Aus für die EEG-Vergütung für Solaranlagen? Habeck fordert grundlegende Reform
100 Gigawatt (GW) an installierter Leistung verteilt auf 4,8 Millionen Anlagen und ein Anteil von 15 Prozent an der Nettostromerzeugung 2024. Das sind die aktuellen Kennzahlen der stromerzeugenden Solaranlagen in Deutschland. Der Ausbau schreitet schnell voran: Allein im vergangenen Jahr gab es einen Rekordbau von rund 16 GW.
Doch der rasche Ausbau der Photovoltaik (PV) hat auch seine Schattenseiten, so etwa die zeitlich ungleichmäßige Stromproduktion der Solaranlagen. Nachts liefern sie keinen Strom und bei bedecktem Wetter nur sehr wenig. Ihre Tagesspitzenwerte erzielen sie zudem nur in den Mittagsstunden.
Diese sind besonders in den Sommermonaten sehr hoch. So haben die deutschen PV-Anlagen im vergangenen Sommer zur Mittagszeit teils über 44 GW ins Netz eingespeist. Das entsprach rund drei Viertel des Verbrauchs des ganzen Landes.
Habeck: „Brauchen bessere Vermarktungslösung“
Diese zeitweise Einspeisung der Solaranlagen führt zu Überlastungen der Netze und wird immer häufiger zu einer Herausforderung für die Netzbetreiber.
Diese Entwicklung erkannte der noch amtierende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Gegenüber der „Passauer Neuen Presse“ sprach sich der Kanzlerkandidat kürzlich für eine Reform der EEG-Vergütung [Anm. d. Red.: Erneuerbare-Energien-Gesetz] aus. Um den aktuellen Solarboom netzdienlich einzubremsen, forderte er die schnelle Beendigung dieser Einspeisevergütung für Solaranlagen. Dazu sagte er:
Wir brauchen eine bessere Vermarktungslösung. Wer Strom ständig in ein überlastetes Netz einspeist, erhält dann weniger Geld – das ist Marktwirtschaft.“
Seiner Aussage nach sollten die garantierten Vergütungspreise sinken. „Das erfordert ein Umdenken: Weg von konstanten Strompreisen hin zu flexiblen Tarifen“, schilderte Habeck. Zur Mittagszeit, wenn viel Solarstrom im Netz ist, wäre die Vergütung entsprechend niedrig, abends und nachts hingegen deutlich höher.
Das soll die Anlagenbetreiber motivieren, ihren generierten überschüssigen Solarstrom vermehrt in ein Batteriesystem einzuspeichern. Am Abend, wenn der Strombedarf noch hoch ist, aber die Leistung der Solaranlagen abgenommen hat, kann der gespeicherte Strom dem Netz abgegeben werden. Habeck teilte jedoch nicht mit, ob er dies nur für neue oder auch für Bestandsanlagen vorsieht.
Ebenso schilderte der Vizekanzler, dass mit einer Senkung der Vergütungspreise viele Betreiber darüber nachdenken, „ihre Solaranlagen nicht nur nach Süden, sondern auch nach Osten und Westen auszurichten, um zu profitableren Zeiten Strom zu erzeugen“. Eine Ausrichtung nach Ost oder West reduziert den Jahresertrag einer Anlage. Mit einem anderen Vergütungskonzept kann das aber finanziell dennoch rentabel sein – und die Netze entlasten.
Altes Konzept …
Das aktuelle Vergütungskonzept motiviert dazu, eine möglichst hohe Stromausbeute zu erzielen. Es ist zudem so ausgelegt, dass viele Anlagen den überschüssigen Strom, der nicht im Gebäude selbst benötigt wird, in das öffentliche Stromnetz einspeisen. Dafür gibt es einen festgelegten Vergütungspreis.
Dieses Konzept stammt noch aus der Anfangszeit des Ausbaus der Photovoltaik. Nur der Preis änderte sich regelmäßig. Damals sollte dies ein Anreiz für die Menschen sein, eine PV-Anlage zu installieren. Die Vergütungspreise waren noch deutlich höher als heute. Pro eingespeister Kilowattstunde (kWh) erhielten die Anlagenbetreiber in den Jahren 2000 und 2001 noch 50,62 Cent. Das war gesetzlich garantiert für das laufende Jahr der Installation plus weitere 20 Jahre.
Im Laufe der Jahre sanken diese Einspeisevergütungen kontinuierlich. Für in diesem Jahr neu installierte Anlagen bis 10 kWp (Kilowatt Peak, Nennleistung) gibt es nur noch 8,03 Cent pro kWh – ebenfalls für 20 Jahre. Für größere Anlagen sind die Vergütungspreise geringer. Das bedeutet, dass PV-Betreiber, deren Anlage noch nicht ganz 20 Jahre alt ist, teils noch Einspeisevergütungen von mehr als 40 Cent aus dem EEG-Konto erhalten.
Im vergangenen Jahr kostete der finanzielle Ausgleich dieses Kontos die Steuerzahler rund 18,5 Milliarden Euro. Wenn sich die Anzahl der Solaranlagen weiterhin so schnell wie jetzt erhöht, steigen auch diese Kosten immer weiter an.
… neue Situation
Doch inzwischen ist die Situation eine vollkommen andere als noch vor 10 oder 20 Jahren. Damals hatten die Erneuerbaren nur einen geringfügigen Anteil an der Stromproduktion. Heute gehören Wind und Solar bereits zu den führenden deutschen Energiequellen.
Allerdings kann man die Windstärke und den Sonnenschein über Deutschland nicht dem Strombedarf anpassen. Dennoch sollten sich Stromerzeugung und -bedarf in jeder Sekunde die Waage halten, damit das Netz stabil bleibt. Somit erscheint ein neues Konzept, das die Stromproduktion von Solaranlagen besser verteilt, durchaus sinnvoll.
Andererseits kommt diese Ankündigung für viele Menschen überraschend, zumal sich viele nur wegen der garantierten Einspeisevergütungen für eine PV-Anlage entscheiden.
Debatte um Strompreiszonen
Überdies sprach Habeck auch die geplante Entscheidung der Europäischen Union an, Deutschland in zwei Strompreiszonen aufzuteilen. Er sagte: „Der Norden zahlt höhere Strompreise – aus Solidarität mit Bayern.“ Bei einer Aufteilung Deutschlands in einen Nord- und einen Südteil würde der Strom im Norden weniger kosten. Das könnte gravierende Folgen für die Wirtschaft haben.
Habeck übte Kritik an der Energiepolitik Bayerns. Das Bundesland habe seine Energiewende lange verzögert. Trotz dieser Diskrepanz sagte Habeck, dass er an dem Erhalt einer einheitlichen Strompreiszone festhalten wolle. Dabei warnte er den Süden gleichzeitig vor zunehmendem Ärger im Norden, falls Bayern das Ausbautempo nicht anzieht.
Insgesamt wäre auch der schnellere Ausbau der Stromnetze vorteilhaft für die Netzstabilität – und stabilere Preise.
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