„Netto Null“ könnte schlimmere Auswirkungen haben als COVID-Lockdowns
Die Energiewende für eine Kugel Eis und „Netto Null“ für ein bis zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). So lauteten die Versprechen der Energiewende. Die Zukunft wird anders aussehen, erklärt Andrew Montford, Leiter der britischen Organisation Net Zero Watch und Autor von „The Hockey Stick Illusion“ – und sie habe bereits begonnen.
Einerseits „beginnen die Menschen zu begreifen, dass es nicht billig, sondern katastrophal teuer werden wird“, so Montford im Interview. Andererseits bestehe die einzige reale Möglichkeit, den Energieverbrauch zu senken, darin, Energie „in der einen oder anderen Form zu rationieren“. Wie das gehen könnte?
„Uns allen wird gesagt, dass wir intelligente Zähler in unseren Häusern haben müssen. Das ermöglicht der Regierung, Geräte in Ihrem Haus abzuschalten, wenn der Wind nicht weht. Man spricht nicht gerne darüber, aber genau das wird passieren. Die gesamte Regierungsmaschinerie dient nicht mehr den Menschen, sondern lenkt die Menschen.“
The Epoch Times: Andrew Montford, willkommen bei American Thought Leaders.
Andrew Montford: Danke für Ihre Einladung.
Ich verfolge Ihre Arbeit schon seit einiger Zeit und möchte die Gelegenheit nutzen und über zwei Dinge mit Ihnen sprechen: Erstens über den Bericht der US-Regierung, in dem es zum Beispiel darum geht, die Sonneneinstrahlung zu reduzieren, indem bestimmte Materie in die Atmosphäre freigesetzt wird. Zweitens haben Sie eine neue Studie veröffentlicht, die sich mit den neuesten Klimamodellen der NASA befasst. Beginnen wir mit der Abschaltung der Sonne, um es mal ganz platt zu sagen. Was ist Ihre Meinung dazu?
Das halte ich für völlig verrückt. Es gibt immer wieder solche Ideen. Ich erinnere mich, dass vor Jahren darüber diskutiert wurde, riesige Spiegel im Weltall zu bauen, um einen Teil des Sonnenlichts von der Erde weg zu reflektieren. Diese Idee war nicht viel besser als diese hier.
Vor kurzem gab es in Großbritannien die Überlegung, das Meer mit einer Chemikalie zu füllen, die Algen wachsen lässt, damit sie einen großen Teil des Kohlendioxids aus dem Wasser binden. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich bei diesen Ideen um reine Wohltätigkeit handelt oder um den Versuch, Schlagzeilen zu machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jemals realisiert werden.
Sprechen wir über Ihre Organisation Net Zero Watch. Ich möchte den Leuten eine Vorstellung davon geben, aus welchem Bereich Sie kommen.
Net Zero Watch gibt es seit einigen Jahren. Davor haben wir einige Jahre unter einem anderen Namen gearbeitet. Wir sind eine Kampagnen-Organisation mit Sitz in London. Unser Fokus liegt darauf, all die Fragen zu Netto Null zu stellen, die die Mainstream-Medien lieber nicht stellen. Zuletzt haben wir uns sehr stark auf die Kosten von Netto Null konzentriert.
Ich bin gelernter Buchhalter, daher kann ich die Behauptungen, die auf der finanziellen Seite aufgestellt werden, ziemlich leicht infrage stellen. Bis vor einigen Jahren waren unser Erfolg nur mäßig und die Presse hatte kein Interesse an uns. Doch als die COVID-Pandemie und die Lockdowns begannen und vor allem mit dem Krieg in der Ukraine und die Energiepreise in die Höhe schossen, bekamen wir plötzlich viel Aufmerksamkeit. Plötzlich wollten die Medien ständig mit uns reden.
Eines der Dinge, unter denen wir sehr leiden, ist, dass wir von Umweltschützern und grünen Aktivisten so schlecht gemacht wurden, dass viele Leute in den Mainstream-Medien sich nicht mehr trauen, mit uns zu sprechen. Sie wissen, dass, wenn sie mit uns sprechen und unsere Ansichten veröffentlichen, sofort Beschwerde bei der Regulierungsbehörde eingereicht werden würde.
