Setzt die Politik auf „systematische Verteuerung von Energie“? Brandbrief von Energieexperten

Der Deutsche Arbeitgeberverband und der Aktionskreis Energie und Naturschutz appellieren mit einem Brandbrief an CDU/CSU. Zusammen mit mehreren Fachleuten fordern sie einen Richtungswechsel in der deutschen Energiepolitik.
Setzt die Politik auf „systematische Verteuerung von Energie“? Brandbrief von Energieexperten
Zahlreiche Experten warnen, dass die Stromversorgung immer instabiler wird. Sie fordern von der Union ein Gegensteuern.Foto: Bjoern Wylezich/iStock
Von 10. Dezember 2024

„Lassen Sie sich nicht länger von interessengesteuerten Wissenschaftlern, Medienschaffenden und Industrielobbyverbänden manipulieren. Korrigieren Sie die falsche Politik der Vergangenheit.“

Mit diesen Worten fordern der Deutsche Arbeitgeberverband und der Aktionskreis Energie und Naturschutz (AKEN) in einem Brandbrief von den Unionsparteien ein Umschwenken der deutschen Energiepolitik. Erster Vorstand des Deutschen Arbeitgeberverbandes ist Björn Peters.

Aufruf an die mögliche Regierungspartei

Der Appell ist an sechs ranghohe Unionspolitiker gerichtet, darunter CDU-Chef Friedrich Merz, CSU-Chef Markus Söder und Unionsfraktionsvize Jens Spahn. Ein Wahlsieg der CDU/CSU bei der anstehenden Bundestagswahl ist nach aktuellen Umfragen am wahrscheinlichsten. Die Verbände schreiben:

Jetzt ist die Zeit des Handelns und nur die Union kann hier politisch wirklich etwas bewegen. Es drohen schwerste politische Verwerfungen, wenn der Wohlstand weiter leichtfertig verspielt und die grüne Degrowth-Politik [Anm. d. Red.: Negativwachstum der Wirtschaft] weiterverfolgt wird.“

Die Experten für Energie- und Volkswirtschaft warnen in dem Schreiben davor, dass die derzeitige Energiepolitik „die deutsche Wirtschaft in die Bedeutungslosigkeit katapultiert“.

An dieser Entwicklung habe laut den Verfassern des Briefes nicht nur die inzwischen zerbrochene Ampelregierung beigetragen.

Auch die Union habe während ihrer Zeit an der Regierung auf eine „systematische und systembedingte Verteuerung von Energie“ gesetzt. Deutschland hat in Europa weiterhin die höchsten Strompreise für Endkunden. Im November kostete die Kilowattstunde knapp 40 Cent.

Der Brief enthielt auch eine politische Warnung:

Lässt die Union diese letzte Gelegenheit für grundlegende Änderungen in der Energie- und Klimapolitik verstreichen, werden neue Kräfte von der Wut der Bürger über die Unfähigkeit der Politik, das dringend Notwendige umzusetzen, profitieren und das Ruder übernehmen. Die Union wird dann wie die SPD schon jetzt in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.“

Was sind die Forderungen?

Die Verbände fordern von der Union, falls sie an die Macht kommen sollte, eine rasche Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs als Lösungsansatz. Damit verbunden sollte sie sich auf ihren marktwirtschaftlichen Kern besinnen.

In dem Brandbrief sind acht konkrete Maßnahmen aufgeführt. So verlangen die Verbände etwa die Erhöhung der EEG-Vergütung [Erneuerbare-Energien-Gesetz] für Solar- und Windkraftwerke vom 24.12.2022 um ein Viertel zurückzunehmen.

Zudem fordern sie die Unionsparteien auf, den „Vernichtungsfeldzug“ gegen die Kernkraft als Energiequelle zu beenden. Diese müssten auch ein Rückbaumoratorium für Kernkraftwerke verhängen.

Als weitere Maßnahmen fordern sie unter anderem eine Senkung der Stromsteuer, die Gewährleistung der Netzstabilität und eine Rücknahme des Kohle-Aus, damit Kohleverstromung weiterhin möglich ist. Zudem sollte die Bundesnetzagentur nur noch dann neue Energieerzeugungsanlagen genehmigen, wenn sie netzdienlich sind. Letzteres könnte den Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen enorm einbremsen oder komplett beenden.

