Diese Maßnahmen können unseren Strom wieder günstiger machen
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Strom ist in keinem anderen europäischen Land so teuer wie in Deutschland. Die Endverbraucherpreise der privaten Haushalte erreichten im Januar einen neuen Rekordwert von durchschnittlich 40,42 Cent für die Kilowattstunde (kWh).
Doch nicht nur die Haushalte sind teilweise geplagt von hohen Stromrechnungen. Auch Tausende Unternehmen beklagen die massiv gestiegenen Strompreise. Davon betroffen ist etwa das Stahlwerk Georgsmarienhütte der GMH Gruppe. Diese teilte kürzlich mit, dass sich die Energiekosten der Unternehmensgruppe innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als verdoppelt haben. Es droht das Produktionsaus der deutschen Produktionsstätten.
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Durchschnittliche private Strompreise im ersten Halbjahr 2024 (gerundet) im europäischen Vergleich. Der EU-weite Durchschnitt lag bei 28,9 Cent pro Kilowattstunde. Foto: STROM-REPORT, CC BY-ND 3.0
Die hohen Strompreise sind also ein elementares Problem für Deutschland. Doch es gibt Möglichkeiten, sie effektiv zu reduzieren.
Darum ist der deutsche Strom so teuer
Zunächst werfen wir einen Blick auf die Zusammensetzung des Strompreises. Dass der Strom in Deutschland vergleichsweise teuer ist, liegt vor allem an zahlreichen Steuern und Abgaben in teils erheblicher Höhe. Denn die reine Produktion, der Vertrieb und die Marge machten 2024 mit nur 42,5 Prozent weniger als die Hälfte des Strompreises aus. Das wären etwas über 17 Cent des oben genannten durchschnittlichen Endverbraucherpreises.
Mit einem Anteil von 28 Prozent beeinflussen die Netznutzungsentgelte erheblich die Preisbildung. Diese Entgelte beschreiben den Preis, den der Stromkunde für die Nutzung des öffentlichen Stromnetzes bezahlen muss.
In den vergangenen Jahren sind die Netzentgelte für Haushaltskunden deutlich gestiegen. Lagen sie im Jahr 2014 noch bei 6,6 Cent pro kWh, kletterte ihr Preis im vergangenen Jahr auf 11,5 Cent.
Dieser Preisanstieg wird durch die hohen Kosten für nichts Geringeres als den kompletten Umbau der deutschen Energieversorgung – die Energiewende – begründet. Es ist der Umstieg von fossilen und nuklearen, grundlastfähigen Großkraftwerken hin zu überwiegend wetterabhängigen, kleineren erneuerbaren Energiequellen und zukünftig wasserstofffähigen Gaskraftwerken.
Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) mit rund 16 Prozent, aber auch die Stromsteuer und weitere Abgaben verteuern die Kilowattstunde zusätzlich. Dabei kann die Umsatzsteuer als eine Doppelbesteuerung betrachtet werden, da sie auf den gesamten Betrag einschließlich Stromsteuer und Abgaben erhoben wird.
Weitere Preistreiber
Darüber hinaus gibt es noch weitere Faktoren, die den Strompreis indirekt erhöhen. So etwa die Abhängigkeit von Stromimporten. Seit Frühling 2023 – also dem Zeitpunkt der Abschaltung der letzten deutschen Kernkraftwerke – ist Deutschland ein Stromimportland. Mehrere Energieanalysten sehen Deutschland inzwischen abhängig von Stromimporten.
Deutschland ist besonders dann auf Strom aus dem Ausland angewiesen, wenn die Erneuerbaren zu wenig Leistung bereitstellen. Mit Blick auf das deutsche Atom-Aus sagte kürzlich Andy Mayer, Energieanalyst bei der Internationalen Energieagentur (IEA): „Sie haben Kernkraftwerke abgeschaltet, während sie gleichzeitig immer abhängiger von französischer Kernenergie wurden.“
Ebenso drückt der Umstand den Strompreis nach oben, dass Deutschland nur eine Strompreiszone, aber regionale Unterschiede in der Netzinfrastruktur hat. Somit zahlen in der einheitlichen Strompreiszone alle Verbraucher denselben Großhandelspreis – es kommt einer Sozialisierung der Stromkosten gleich. Dadurch ist ein Engpassmanagement nötig, wofür alle Verbraucher zahlen müssen – unabhängig von ihrem Standort.
Maßnahmen für günstigeren Strom
Stromsteuer
Um den deutschen Strompreis zu senken, könnte man fast jedem der oben genannten Punkte ansetzen. Eine für die Politik scheinbar einfache Maßnahme wäre eine Reduzierung der Steuern und Abgaben.
Tatsächlich planen verschiedene Parteien eine Senkung der Stromsteuer, die bereits seit 2003 unverändert 2,05 Cent pro kWh beträgt. Die CDU/CSU, die Grünen, die FDP, die AfD und Die Linke wollen die Stromsteuer auf den europäischen Mindestwert von 0,05 Cent reduzieren. Bei den rund 133 Terawattstunden (TWh), die die deutschen Privathaushalte im vergangenen Jahr verbraucht haben, wären das für diese eine jährliche Ersparnis von insgesamt rund 2,66 Milliarden Euro oder durchschnittlich rund 32 Euro pro Person.