Ich bin mir nicht sicher, ob Ihre Zuschauer wissen, dass wir in Großbritannien eine Presseaufsichtsbehörde haben, die eigentlich gar nicht so übel ist. Sie unterdrückt nicht wirklich abweichende Meinungen, aber das Verfahren, das man durchlaufen muss, ist das Schlimmste. Der arme Journalist muss sich monatelang dafür rechtfertigen, dass er uns Sendezeit gegeben hat. Das hat gereicht, um die Medien so zu verschrecken, dass sie nicht mehr viel mit uns reden wollen.
Ihr Ziel ist es, ein klares Bild von den Auswirkungen der Netto Null-Politik zu zeichnen, die sich in den vergangenen Jahren herausgebildet hat.
Absolut. Wie ich schon sagte, konzentrieren wir uns besonders auf die Kosten von Netto Null. Wir haben die Berechnungen der Behörden in London eingehend geprüft. Wir haben unseren Ausschuss für Klimawandel, der im Wesentlichen der offizielle Berater der Regierung in dieser Frage ist. Sie sagten: „Netto Null wird nur ein bis zwei Prozent des BIP kosten.“ Wir haben einige Jahre damit verbracht, im Rahmen der Informationsfreiheit die zugrunde liegenden Berechnungen zu finden, und als wir sie gefunden hatten, waren sie beschämend.
Sie waren völlig absurd. Besonders amüsant war die Behauptung, man könne ein Elektroauto für etwa 11.000 Britische Pfund [Anm. der Red.: knapp 13.000 Euro] kaufen. Wenn Sie heute in ein Autohaus gehen, bekommen Sie keines unter 25.000 Pfund [ca. 30.000 Euro]. Diese Art von Unsinn ermöglichte es ihnen, diese sehr niedrigen Kostenschätzungen zu machen.
Ich glaube nicht, dass das noch jemand glaubt. Einige der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben die Kosten für Netto-Null-Projekte inzwischen viel, viel höher angesetzt. Die Menschen beginnen zu begreifen, dass es nicht billig, sondern katastrophal teuer werden wird. Ich habe begonnen, die Kosten von Netto Null mit den Kosten der globalen Erwärmung zu vergleichen. Es gibt Zahlen darüber, was die globale Erwärmung kosten und welche Schäden die Freisetzung einer Tonne Kohlendioxid verursachen wird. Die offizielle Schätzung der US-Regierung liegt bei etwa 100 Dollar (ca. 90 Euro).
Wir geben jedoch bereits mehr als das Doppelte aus, um unser Stromsystem zu dekarbonisieren. Eine Tonne Kohlendioxid kostet bereits 200 Pfund [ca. 230 Euro]. Wir sind noch nicht am Ende, und es wird noch schwieriger werden. Das zeigt, dass das, was wir tun, im Grunde irrational ist. Es gibt einige sehr interessante Fragen darüber, warum wir Dinge tun, die offensichtlich irrational sind.
Ein gutes Stichwort, um zur Abschaltung der Sonne zurückzukommen. Was mich beunruhigt, ist die Tatsache, dass es zwar eine Reihe von Technologien gibt, die verhindern könnten, dass die gesamte Sonnenstrahlung die Erde erreicht. Es jedoch nicht klar ist, ob das der einzige Effekt dieser Technologien wäre. Ich habe den Eindruck, dass es sich hier um großangelegte Experimente mit unbekannten Ergebnissen handelt.
Die Klimawissenschaftler sind in dieser Hinsicht ziemlich anmaßend. Sie glauben, dass sie das Klimasystem vollständig verstehen und deshalb auch wissen, welche Auswirkungen diese Art von Geoengineering hat. In Wirklichkeit verstehen sie das Klimasystem nur sehr begrenzt. Es gibt ganze Bereiche, in denen sie sehr wenig wissen.
