Der erste Tag zwischen Blockaden und Applaus: AfD will drastische Verschärfung der Migrationspolitik

Mit deutlicher Verspätung startete am Samstag der AfD-Parteitag den ersten Tag in Riesa, weil Demonstranten die Anreise hunderter Delegierter blockierten. AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla übte scharfe Kritik an den Protesten, während Alice Weidel erst nach der Auflösung einer Sitzblockade und Polizeieinsatz in die Halle gelangen konnte.
AfD-Co-Chefin Alice Weidel (r.) soll die AfD als Kanzlerkandidatin den Bundestagswahlkampf führen.
Erstmals in Parteigeschichte: In Riesa wurde Alice Weidel heute offiziell zur Kanzlerkandidatin ihrer Partei nominiert.Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 11. Januar 2025

Mit mehr als zwei Stunden Verspätung hat am Samstagmittag der AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa begonnen. Wegen zahlreicher Blockaden durch Gegendemonstranten hatte sich die Anreise vieler der rund 600 Delegierten verzögert.

Ursprünglich sollte der Parteitag am Vormittag um 10 Uhr beginnen. Wenige Minuten nach 12 Uhr eröffnete AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla den Bundesparteitag und sprach von einer beschwerlichen Anreise für die Delegierten. Den Demonstranten machte Chrupalla zur Eröffnung des Parteitags schwere Vorwürfe. Wer Parteitagsteilnehmer bedrohe und Polizisten angreife, verhalte sich wie „Antidemokraten und Terroristen“, sagte er. Chrupalla dankte den Sicherheitskräften für ihren Einsatz.

Wie die „Tagesschau“ berichtete, seien verschiedene Mitglieder des Bundesvorstands am Morgen in einem Bus unter Polizeischutz problemlos angereist.

Weidels Auto von Demonstranten blockiert

Chrupallas Co-Sprecherin Alice Weidel geriet mit ihrem Auto bei der Anreise zum Tagungsort in eine Straßenblockade. Wie ein Video, das in den sozialen Netzwerken geteilt wurde, zeigt, setzten sich Demonstranten auf die Straße, um so die Partei- und Fraktionschefin am Erreichen der Kongresshalle in Riesa zu behindern. Die Polizei räumte die Blockade unter Einsatz von körperlichem Zwang und gewährleistete so die Weiterfahrt der AfD-Politikerin.

Die „Junge Freiheit“ spricht in ihrem Post auf X von einem Angriff auf das Auto von Alice Weidel. Angriffe über die Blockade hinaus sind allerdings auf dem Video nicht zu erkennen.

 

Auch auf einem anderen Video, das augenscheinlich eine Anwohnerin gemacht hat und das ebenfalls auf X geteilt wurde, ist zwar die Blockade der Straße, nicht aber ein gewalttätiger Angriff auf das Auto von Alice Weidel zu erkennen.

 

20-Prozent-Marke hinter sich lassen

Zu Beginn des Parteitags stimmte Tino Chrupalla seine Partei mit einem ehrgeizigen Ziel auf die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Mit Blick auf die Umfragewerte seiner Partei sagte der Partei- und Fraktionschef:

Jetzt müssen wir die 20-Prozent-Marke hinter uns lassen und weiter klettern.“

Ein solches Wahlergebnis am 23. Februar solle dazu führen, dass die Parteichefin und designierte Kanzlerkandidatin „Alice Weidel die zehnte Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland ist“.

Chrupalla erinnerte an die drei Landtagswahlen im vergangenen September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo die AfD jeweils hohe Zugewinne verbuchen konnte. Die Wahlkämpfe hätten „unserer Partei Auftrieb gegeben“, sagte Chrupalla. „Wir kämpfen weiter mit Ausdauer und Geduld.“

Der jüngste „Sonntagstrend“ des Meinungsforschungsinstituts INSA sieht die AfD bei 22 Prozent, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre. Das reicht im Moment nicht, um die für die Regierung notwendige absolute Mehrheit zu stellen. Andere Parteien schließen bisher eine Koalition mit der AfD kategorisch aus.

Weidel offiziell erste AfD-Kanzlerkandidatin

Einstimmig und unter donnerndem Applaus wählten die Delegierten der AfD im Anschluss die Parteivorsitzende Alice Weidel zu ihrer Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl. Zur Kanzlerkandidatin wurde Weidel per Akklamation durch Aufstehen gekürt. Eine Abstimmung mit Auszählung der Stimmen gab es nicht.

Nach ihrer Kür zur Kanzlerkandidatin stellte Alice Weidel in ihrer anschließenden Rede einen radikalen Kurswechsel in der deutschen Politik in Aussicht. Sollte ihre Partei in Regierungsverantwortung kommen, würden die deutschen Grenzen „dicht“ gemacht und es werde „Rückführungen in großem Stil“ geben, kündigte Weidel in Riesa an. Dabei machte sie sich ausdrücklich auch den umstrittenen Begriff „Remigration“ zu eigen: „Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration“, sagte sie unter dem Jubel der Delegierten.