Das klingt zunächst gut. Allerdings ist zu bedenken, dass 2 Cent der Stromsteuer – also fast die komplette Steuer – in die Rentenversicherung fließen. Bei einer Senkung der Stromsteuer auf den EU-Mindestwert würden in der Rentenkasse diese 2,66 Milliarden Euro vollständig fehlen. Dieses Geld müsste der Staat dann womöglich auf anderem Weg wieder einspielen – denkbar wäre eine Steuererhöhung an anderer Stelle. Dann erfährt der Stromkunde unter Umständen keine wirkliche Entlastung.
Umsatzsteuer
Ebenso könnte die Politik die Umsatzsteuer reduzieren. Rein rechnerisch beträgt sie derzeit 16 Prozent des Endverbraucherpreises. Dahinter steht die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent, die auf alle Preisbestandteile erhoben wird.
Bei Wegfall der Umsatzsteuer würde Strom nur noch 34,85 Cent pro Kilowattstunde kosten. Würde sie auf den reduzierten Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7 Prozent gesenkt werden, entspräche dies einem Strompreis von 37,29 Cent/kWh und käme einer Entlastung für die Endkunden um etwas über 3 Cent pro Kilowattstunde gleich. Auch hier hätte der Staat entsprechend weniger Einnahmen, die im Bundeshaushalt fehlen.
Netzentgelte
Eine weitere Möglichkeit, die Verbraucher bei den Stromkosten zu entlasten, wäre eine Optimierung der Netzentgelte. Hierin erkannte der Ökonom Lion Hirth den größten Spielraum. Der Ansatz wäre eine „zeitliche Dynamisierung“. Dabei würden die Netzentgelte die tatsächliche aktuelle Netzauslastung widerspiegeln.
Was eine Optimierung der Netzentgelte den Stromkunden einsparen könnte, zeigen Angebote für Unternehmen. Diese können mit individuellen Netzentgelten diesen Kostenpunkt um bis zu 90 Prozent reduzieren – allerdings nur, wenn ihr Stromverbrauch atypisch ist, das heißt, sie nutzen Strom vor allem dann, wenn andere ihn nicht verbrauchen.
Diese Möglichkeit ist bislang ausschließlich Unternehmen vorbehalten. Privatkunden können keine individuellen Netzentgelte beantragen. Für sie gelten die Netzentgelte, die aus einem Grundpreis und einem verbrauchsabhängigen Arbeitspreis bestehen. Wenn die Politik den Privatkunden individuelle Netzentgelte erlaubt, könnten sie mit angepasster Netznutzung eine Ersparnis von 90 Prozent, also wiederum etwa 2 Cent pro kWh, erzielen. Das basiert darauf, dass die Netzentgelte rund 2,2 Cent des oben genannten Stromverbrauchs ausmachen.
Anpassung des Strommarktdesigns
Zusammen könnten die drei zuvor genannten Maßnahmen den Strompreis bereits um mehr als 7 Cent pro Kilowattstunde oder rund ein Sechstel vergünstigen. Das ist jedoch noch nicht alles. Denkbar wäre auch, den Strommarkt bei der Kostengestaltung dynamischer zu gestalten.
Mit sogenannten Knotenpreisen würde sich in jeder Region ein individueller Strompreis bilden. Dieser orientiert sich daran, wie es an den jeweiligen Orten um Stromangebot und -nachfrage steht, und damit um die Frage der jeweils aktuellen Netzbelastung. Ist diese hoch, wäre auch der Strompreis entsprechend hoch und umgekehrt.
Hierbei würde es sich um eine extreme Form der Aufteilung der deutschen Strompreiszone in viele kleine handeln. Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, befürwortet eine solche Umstellung. „Damit wird das System effizienter, da Haushalte und Unternehmen ihren Verbrauch nach den ‚wahren‘ Preisen ausrichten würden“, so der Ökonom.
Doch auch die Aufteilung der Bundesrepublik in zwei bis fünf Strompreiszonen könnte die lokalen Preise bereits realistischer abbilden. Für Stromkunden im Norden Deutschlands könnten das sinkende Strompreise bedeuten, im Süden könnten sie eher steigen. In welcher Höhe die Ersparnis beziehungsweise die Mehrkosten liegen, ist unklar. Voraussichtlich werden sie sich aber „nur sehr bedingt“ auf die Strompreise der Verbraucher auswirken.
Ausbau erneuerbarer Energien
Der Bundesverband Erneuerbare Energien bekräftigt, dass der fortschreitende Ausbau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen unsere Stromkosten künftig reduzieren wird. Hierfür spreche zudem der im vergangenen Jahr gesunkene Börsenstrompreis. Tatsächlich war dieser 2024 im Jahresmittel mit 78,51 Euro pro Megawattstunde 17,5 Prozent günstiger als 2023, wo er bei 95,18 Euro lag. Im Vergleich zu 2019 hat sich dieser Preis jedoch mehr als verdoppelt. Damals lag er noch bei 37,67 Euro pro Megawattstunde.