Sie können auf die Wolken verweisen. Das ist ein offensichtliches Beispiel: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es fast unmöglich ist, Wolken zu modellieren, die ein sehr wichtiger Teil des Klimasystems sind. Wenn sie sagen, dass sie Staub in die Atmosphäre einbringen werden, um die einfallende Sonnenstrahlung zu reduzieren, haben sie keine Ahnung, welche Auswirkungen das überhaupt haben wird.
Das ist möglicherweise ein riesiges Experiment mit dem Klimasystem mit möglicherweise katastrophalen Folgen. Ich hoffe, dass sich die Vernunft durchsetzt und aus der Idee nichts wird.
Mögliche Probleme beschreiben Sie auch in Ihrem Artikel über die neueste Modellierung der NASA. Haben wir ein übermäßiges Vertrauen in Modelle, die oft sehr falsche Variablen enthalten können?
Genau, wir haben gerade einen Kurzartikel veröffentlicht, in dem wir einige der Computercodes überprüft haben, die im Klimamodell „ModelE“ der NASA verwendet werden. Ich bin seit fast 15 Jahren in der Klimawissenschaft tätig, und selbst ich war schockiert, wie schlecht diese Modellierung war.
Der Artikel zeigt auf, dass sie nicht in der Lage sind, herauszufinden, was in bestimmten Bereichen des Klimasystems falsch läuft. Sie bekommen Antworten, die absurd sind, aber sie können nicht herausfinden, wie man das Problem lösen kann.
Zum Beispiel erhalten sie immer wieder inkorrekte Prozentwerte für die Wolkenbedeckung, also den Anteil des Himmels, der von Wolken bedeckt ist. Der Prozentsatz ist negativ und sie können nicht herausfinden, warum. Alles, was sie tun, ist, eine Codezeile einzufügen, die besagt: „Wenn der Wert negativ wird, mache ihn ein wenig positiv.“ Aber die Wolken sind der wichtigste Einflussfaktor im gesamten Klimasystem.
Das hat enorme Auswirkungen auf die Vorhersagen der Klimamodelle. Ja, die Klimamodelle sind extrem schlecht, und das gilt nicht nur für die Klimamodelle. Das ist ähnlich wie bei der Pandemie, oder? Zu Beginn der Pandemie habe ich viel Zeit damit verbracht, die Prognosen für die Todesfälle in Großbritannien zu verfolgen.
Es ist allgemein bekannt, dass Politiker viel zu sehr dazu neigen, das zu glauben, was ihnen Wissenschaftler auf der Basis von Computermodellen erzählen. Wissenschaftler glauben, die Zukunft vorhersagen zu können.
Das hat im Wesentlichen zu dem Lockdown geführt, weil es besagte, dass wir innerhalb weniger Monate Hunderttausende Tote haben würden. Aber schon zwei Tage nach der Veröffentlichung der Prognose lag die tatsächliche Zahl der Todesopfer außerhalb des Konfidenzintervalls der Vorhersage. Leute, die Pandemien modellieren, werden ziemlich schnell enttarnt.
Diese Leute sind [für Ihre Modellierung] nicht rechenschaftspflichtig, denn wenn sich die Vorhersage als völlig falsch herausstellt, dann ist das doch eine gute Nachricht, oder? Die Zahl der Todesfälle war nicht annähernd so schlimm, wie wir dachten.
Klimamodellierer machen Vorhersagen, die 50 oder 100 Jahre in der Zukunft liegen, sodass sie niemals für ihre Vorhersagen verantwortlich gemacht werden können, wenn sie falschliegen. Aber die Maßnahmen, die wir ergreifen sollten – ich spreche hier von Klimaveränderungen durch Geoengineering – sind potenziell katastrophal. Dagegen sind die Auswirkungen von Lockdowns nichts. Das ist viel gravierender und doch ist es viel schwieriger, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Es ist interessant, das zu erwähnen. Das Scheitern der COVID-Modelle, die die Zahl der Todesopfer dramatisch überschätzten, hat viele Menschen dazu veranlasst, auch über Klimamodelle nachzudenken.
