Roboterhund im Anmarsch? Das sollten Sie wissen
Manch einem wird mulmig, wenn er die Bilder eines mobilen Roboterhunds sieht, der mitten am Tag im Zentrum einer deutschen Großstadt herumspaziert. Ein Smartphone-Video aus Mannheim zeigte vor einigen Tagen genau das: Vor einer Apotheke, direkt am Rande einer Kreuzung, stakst ein gelb-schwarz lackierter Metallvierbeiner herum. Kein „Frauchen“ oder „Herrchen“ mit Fernbedienung zu sehen. Und nicht zu erkennen, was der Roboter da zu tun hatte.
„Unbemannte funkferngesteuerte Roboter sind für jedermann auf dem Markt frei erhältlich“, schrieb eine Sprecherin des Innenministeriums Baden-Württemberg auf Anfrage der Epoch Times. Nach Informationen der „Computer Bild“ ist ein solches Gerät schon seit 2020 in den USA erhältlich. Das Einstiegsmodell des Herstellers „Boston Dynamics“ namens „Spot“ habe damals je nach Ausstattung ab 74.500 US-Dollar gekostet. Es gibt inzwischen aber auch billigere Geräte anderer Firmen.
Man wisse auch nicht, wem der künstliche Hund gehören könnte oder was in Mannheim los war, schrieb die Innenministeriumssprecherin. Es handele sich aber keinesfalls um eins jener Geräte, die bei den „Spezialeinsatzkräften der Polizei Baden-Württemberg“ schon seit einigen Wochen in Gebrauch seien. Wie ein Sprecher der Polizeidirektion Mannheim der Epoch Times mitteilte, seien diese Geräte schwarz. Die Mannheimer Polizei selbst besitze aber auch keinen solchen Apparat.
Den Hund gewähren lassen – sonst droht Strafanzeige
Doch egal, ob gelb, gelb-schwarz oder schwarz: Auch wenn man sich beim Anblick so eines Metallhundes irritiert, bedroht oder gar gefährdet fühle, sei es nicht erlaubt, der Maschine den eigenen Unmut spüren zu lassen – etwa per Fußtritt. „Ein bedrohliches Aussehen des Roboter-Hundes allein berechtigt Passanten nicht zur Beschädigung der Sache“, mahnte die Ministeriumssprecherin.
Wehren dürfe man sich unter Umständen erst, wenn der Hund einen „gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff“ starte und dieser „durch einen Menschen gesteuert“ sei. Erst wenn es darum gehe, eine „drohende Gefahr für sich oder andere abzuwenden“, dürfe man unter Umständen ein „Notwehr- oder Nothilferecht“ annehmen und zur Tat schreiten. „Ein Notstandsrecht wiederum setzt unter anderem voraus, dass die Beschädigung oder Zerstörung des Rotboter-Hundes erforderlich ist“. Und das dürfte schwer nachzuweisen sein.
Im Zweifel Polizei rufen
Wer sich also dazu hinreißen lässt, das Überwachungsgerät zu beschädigen oder zu zerstören, könne mit einer Strafanzeige wegen Sachbeschädigung rechnen. Die Kosten für Reparatur oder Ersatz blieben dann wohl am Schadensverursacher hängen, ganz abgesehen von der Strafe.
Grundsätzlich dürfe man jedenfalls nicht davon ausgehen, dass so ein herrenloser Roboterhund in einer belebten Innenstadt illegal unterwegs sei: „Inwieweit sondernutzungsrechtliche oder verkehrsrechtliche Erlaubnisse tangiert sein könnten, ist vom Einzelfall abhängig“, schrieb die Sprecherin. Präziser drückte sich der Sprecher der Mannheimer Polizeidirektion aus: Falls die Nutzung eines Roboterhunds „im Straßenverkehr […] zu einer Behinderung, Belästigung oder gar Gefährdung von Verkehrsteilnehmer führt, könnte dies durch die Polizei sanktioniert und unterbunden werden“.
Keine Beschwerden, keine Erkenntnisse über Unfallrisiko: ein Fake?
Sowohl dem Innenministerium als auch der Polizeidirektion Mannheim lägen aber keine derartigen Fälle vor. Laut Ministeriumssprecherin gebe es „weder Erkenntnisse über ein erhöhtes Unfallrisiko durch einen Roboter-Hund dieser Art noch Beschwerden in diesem Zusammenhang“. Auch „Meldungen von Bürgern, die an dem fraglichen Tag oder überhaupt einen solchen Roboter in der Mannheimer Innenstadt gesehen haben wollen, liegen nicht vor“, schrieb der Polizeidirektionssprecher der Stadt Mannheim. Er halte es für „gut möglich, dass es sich bei dem Video um ein Fake“ handele, denn normalerweise würde „ein solches Gerät eigentlich für Aufsehen sorgen“. Auf dem Video aber ist davon nicht viel zu sehen (Video auf Telegram).