Auch für andere Politikbereiche strebt die AfD laut ihrer Kanzlerkandidatin eine drastische Kursumkehr an. Eine AfD-Regierung würde „alle Windräder niederreißen“, kündigte Weidel an. „Nieder mit diesen Windmühlen der Schande“, so die AfD-Politikerin. Eine AfD-Regierung würde funktionsfähige Kernkraftwerke „natürlich wieder ans Netz nehmen“.

Weiter stellte Weidel zudem Einschnitte in die Wissenschaftsfreiheit in Aussicht. „Wir schließen alle Gender Studies und schmeißen alle diese Professoren raus“, so Weidel. Die Kanzlerkandidatin beklagte, dass Universitäten in Deutschland zu „queer-woken Kaderschmieden“ gemacht würden.

Einen großen Raum des ersten Tages nahm die Debatte um das Bundestagswahlprogramm ein. Insgesamt 93 Änderungsanträge lagen dem Parteitag vor. Gut die Hälfte der Änderungsanträge wurde bis Samstagabend abgearbeitet. Der Rest wird dann am kommenden Sonntag zu besprechen sein. Mit dem Wahlprogramm hat die Partei ehrgeizige Pläne vorgelegt, die in vielen Bereichen einen grundlegenden Bruch mit der bisherigen Politik der Bundesrepublik darstellen.

Radikale Verschärfung in der Migrationspolitik

Im Fokus steht eine drastische Verschärfung der Migrationspolitik. Die Partei fordert Rückführungsinitiativen und die Einrichtung von Gewahrsamszentren an den Grenzen, um Asylverfahren ins Ausland zu verlagern. Sozialleistungen für Asylbewerber sollen reduziert und in Sachleistungen umgewandelt werden. Außerdem plant die AfD, ausländische Gewalttäter konsequent auszuweisen, Gefährder präventiv zu inhaftieren und die Strafmündigkeit auf zwölf Jahre abzusenken.

Europa, Außenpolitik und traditionelle Werte

In der Europapolitik strebt die AfD einen fundamentalen Kurswechsel an. Sie lehnt die Europäische Union in ihrer derzeitigen Form ab und plädiert für ein „Europa der Vaterländer“. Deutschland solle sowohl aus der EU als auch aus dem Euro austreten und eine nationale Währung einführen.

Außenpolitisch setzt die AfD auf pragmatische Beziehungen zu den Großmächten USA, China und Russland. Sie fordert einen neutralen Status für die Ukraine, der eine Zugehörigkeit zu NATO oder EU ausschließt, und lehnt Wirtschaftssanktionen gegen Russland entschieden ab. Gleichzeitig bleibt die Partei der NATO-Mitgliedschaft treu, bis ein eigenständiges europäisches Militärbündnis aufgebaut ist.

Gesellschaftspolitisch betont die AfD ein traditionelles Familienbild. Sie will Abtreibungen deutlich einschränken und die Förderung von Transgender-Themen zurückfahren. Im Arbeitsmarkt setzt die Partei auf eine „aktivierende Grundsicherung“ als Ersatz für das Bürgergeld, verbunden mit strengeren Bedingungen und einer verstärkten Integration arbeitsfähiger Bürgergeldempfänger in den Arbeitsmarkt.

Energiepolitik und Reform der Bundeswehr

Im Bereich Energie und Klima bleibt die Partei skeptisch gegenüber der Theorie des menschengemachten Klimawandels und fordert einen Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. In der Energiepolitik setzt sie auf die Wiederherstellung der Nord-Stream-Gasleitungen und ein Ende der „einseitigen Bevorzugung von Elektromobilität“.

Schließlich plant die AfD eine umfassende Reform der Bundeswehr, die ihrer Meinung nach in einem „desolaten Zustand“ sei. Sie soll sowohl materiell als auch ideell gestärkt werden, mit einem Fokus auf Traditionen und einen starken Korpsgeist. Kritisch äußert sich die Partei zur Abgabe von Waffen an die Ukraine, da diese die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands geschwächt habe.

Diskussion um Junge Alternative (JA)

Ein kontroverser Punkt am Sonntag dürfte die Diskussion um den AfD-Nachwuchs werden: Die AfD-Spitze will die Jugendorganisation Junge Alternative (JA), die der Verfassungsschutz als „gesichert extremistische Bestrebung“ einstuft, durch eine neue Organisation mit dem Namen „Patriotische Jugend“ ersetzen, die enger an die Partei gebunden ist. Durch die Reform erhofft sich die AfD-Spitze nach eigener Aussage mehr Durchgriff etwa bei Fehlverhalten. Für den Beschluss wäre eine Zweidrittelmehrheit des Parteitags notwendig.

(Mit Materialien von Agenturen)



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