Nicht nur das, viele Menschen sind regelrecht verärgert über die Fehlprognosen der COVID-Modelle. Sie fragen sich nun, ob die Klimamodelle auch so ungenau sind. Das hat uns sehr geholfen, denn es hat viel dazu beigetragen, unseren Ruf wiederherzustellen. Die Umweltschützer haben viel Zeit damit verbracht, unsere Arbeit zu diffamieren, aber jetzt gibt es eine Menge Leute, die hören wollen, was wir zu sagen haben. Das war sehr wichtig.
Es gibt viele Corona-Skeptiker, die jetzt Klimaskeptiker sind. Ich habe sogar erlebt, dass Leute, die früher gegen Klimaskeptiker gewettert haben, jetzt sagen: „Vielleicht ist der Klimawandel doch nicht so schlimm, wie ich dachte, und vielleicht haben sie recht.“ Ja, das ist ein weiterer Faktor, der die Klimadebatte in Großbritannien verändert hat.
Jetzt gibt es nicht nur in den USA den sogenannten Green Deal. Im Grunde handelt es sich dabei um eine ganze Reihe von Maßnahmen, die bereits auf unterschiedliche Weise umgesetzt wurden. In Deutschland wurden trotz ihrer geringen Stromerzeugungskosten, alle Kernkraftwerke abgeschaltet. Wie hoch sind die gesellschaftlichen Kosten für die Umsetzung des Green Deal?
Die große politische Vision ist, dass wir die Wirtschaft vollständig dekarbonisieren wollen. Das bedeutet im Wesentlichen, dass wir uns von fossilen Brennstoffen verabschieden und sie durch Technologien ersetzen, die auf Elektrizität basieren. In Großbritannien wird Strom durch Windenergie erzeugt.
Seit der Einführung dieser Maßnahmen, die in Großbritannien etwa von 2003 bis zum Ausbruch des Ukraine-Krieges erfolgte, haben sich die Strompreise verdoppelt, und die Verbraucher und die Industrie begannen, dies zu spüren. In dieser Zeit brach ein großer Teil der britischen Produktion weg. Alle waren in den Fernen Osten abgewandert, und nur sehr hochwertige Produkte waren wirklich übrig geblieben.
Dann kam der Krieg in der Ukraine und die Energiepreise stiegen ins Unermessliche, was die Menschen sehr zu spüren bekamen. 2023/24 werden wir einen ähnlichen Winter erleben. Der Schmerz wird sehr groß sein, und das wird die Menschen zum Umdenken bewegen.
Ein Teil des Problems besteht darin, dass man keinen billigen Strom haben kann, wenn man von der Windenergie abhängig ist, weil sie so variabel ist und weil wir keine Technologie haben, die die Lücken füllt, wenn der Wind nicht weht. Im Grunde setzt man darauf, dass jemand einen Weg findet, Energie zu speichern, damit wir eine Reserve haben, wenn der Wind nicht weht.
Jemand hat mal gesagt: „Das ist so, als würde man ohne Fallschirm aus einem Flugzeug springen und hoffen, dass jemand auf dem Weg nach unten einen erfindet.“ Das ist völlig irrational, aber genau das tun wir. Die Elektrisierung der Gesellschaft bedeutet, benzinbetriebene Autos durch Elektroautos zu ersetzen, was wiederum nicht durchdacht ist. Die Stromkabel unter den Straßen, das Verteilernetz, wie man es nennt, werden nicht die Menge an Strom transportieren, die nötig ist, damit alle ihre Elektroautos aufladen können. Diese Politik wird scheitern.
Wir sollen alle unsere Gasheizungen durch elektrische Wärmepumpen ersetzen. Auch das will niemand tun, weil es teurer ist, Häuser mit Wärmepumpen zu betreiben als mit Erdgas, obwohl die Regierung den Leuten riesige Bestechungsgelder zahlt. Man kann Tausende von Pfund für den Einbau einer Wärmepumpe bekommen, aber die Summen gehen einfach nicht auf.
Die Leute sehen sich das an und sagen: „Ich bekomme mein Geld nie zurück, nicht einmal mit den Subventionen.“ Auch diese Politik wird enden. Mit dem Ende der Pandemie und all dem Geld, das dafür ausgegeben wurde, wird die Regierung nicht mehr in der Lage sein, den Menschen weiterhin Subventionen zu zahlen.