Kein Kommentar von Energiewende-Befürwortern

Doch nicht jeder sieht die Energiewende kritisch. Neben einigen politischen Parteien befürworten auch mehrere Organisationen die Energiewende. Daher bat die Epoch Times Greenpeace und Agora Energiewende um eine Stellungnahme zu dem Brandbrief. Beide teilten jedoch mit, dass sie entschieden haben, diesen nicht zu kommentieren. Die noch amtierende Bundesregierung will mit der Energiewende bis zum Jahr 2045 die Klimaneutralität erreichen.

Auch die Pressestellen der CDU in Berlin und der CSU in München haben auf Nachfrage der Epoch Times sich nicht zu dem Schreiben geäußert.

Spiegelsperger: Wir zeigen Lösungen auf

Der offene Brief fand zudem zehn Mitunterstützer – Fachleute, die sich bereits seit mehreren Jahren intensiv mit der Energiewende auseinandersetzen. Darunter etwa der Fachjournalist für Energietechnik und -wirtschaft Stefan Spiegelsperger. Der Betreiber des YouTube-Kanals „Outdoor Chiemgau“ teilte der Epoch Times mit, dass er sich jeden Tag mit dem deutschen Stromnetz beschäftigt. Dabei macht er sich Sorgen um die Versorgungssicherheit des Landes.

„Alleine 15.193 Notfalleingriffe – sogenannte Redispatch-Maßnahmen – im Jahr 2023 sprechen eine mehr als deutliche Sprache“, merkte Spiegelsperger an. „Deswegen haben wir diesen Brief an die Politik verfasst, in dem wir vor den Folgen warnen, aber auch in dem wir mehrere Lösungen aufzeigen.“

Anwalt: Neue Abhängigkeit statt Autonomie

Ein weiterer Mitunterzeichner ist der Rechtsanwalt Thomas Mock. Bereits seit mehreren Jahren beschäftigt er sich intensiv mit den Auswirkungen von Windkraftanlagen.

Der Epoch Times erklärte der ehemalige politische Leiter eines Industrieunternehmens, dass er den offenen Brief primär aus geopolitischen Gründen unterstütze. „Derzeit bilden sich neue Blöcke (BRICS) und eine erhöhte Autonomie in zentralen Bereichen eines Landes mit einem hohen Anteil energieintensiver Industrie mit hohem Rohstoffbedarf erscheint mir unabdingbar“, so Mock.

Seiner Aussage nach führt die von der Ampelkoalition angestrebte Priorisierung von Wind- und Solarstrom eher zum Gegenteil: zur Abhängigkeit. „Nicht nur werden aufgrund der Dezentralität von Wind und PV [Photovoltaik] die Systemkosten stark steigen“, sagte Mock. „Gerade da PV zu circa 80 Prozent und Anteile für Windanlagen schon zu über 50 Prozent aus China importiert werden, machen wir uns von China abhängiger, als wir es je von Russland waren.“

Er fügte hinzu, dass angesichts der geopolitischen Veränderungen eine breitere Vielfalt im Energiebereich unabdingbar ist. „Die Sicherung der (volkswirtschaftlichen) Interessen unseres Landes kann den globalen Klimabemühungen nie nachgeordnet sein. Andernfalls wird die Sicherung der sozialen Strukturen und der teuren sozialen Einrichtungen unseres Wohlfahrtsstaats konkret gefährdet“, so Mock.

Weitere Unterstützer des offenen Briefes sind:

  • Prof. Dr. Fritz Vahrenholt (Hamburger Umweltsenator a.D.)
  • Dr.-Ing. Peter Preusser (Senior Energy Expert, Berater der Energiewirtschaft)
  • Dipl.-Ing. Stefan Spiegelsperger (Fachjournalist Energietechnik und -wirtschaft, „Outdoor Chiemgau“)
  • Prof. Dr. Holger Watter (Energiewissenschaftler, Hochschule Flensburg)
  • Dipl.-Ing. Manfred Haferburg (Kernenergetiker)
  • Dipl.-Ing. Frank Hennig (Kraftwerksingenieur und freier Autor)
  • Dr.-Ing. Detlef Ahlborn (Unternehmer)
  • Rolf Schuster (Maschinenbauer, Energiemarktanalyst)
  • Dr. habil. Joachim Dengler (Physiker)


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