Die Erneuerbaren gelten auch laut dem Fraunhofer-Institut als vergleichsweise günstiger als konventionelle fossile Kraftwerke. Dabei unberücksichtigt bleiben jedoch die Integrationskosten, also jene Kosten, die unter anderem der Netzausbau, Stromspeicher und Reservekraftwerke verursachen. So gibt es auch den Ausbau der erneuerbaren Energiequellen nicht zum Nulltarif.
Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind die Netzbetreiber dazu verpflichtet, den erzeugten Wind- und Solarstrom zu festgelegten Vergütungssätzen von den Anlagenbetreibern abzukaufen. Das dafür vorhandene EEG-Konto musste der Bund 2024 mit Steuergeldern in Höhe von 18,5 Milliarden Euro ausgleichen. Zudem wird der nötige Netzausbau in den kommenden Jahren Hunderte Milliarden Euro verschlingen. Diese Kosten müssen letztlich auch die Stromkunden beziehungsweise die Steuerzahler begleichen.
Hinzu kommt die Wetterabhängigkeit der Erneuerbaren. Sie zwingt die Netzbetreiber dazu, parallel ein Reservenetz aus grundlastfähigen Kraftwerken aufrechtzuerhalten, die jederzeit hochfahren können, wenn über Deutschland nicht ausreichend Wind und Sonnenlicht zur Verfügung steht. Gerade in den Wintermonaten ist hier von der sogenannten Dunkelflaute die Rede.
Mehr Energieeffizienz
Um die Stromkosten zu reduzieren, kann die Politik Maßnahmen auf den Weg bringen, die Unternehmen motivieren – oder zwingen – weniger Energie zu verbrauchen. In diesem Zusammenhang hat die Regierung bereits das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) auf den Weg gebracht. Es soll Behörden, energieintensive Unternehmen und Rechenzentren dazu verpflichten, erneuerbare Energien zu nutzen und Energie zu sparen.
Allerdings muss eine Effizienzsteigerung bei einem Unternehmen auch stets wirtschaftlich sein. Ist es das nicht, ist seine Produktion – und somit sein Fortbestehen oder sein deutscher Standort – bedroht. Der SPD-Politiker und frühere Umweltsenator Hamburgs Fritz Vahrenholt bezeichnet das Energieeffizienzgesetz deswegen als „das deutsche Deindustrialisierungsgesetz“.
Das können Stromkunden schon jetzt tun
Stromkunden, die nicht warten wollen, bis die Politik effektive Maßnahmen zur Reduzierung des Strompreises umsetzt, können schon heute selbst dafür sorgen, dass die nächste Stromrechnung geringer ausfällt.
Eine Möglichkeit dafür bietet der regelmäßige Wechsel des Stromanbieters. So beträgt der durchschnittliche Strompreis für Neukunden bei einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh laut dem Vergleichsportal Verivox 28,64 Cent pro kWh (Stand: 10. Februar 2025). Das sind rund 12 Cent weniger als der durchschnittliche Endverbraucherpreis, der auch langjährige Stromkunden beinhaltet. In Verbindung mit den genannten politischen Maßnahmen wäre rein rechnerisch etwa eine Halbierung des Strompreises denkbar.
Um die eigenen Stromkosten zu senken, können sich inzwischen auch private Stromkunden einer Energie-Einkaufsgemeinschaft anschließen. Solche sind E.Optimum oder Energiefaktor. Dabei können Privatpersonen Zugang zu Großhandelspreisen für Strom und Gas bekommen, die sonst nur Großabnehmern vorbehalten sind. Diese lagen im ersten Halbjahr 2024 bei 23,3 Cent/kWh, hierbei greifen die oben genannten politischen Maßnahmen jedoch nur bedingt, sodass die Einsparung nicht addiert werden können.
Nicht ändern können politische Maßnahmen und der Wechsel des Stromanbieters indes das eigene Verhalten. Jedoch verleiten niedrigere Strompreise zu einem weniger sparsamen Umgang und erhöhen so den Verbrauch – und die Kosten.
Dabei können die Stromkunden auch hier aktiv werden und ihr Verhalten optimieren, indem sie etwa Licht in Räumen ausschalten, wo es gerade nicht nötig ist, oder – wenn noch nicht vorhanden – sparsamere Leuchtmittel installieren. Dasselbe gilt für andere Stromverbraucher. Viel Strom lässt sich auch bei Verbrauchern sparen, die Hitze erzeugen. Wer noch auf klassischen Herdplatten kocht und diese schon vor dem Wegnehmen des Topfes oder der Pfanne ausschaltet, anstatt zur gleichen Zeit, nutzt noch die Restwärme der Platten – und spart Energie. Bei neueren Ceranfeldern funktioniert das nur bedingt. Auch die Vermeidung der Stand-by-Funktion trägt zum Stromsparen bei.
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