Wir stehen an einem Scheideweg, und welche Regierung auch immer an die Macht kommt, sie wird nicht so weitermachen können wie bisher. Sie wird sich mit den Umweltschützern anlegen und sagen müssen: „Wir werden etwas anderes machen.“ Im Moment scheint es in Großbritannien keine Politiker zu geben, die mutig genug sind, dies zu tun.
Beim Umweltschutz gilt es zwischen Klima und Umwelt, beispielsweise Plastikmüll im Pazifik, zu unterscheiden. Häufig steht Klimapolitik sogar im Widerspruch zu anderen Bereichen, die als Umweltpolitik gelten.
Absolut. Es hat mich schon immer amüsiert, dass Umweltschützer und Umweltgruppen, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, so versessen auf erneuerbare Energien sind, die schreckliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Die Königliche Gesellschaft für Vogelschutz ist von der Windenergie sehr angetan, aber Windturbinen töten bekanntlich viele Vögel. Man kann darüber streiten, ob mehr oder weniger Vögel durch Katzen getötet werden, aber sie töten Vögel.
Sie töten Vögel, weil Onshore-Windkraftanlagen auf Bergen gebaut werden. Sie töten eher seltene Vögel wie Greifvögel, genau die Arten, um die Vogelkundler besonders besorgt sind. Trotzdem unterstützen sie das Projekt. Sie sprechen davon, einen beträchtlichen Teil des Landes mit Solarzellen zu bedecken, was auch nicht gut für die Umwelt ist und in einem bewölkten Land wie Großbritannien ohnehin nicht viel Strom erzeugt.
Auch hier gibt es ein Gefühl der Irrationalität. Die Leute tun das, weil sie das Gefühl haben, dass sie dem Club der Erderwärmer beitreten müssen. Fairerweise muss man sagen, dass sie viel Kritik einstecken müssten, wenn sie es nicht täten. Also machen sie mit.
Wie passt die Kernenergie in dieses Bild? Sie scheint in gewisser Weise eine Lösung zu sein, zumindest für diejenigen, die sich mit der globalen Erwärmung befassen.
In Großbritannien gibt es einige in der Regierung, die der Meinung sind, dass es gut wäre, mehr Kernenergie zu haben. Wir hatten schon immer einige Kernkraftwerke, aber die sind jetzt ziemlich alt und müssen in den nächsten Jahren abgeschaltet werden. Aber es hat sich herausgestellt, dass wir kaum in der Lage sind, neue Kernkraftwerke zu bauen. Das liegt zum Teil daran, dass die Umweltschützer aus Gründen, die nicht ganz klar sind und sicherlich nicht ganz rational erscheinen, gegen die Kernenergie sind.
Kernenergie ist kohlenstofffrei. Man könnte meinen, wenn man sehr, sehr besorgt über die globale Erwärmung ist, wäre die Kernenergie eine gute Idee. Wir haben zwei neue Kernkraftwerke im Bau, aber sie liegen weit über dem Budget und sind im Moment sehr problematisch. Meiner Meinung nach wären kleine modulare Kernreaktoren, wie sie einige amerikanische Firmen und Rolls-Royce in Großbritannien bauen wollen, wahrscheinlich die bessere Wahl, aber die Umweltschützer werden dagegen Sturm laufen.
Es gibt aber auch eine Bewegung innerhalb der Umweltbewegung, die sich pronuklear nennt. Sie findet immer mehr Gehör, weil jeder, der sich ernsthaft mit erneuerbaren Energien beschäftigt hat, weiß, dass sie nicht die Lösung sein können. Wenn wir günstige, modulare Kernreaktoren bekommen können, dann sollte das etwas sein, worauf sich vernünftige Umweltschützer und Skeptiker wie ich einigen können. Das wäre ein Weg nach vorn.
Sie haben erwähnt, dass es vor allem seit dem russisch-ukrainischen Krieg eine Verschiebung in eine ganz andere Richtung gegeben hat. Können Sie das näher erläutern? Inwiefern beginnt man anders zu denken?
