerbaren steuerten Windkraftanlagen den höchsten Anteil zur Gesamterzeugung bei. Die Windturbinen an Land schafften 111,9 TWh. Hier ist jedoch ein Minus erkennbar, da es 2023 noch 118,8 TWh waren. Die Windkraftanlagen auf dem Meer (Offshore) konnten hingegen leicht zulegen: Aus 23,5 TWh wurden im vergangenen Jahr 25,7 TWh.
Photovoltaikanlagen speisten 63,3 TWh ins Stromnetz ein – eine deutliche Steigerung zu den 55,7 TWh von 2023. Neben überdurchschnittlich vielen Sonnenstunden im Sommer trug auch der Ausbau der installierten Leistung dazu bei, dass Photovoltaik den stärksten Anstieg verzeichnete. Allerdings haben im Sommer massive Produktionsspitzen die Netzbetreiber dazu gezwungen, zahlreiche Solaranlagen abzuschalten, um das Netz zu stabilisieren.
Die Biomasse hatte eine Jahresproduktion von 36,0 TWh.
Rückgang bei fossiler Stromerzeugung
Deutschland rückte 2024 seinem Ziel, sich von fossilen Brennstoffen zu lösen, einen Schritt näher. Die Erzeugung aus konventionellen Energieträgern belief sich auf insgesamt 176,8 TWh. Das entspricht einem Rückgang von 10,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In welchem Umfang dies auf den Rückgang der Gesamterzeugung zurückzuführen ist, geht aus den veröffentlichten Daten nicht hervor.
Nach Angaben der Bundesnetzagentur war die Erzeugung durch Steinkohle um 31,2 Prozent geringer als 2023. Bei der Braunkohle beträgt der Rückgang 8,8 Prozent. Die noch im Bundestag regierenden Grünen wollen in den kommenden Jahren weitere Kohlekraftwerke abschalten. Der endgültige Kohleausstieg ist gesetzlich bis spätestens 2038 vorgesehen.
Die Stromerzeugung aus Erdgas stieg allerdings um 8,6 Prozent auf 56,9 TWh. Der Anteil von Erdgas an der Gesamterzeugung stieg damit von 11,6 Prozent im Jahr 2023 auf 13,2 Prozent.
Grenzüberschreitender Stromhandel
Zur deutschen Stromversorgung hat 2024 auch der grenzüberschreitende Stromhandel maßgeblich beigetragen. So importierte Deutschland im vergangenen Jahr insgesamt 67,0 TWh. Das ist ein Zuwachs von 23,4 Prozent im Vergleich zu den 54,3 TWh des Jahres zuvor.
Der Stromexport ging hingegen weiter zurück – von 39,0 TWh im Jahr 2023 auf 35,1 TWh im Vorjahr. Das ist ein Minus von 10 Prozent. Damit bestätigt die Bundesnetzagentur, dass Deutschland Nettostromimportland bleibt.
Mit der Veröffentlichung der neuen Strommarktdaten teilt die Bundesnetzagentur mit: „Deutschland verfügt über ausreichend Stromerzeugungskapazitäten. Strom wird in aller Regel dann importiert, wenn die inländische Produktion teurer wäre.“
Die Ausnahme stellen jedoch Dunkelflauten dar, also Zeiträume, in denen Windkraft- und Solaranlagen mangels Wind und Sonnenlicht kaum bis keinen Strom bereitstellen können. Das ist in diesem Winterhalbjahr bereits dreimal geschehen.
Bei der Dunkelflaute am 11. und 12. Dezember fehlten der deutschen Stromproduktion rund 16 Gigawatt, um den bundesweiten Bedarf zu decken. Dabei waren schon alle Reserven hochgefahren. Dieser Strommangel trieb die Strombörse zu einem Rekordpreis.
Börsenstrompreis niedriger, aber schwankender
Der durchschnittliche Großhandelsstrompreis im sogenannten Day-Ahead-Markt lag im abgelaufenen Jahr bei 78,51 Euro pro MWh. Das entspricht knapp 8 Cent pro kWh, zuzüglich Abgaben, Umlagen und Steuern. Im Jahr davor lag der Durchschnittspreis noch bei 95,18 Euro pro MWh. Allerdings verursachen Über- und Unterangebot der Erneuerbaren weiterhin häufig die erwähnten Preisspitzen nach oben oder unten.
Negative Großhandelspreise traten im vergangenen Jahr in 457 von 8.784 Stunden auf. Im Vorjahr waren es 301 von 8.760 Stunden. Sehr hohe Preise traten hingegen wesentlich seltener auf: 2023 kam es in 4.106 von 8.760 Stunden zu Preisen von mehr als 100 Euro pro MWh, 2024 nur in 2.296 von 8.784 Stunden. Da 2024 ein Schaltjahr war, unterscheiden sich die Gesamtstunden.
Der Vorteil der Preisschwankungen: Kunden mit dynamischen Stromtarifen können bei angepasstem Stromverbrauch von niedrigen Preisen profitieren. Ebenso zeigt sich dadurch das tatsächliche Verhältnis von Angebot und Nachfrage am Strommarkt.
Wer jedoch seinen Verbrauch bei steigenden Preisen nicht flexibel senken kann, wird kurzzeitig von teils sehr hohen Kosten getroffen. Zudem leidet die Versorgungssicherheit, und die Netzbetreiber haben oftmals mehr Schwierigkeiten beim Versorgungsmanagement.
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