Der Polizeisprecher schrieb, er erinnere sich noch an ein anderes Video aus dem Jahr 2021, auf dem ebenfalls so ein „‚Robothund‘ vor einer Mannheimer Passage in O7“ aufgetaucht sei – „angeblich um die Corona-Maßnahmen zu überwachen“ (Video auf TikTok). Laut „Mannheim24.de“ hatte eine TikTok-Nutzerin den Hund allerdings nur spaßeshalber mit den Corona-Maßnahmen in Beziehung gesetzt.
Die „Rheinische Post“ hatte bereits im Mai 2021 von ähnlichen Internetvideos berichtet. Damals sei „ein rot-weiß lackiertes Exemplar […] über den Hamburger Rathausmarkt“ geirrt, „und Videos eines ähnlichen Auftritts in Erfurt geisterten durch die sozialen Medien“.
Automatisches Ausweichsystem
Laut Hersteller sei das im Video zu sehende Modell „Spot“ unbewaffnet und müsse ferngesteuert werden, schrieb die Mannheimer Polizeidirektion. Außerdem verfüge die Maschine über ein „automatisches Ausweichsystem“, um nicht mit Hindernissen zu kollidieren, „ähnlich wie ein Staubsaugerroboter“, präzisierte der Sprecher. Nach Informationen der „Computer Bild“ verbietet der Hersteller, das Modell mit Waffensystemen nachzurüsten.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte Ende April 2023 einen „Boston Dynamics“-Roboterhund in der Landeshauptstadt Stuttgart vorgestellt, der seitdem seinen Dienst für die „dafür zuständige Direktion des Polizeipräsidiums“ versieht, wie die Ministeriumssprecherin bestätigte.
Nach Angaben der Sprecherin aus dem Innenministerium sind „die Spezialeinsatzkräfte der Polizei Baden-Württemberg [nun] bundesweit die ersten, die einen Roboter-Hund als neues, hochmodernes Einsatzmittel erhalten haben“. Sein Einsatzgebiet liege „im Bereich der Aufklärung und Gefahrenerkennung“.
Wie viele Einsätze „Spot“ in den vergangenen fünf Wochen absolviert hatte, war nicht in Erfahrung zu bringen. Auch über die gesamte Anzahl in Deutschland lägen ihr keine Informationen vor. Inwiefern die Arbeit den Spezialeinsatzkräften des Landes eine Hilfe war, auch nicht: „Für eine Bewertung der Arbeit ist es […] zum aktuellen Zeitpunkt noch zu früh“, hieß es aus dem Innenministerium. Klar sei zurzeit lediglich, dass „keine weiteren Roboter-Hunde angeschafft werden“ sollten.
Was kann „Spot“?
Der Roboterhund „Spot“, so sein Modellname, bringt es nach Angaben des SWR auf eine Maximalgeschwindigkeit von 5,57 Kilometern pro Stunde, also in etwa so viel wie ein zügiger Fußgänger. Der Hund könne „Türen öffnen, Treppen steigen“ und sei „mit intelligentem Greifarm, 3D-Hinderniserkennung sowie mit mehreren Kameras ausgestattet“, so der SWR. An einem Tatort verwische „Spot“ „weniger Spuren als herkömmliche Geräte auf Rädern oder Ketten“.
Einen weiteren „Spot“ in Baden-Württemberg gibt es an der Hochschule Pforzheim offenbar bereits seit August 2021. Im dortigen „Labor für Künstliche Intelligenz an der Fakultät für Technik“ soll das Gerät für „hybride Laborveranstaltungen zur digitalen Transformation“ dienen. Auch die Hochschulen in Karlsruhe, Mannheim und Offenburg sollen von den Anwendungen und Forschungsergebnissen profitieren.
Die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen hatte so einen mechanischen Hund nach Informationen des Onlineportals „GIGA“ im Januar 2022 für sein ebenfalls neues „Innovation Lab“ angeschafft, um „die Digitalisierung der Polizei“ voranzutreiben. Die Polizei habe bereits „gute Erfahrungen“ mit dem Gerät gemacht: In einem durch einen Brand zerstörten, einsturzgefährdeten Wohnkomplex habe „Spot“ schon Aufnahmen gemacht.
Bei der Polizei der Stadt New York sei solch ein Roboterhund bereits im Februar 2021 für den Streifendienst rekrutiert worden, das Pilotprojekt sei allerdings aufgrund „massiver Kritik und einer bebilderten Anleitung, wie ‚Spot‘ schnell außer Gefecht gesetzt werden“ könne, kaum zwei Monate später eingestellt worden.
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