Es war schon immer sehr riskant für die Länder in Mitteleuropa einschließlich Deutschland, sich so stark auf russisches Erdgas zu verlassen – und vor allem für die Deutschen, auch noch so viele Atomkraftwerke abzuschalten. Das war völlig irrational. Das Ergebnis war, dass die Deutschen, als der Krieg in der Ukraine begann, viele Kohlekraftwerke wieder in Betrieb nehmen mussten, die Braunkohle verbrennen, die so ziemlich die schmutzigste Energieform ist, die man sich vorstellen kann. Nur so konnten sie die Stromversorgung aufrechterhalten.
Aber ja, jeder in Europa beginnt ernsthaft über Energiesicherheit nachzudenken, auch im militärischen Sinne. Jemand könnte ihre Pipeline in die Luft jagen, wie wir es in der Ostsee gesehen haben, und das gilt auch für Windparks. Wir haben viele Offshore-Windparks.
Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, den wir im Auge behalten müssen. Aber wenn der Wind nicht weht, woher soll dann die Energie kommen? Überall in Europa haben die Länder gesagt: „Wir werden eine Verbindungsleitung zu einem anderen Land haben, und die werden uns Strom schicken“. Aber wir haben im letzten Winter gesehen, wenn der Wind in Großbritannien nicht weht, weht er nirgendwo in Westeuropa.
In ganz Westeuropa kann es zu Windflauten kommen. Dann stürzt sich jeder in einen Bieterkrieg um eine sehr begrenzte Strommenge, und am Ende muss man die Stromverbraucher trotzdem abschalten. Das wird passieren. Wir geben bereits viel Geld dafür aus, dass Fabriken ihre Anlagen stilllegen, und uns allen wird gesagt, dass wir intelligente Zähler in unseren Häusern haben müssen.
Anstelle des alten Stromzählers, der nur zählt, wie viele Kilowattstunden Sie verbraucht haben, werden Sie einen intelligenten Zähler haben, der mit der Zentralregierung verbunden ist und es ihr ermöglicht, Geräte in Ihrem Haus abzuschalten, wenn der Wind nicht weht. Man spricht nicht gerne darüber, aber genau das wird passieren.
Das Ladegerät Ihres Elektrofahrzeugs wird abgeschaltet, wenn der Wind nicht weht. Sie können Ihren Kühlschrank für ein paar Stunden abschalten und vielleicht ist er dann in Ordnung, und vielleicht tauen Ihre Lebensmittel in dieser Zeit nicht auf. Wenn es hart auf hart kommt, wenn es wirklich schlimm wird, können sie Ihre Heizung abschalten. Sie haben eine Wärmepumpe, und die kann man einfach abschalten.
In Westeuropa kann es vorkommen, dass drei Wochen lang praktisch kein Wind weht. Ich erinnere mich besonders an den Winter 2009/10 in Großbritannien, als wir drei Wochen lang Temperaturen zwischen minus 5 und minus 10 [Grad Celsius] hatten und es nahezu windstill war. Ich lebe in Schottland, und hier gibt es mitten im Winter keine Solarenergie.
Bei so einer Wetterlage würde eigentlich alles abgeschaltet werden. Es schaudert mich, wenn ich mir vorstelle, was passiert wäre, wenn man sich in diesen drei Wochen auf eine elektrische Wärmepumpe verlassen hätte. Das wäre wirklich schrecklich gewesen. Aber wie gesagt, sie tun es trotzdem, weil sie es tun müssen. Das ist es, was nach dem „Netto Null“-Dogma getan werden muss.
In seinem Buch „Apocalypse Never“ beschreibt Michael Shellenberger die allgemeine Vorstellung, dass der Energieverbrauch insgesamt reduziert werden muss. Er argumentiert auch, dass die Nutzung von Energie menschliches Wohlergehen ermöglicht. Das ist sicherlich eine Frage der Ideologie. Sie haben das im Interview angesprochen.
Ja, Shellenberger hat vollkommen recht. Alex Epstein hat das auch schon mehrfach angesprochen. Energie ist nicht einfach eine übliche Handelsware. Sie ist absolut zentral für eine Zivilisation. Zivilisationen basieren auf Energiekraft. Wir haben unseren Pro-Kopf-Energieverbrauch in Großbritannien stark reduziert, weil unsere gesamte Produktionsindustrie ins Ausland abgewandert ist.
