„Spitzenglättung“ könnte Strom für E-Autos und Wärmepumpen rationieren

Die Bundesnetzagentur könnte schon bald im Zuge der „Spitzenglättung“ die Verfügbarkeit von Strom einschränken. Dies träfe vor allem Fahrer von E-Autos und Nutzer von Wärmepumpen.
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Bald Gegenstand der sogenannten Spitzenglättung? Ladung eines E-Autos mittels Ladesäule.Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Von 23. Dezember 2022

Die deutsche „Energiewende“ nimmt zur Erreichung ihrer Null-Emissionsziele eine Verknappung des Stromangebots durch Ausstieg aus Kernkraft und Kohle in Kauf. Gleichzeitig fördert die Politik die Nachfrage nach Strom durch ein erzwungenes Aus für den Verbrennermotor und das Forcieren der E-Mobilität.

Die absehbare Folge: Wärmepumpen und Ladestationen könnten irgendwann das Stromnetz überlasten. Pläne zur sogenannten Spitzenglättung machen im Bundeswirtschaftsministerium schon seit Längerem die Runde – jetzt könnten sie Form annehmen.

Stromnachfrage höher als Angebot

Die „Welt“ spricht von Plänen, die „schon recht konkret“ seien. Eigentlich hatte schon der frühere Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Konzeptpapiere auf dem Tisch, die eine Spitzenglättung vorsahen. Per Gesetz sollten Grundlagen entstehen für das Drosseln der Stromzufuhr für Wärmepumpen und privat betriebene Ladestationen für E-Autos.

Die Spitzenglättung sollte die Antwort sein auf ein Stromnetz, das dem politisch erzeugten Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage nicht mehr gewachsen sein könnte. Proteste aus der Automobilindustrie ließen Altmaier am Ende davor zurückschrecken, das Vorhaben umzusetzen. Immerhin war die Nachfrage des Marktes nach Elektroautos ohnehin schon trotz Fördermaßnahmen geringer, als die Politik es für wünschenswert hielt.

Bereits 2021 war an vielen privaten Ladestationen ein Laden des E-Autos per Wallbox nur noch mit fünf statt wie zuvor elf oder 22 kW möglich. Zum Vergleich: Tesla-Schnellladesäulen in den USA versorgen E-Autos in wenigen Minuten mit mehreren Hundert Kilometern Reichweite.

„Inkaufnahme erforderlicher Komforteinschränkungen durch Schaltmaßnahmen“

Künftig soll die Bundesnetzagentur, die für die Spitzenglättung zuständig wäre, die „steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“ auf 3,7 kW drosseln können. Das würde bedeuten, dass ein Nachladen um 50 weitere Kilometer Reichweite drei Stunden in Anspruch nehmen würde. Immerhin wäre ein komplettes Kappen der Zufuhr nicht vorgesehen – und wer Strom für 500 Kilometer braucht, könnte Tage vor der Fahrt früh genug mit dem Laden beginnen.

Altmaier-Nachfolger Robert Habeck könnte auf Grundlage des § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes die Bundesnetzagentur per Verordnung mit der Aufgabe betrauen. Diese sprach anlässlich der Vorstellung der Pläne zu Beginn des Konsultationsverfahrens auch recht offen über die Implikationen.

So war etwa die Rede von einer „Inkaufnahme erforderlicher Komforteinschränkungen durch Schaltmaßnahmen“, die der Verbraucher zu bewältigen haben würde. Zwar mahnt die Bundesnetzagentur eine „zeitnahe und vorausschauende Ertüchtigung der Verteilnetze“ an. Da sie in absehbarer Zeit mit einer solchen aber offenbar nicht rechnet, müsse man mit „Stromausfällen aufgrund von Betriebsmittelüberlastungen“ rechnen.

Angesichts des Status quo wäre die Alternative zu Drosselungsmaßnahmen eine komplette Ablehnung oder Abschaltung weiterer privater Ladestationen.

Entscheidung über Spitzenglättung erst gegen Ende des Jahres 2023

Ab 1. Januar 2024 sollen die Vorgaben – die heute schon freiwillig vereinbart werden können – für alle Besitzer von Wallboxen und Wärmepumpen verbindlich sein.

Allerdings fehlt es bis heute an der erforderlichen Messtechnik, um ein zielgenaues Steuern zu ermöglichen. Bis 2029 soll es deshalb eine Übergangsregelung geben, in der Betreiber die Spitzenglättung auf der Basis „statischer Steuerung“ betreiben dürfen.

Die Bundesnetzagentur wollte demgegenüber nur die „dynamische Steuerung“ absegnen, die nur jenen Teil des Netzes beträfe, der tatsächlich seine Belastungsgrenze erreiche. Nun könnte es eine sogenannte Prosumsteuerung geben. Jedem Anschluss solle demnach eine Gesamtleistung von fünf kW zustehen – wie diese verteilt würden, wäre dann Sache des Nutzers selbst. Oder mehrerer Nutzer, etwa bei Mehrfamilienhäusern.

Immerhin sollen die Netzentgelte für Nutzer von Wallboxen und Wärmepumpen im Gegenzug sinken, wobei konkrete Summen noch nicht feststehen. Finanzieren würde diesen Rabatt die Gesamtheit der Stromkunden.

Verbände und Unternehmen haben jetzt bis Ende Januar Zeit, zu den Plänen Stellung zu nehmen. Eine endgültige Entscheidung will die Bundesnetzagentur erst im letzten Quartal des Jahres 2023 treffen.



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