Geopolitik und Energie: Habeck stärkt Beziehungen zu Kenia
Am Sonntag, 1.12., ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach Kenia gereist. Dort findet unter anderem der 5. Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsgipfel statt. Vier Tage wird sich der Minister in Nairobi aufhalten. Eine Wirtschaftsdelegation mit Schwerpunkt Energie und Umwelttechnik wird ihn begleiten. Gespräche stehen unter anderem mit hochrangigen Regierungsvertretern auf dem Programm.
Habeck will in Kenia über Geothermie und Digitalisierung sprechen
Das Ministerium betont in einer Presseerklärung zu dem Habeck-Besuch, Kenia biete deutschen Unternehmen vor allem in Zukunftssektoren große Chancen. Dies betreffe vor allem die Digitalwirtschaft sowie den Ausbau der Erneuerbaren Energieerzeugung und von Transformationstechnologien. Außerdem sei Kenia ein wichtiger Partner angesichts des Mangels an Arbeits- und Fachkräften.
Deutschland, so Habeck, könne helfen, Fachkräfte für den kenianischen Markt auszubilden – oder diese für sich selbst anwerben. Der Minister selbst wird eine Geothermieanlage besuchen. Dazu wird es einen Gedankenaustausch mit Unternehmen geben, die sich auf Fachkräfteausbildung spezialisieren – sowie mit Start-up-Gründern und Akteuren aus der Digitalwirtschaft.
Neben dem Fachkräftemangel in Deutschland und der energiepolitischen Transformation verfolgen die Bemühungen um intensivere Beziehungen zu Kenia auch geopolitische Ziele. Überall in Afrika findet ein Abkehrprozess von den früheren europäischen Kolonialmächten statt. Die Lücke füllen Länder wie Russland, die Türkei, die arabischen Golfstaaten – vor allem aber Chinas KP-Regime, das Afrika als Schwerpunkt seiner „One Belt, One Road“-Strategie entdeckt hat.
China baut seinen Einfluss in Afrika massiv aus
Innerhalb von nur 20 Jahren hat sich die Führung in Peking in mehr als 30 afrikanischen Ländern zum wichtigsten Lieferanten von Gütern etabliert. Hatte China Anfang der 2000er Jahre ein Exportvolumen nach Afrika von umgerechnet fünf Milliarden Euro aufgewiesen, liegt dieses mittlerweile bei 110 Milliarden.
Zudem soll das KP-Regime mittlerweile umgerechnet mehr als 660 Milliarden Euro an Krediten an afrikanische Länder vergeben haben – häufig gegen Pfandrechte an kritischer Infrastruktur wie Eisenbahnen oder Häfen. Westliche Länder werfen China vor, Afrika damit in eine Schuldenfalle zu treiben. Zudem profitierten chinesische Unternehmen häufiger von den Projekten als afrikanische.
Allerdings scheinen die – häufig mit weitreichenden Vorgaben zu Klimaschutz oder gesellschaftspolitischen Fragen verbundenen – westlichen Angebote nicht dagegen anzukommen. Im Jahr 2018 stellte das Regime in Peking ein Viertel aller Infrastrukturfinanzierungen auf dem südlichen Kontinent.
EU-Markt soll für kenianische Waren geöffnet werden
Im November 2022 hat Deutschland mit Kenia eine „Klima- und Entwicklungspartnerschaft“ vereinbart. Auf diese Weise will man den gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel verstärken. Die Schwerpunkte des Vertrags liegen auf der Förderung erneuerbarer Energien, der Erhöhung der Ernährungssicherheit und der Anpassung der Agrarsysteme an Klimawandelfolgen.
Kenia, ein Land mit knapp 3.000 Sonnenstunden im Jahr, strebt demnach eine 100-prozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien bis 2030 an. Im Vergleich zu dem teilweise am Äquator gelegenen Staat mit tropischem Klima scheint in Deutschland nur etwa 1.700 Stunden pro Jahr die Sonne.
Im Dezember 2023 schloss die EU mit Kenia ein „Wirtschaftspartnerschaftsabkommen“ ab, das im Juli 2024 in Kraft trat. Dieses soll bilateralen Handel, Investitionen und Arbeitsplatzschaffung fördern. Der EU-Markt soll für kenianische Waren geöffnet werden. Das afrikanische Land habe sich im Gegenzug zu „strengen sozial- und klimapolitische Verpflichtungen“ bekannt.
Verwirrung um Äußerung von Präsident Ruto über „Chancen für 250.000 junge Kenianer“
Erst im September hatte es Verwirrung um ein Abkommen gegeben, das Bundeskanzler Olaf Scholz nach einem Staatsbesuch von Kenias Staatschef William Ruto verkündet hatte. Die Vereinbarung soll der Kontrolle von Wanderungsbewegungen dienen, wobei Kenia ausreisepflichtige Staatsangehörige zurückzunehmen bereit sei.
Gleichzeitig solle es in Deutschland mehr Möglichkeiten für kenianische Fach- und Anlernkräfte in Deutschland geben. Präsident Ruto sprach in der „Deutschen Welle“ (DW) von „Chancen für rund 250.000 junge Menschen aus Kenia“. Immerhin ströme dort jährlich etwa eine Million junger Menschen auf den Arbeitsmarkt, weshalb auch kein Brain-Drain zu befürchten sei.
Ob der Deal tatsächlich die von Ruto beschriebene „Win-Win-Situation“ schafft, ist jedoch fraglich. Die Zahl der ausreisepflichtigen kenianischen Staatsbürger, die sich in Deutschland aufhalten, liegt im dreistelligen Bereich. Darüber hinaus ist Kenia kein typisches Auswanderungsland.
Im Jahr 2020 lebten lediglich etwa 535.000 Bürger des Landes im Ausland, das entspricht etwa einem Prozent der Bevölkerung. Die meisten davon waren in den USA oder in Großbritannien ansässig. Eine deutliche Änderung ist nicht absehbar – die Fertilitätsrate in Kenia ist seit Anfang der 1980er Jahre drastisch gesunken. Allerdings gibt es in Kenia derzeit noch etwas über 750.000 registrierte Schutzsuchende, hauptsächlich aus dem Südsudan und Somalia.
Bedeutung von Deutschland und der EU für Kenia überschaubar
Die EU rühmt sich, mit Kenia das bilaterale Wirtschaftsabkommen mit den strengsten Klimaschutzbestimmungen abgeschlossen zu haben. Deutschland hofft auf Impulse im Bereich erneuerbarer Energien, bei der Gewinnung von Fachkräften und der Steuerung von Migration.
Dabei könnten sowohl die Deutschen als auch die Europäer ihre Bedeutung für das wirtschaftlich zuletzt stark gewachsene Land überschätzen. Was den Export anbelangt, befinden sich als einziger EU-Mitgliedstaat die Niederlande unter den ersten sieben der wichtigsten Handelspartner. Beim Import findet sich darunter gar kein EU-Land mehr.
Zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern insgesamt gehören unter den westlichen Ländern nur noch die USA, das Vereinigte Königreich und Japan. Darüber hinaus spielen jedoch afrikanische Länder wie Uganda, Ruanda und Tansania, islamische Staaten wie Saudi-Arabien, Pakistan oder die Vereinigten Arabischen Emirate beziehungsweise Indien eine tragende Rolle. China steht auf Platz eins der Importpartner – allerdings mit einem leicht rückläufigen Anteil von 20,5 auf 18,2 Prozent seit 2021.
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