Die Leute waren gezwungen, energiesparende Geräte zu kaufen, die zwar teurer waren, aber man sparte ein bisschen Energie. Das war noch erschwinglich. Aber das reicht nicht mehr. Es wird immer schwieriger. Die Realität sieht so aus, dass die einzige Möglichkeit, den Energieverbrauch in dem erforderlichen Maße zu senken, darin besteht, ihn in der einen oder anderen Form zu rationieren.
Ich habe bereits erwähnt, dass das Stromnetz überfordert sein wird, wenn jeder sein Elektroauto auflädt. Wahrscheinlich ist es ihnen egal, denn die Schlussfolgerung ist, dass nicht jeder ein Elektroauto haben wird. Sie werden mit dem Bus und mit dem Zug fahren.
Für Leute wie mich, die auf dem Land leben, sehe ich keine Lösung. Der Privatverkehr wird nur noch für die Reichen erschwinglich sein, genauso wie das Fliegen. Außerdem werden die Ärmeren dafür bezahlt, den Strom abzustellen, wenn er knapp wird. In Großbritannien wird den Menschen bereits Geld angeboten, damit sie ihre Geräte ausschalten, wenn die Strompreise hoch sind.
Das ist keine Welt, in der die meisten Menschen leben wollen. Die meisten Menschen genießen es, im Sommer zwei Wochen in der Sonne zu liegen. Die meisten Menschen fahren gerne mit dem Auto zu ihren Familien und Freunden und machen Campingausflüge. Aber diese Umweltextremisten wollen nicht, dass man so lebt. Das ist beunruhigend, denn ich glaube nicht, dass die Menschen wissen, was auf sie zukommt.
Das klare Ergebnis all dessen, was Sie beschreiben, ist eine viel stärkere staatliche Kontrolle und ein viel stärkeres Eindringen in die persönliche und private Lebenssphäre.
Völlig richtig. Es gibt hier eine große Kontrollagenda. Es gibt hier interessante Parallelen zur Pandemie, denn in Großbritannien gibt es die sogenannte Nudge Unit, die im Wesentlichen eine Abteilung der zentralen Bürokratie war. Sie ist jetzt angeblich unabhängig, aber im Grunde versucht sie, die gleichen psychologischen Techniken anzuwenden, um die Menschen dazu zu bringen, ihr Verhalten so zu ändern, wie die Bürokraten meinen, dass wir unser Verhalten ändern müssen.
Die gesamte Regierungsmaschinerie dient nicht mehr den Menschen, sondern lenkt die Menschen und kontrolliert sie. Das ist eine Art weiche Kontrolle, aber es gibt auch harte Kontrollen wie Rationierung und das Abschalten von Geräten. Es ist eine totalitäre Agenda.
Es ist im wahrsten Sinne des Wortes totalitär, weil jeder Aspekt des Lebens von dieser Agenda betroffen sein wird. Ob Sie Ihre Oma besuchen können oder nicht, wird sich ändern. Sie werden Ihre Eltern nicht mehr so oft sehen, wenn sie 80 Kilometer entfernt wohnen, weil Sie wahrscheinlich kein Auto haben. Es wird eine lange Reise sein, wenn man seine Familie besuchen will. Vielleicht werden die Menschen wieder in Großfamilien leben. Aber ja, es ist mehr oder weniger beängstigend, nicht wahr?
Vielen Dank. Das war ein spannendes Gespräch. Möchten Sie dem noch etwas hinzufügen?
Das Klima und die Netto-Null-Agenda werden in den nächsten Jahren im Zentrum der politischen Bühne stehen. Wir werden sehen, dass sich die Politiker wirklich drehen und wenden müssen, um den eingeschlagenen Kurs beibehalten zu können. Am Ende werden wir einige Kehrtwenden sehen. Das wird sehr interessant.
Das Interview führte Jan Jekielek (redaktionelle Bearbeitung ts).
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