Yang Lian stellt seine Gedichte vor mit Wolfgang Kubin

Titelbild
Yang Lian im Literarischen Colloquium in Berlin am 30. Januar 2014Foto: Renate Lilge-Stodieck / Epoch Times
Von 31. Januar 2014

Der bekannte chinesische Dichter Yang Lian und sein kongenialer Übersetzer Wolfgang Kubin, Senior-Professor der Sinologie und selbst auch ein Dichter, sind auf ihrer Lesereise durch den deutschsprachigen Raum am 30. Januar im Literarischen Colloquium in Berlin aufgetreten. Das sogenannte Langgedicht Konzentrische Kreise, erschienen bei Hanser, galt es, dem Publikum auch akustisch nahezubringen.

Das war zweifellos ein Gewinn, weil das reine Lesen dieser Mischung aus modernster Lyrik und Prosa aus einem anderen Kulturkreis dem Leser viel abverlangt, was der Übersetzer Kubin  humorvoll stöhnend auch für sich bestätigte.

Yang Lian gilt als einer der einflussreichsten und interessantesten Dichter in China. Sein zuerst 1999 in Shanghai veröffentlichtes Langgedicht Konzentrische Kreise wird schon heute mit den bedeutendsten Lyrik-Zyklen der europäischen Moderne verglichen. Äußerlich ist das Gedicht in einer strengen geometrischen Form aufgebaut: fünf Kapitel zu jeweils drei Sequenzen, die Zeile für Zeile ein größeres Mosaik ergeben. Erkundet wird nichts Geringeres als die „wahre Wirklichkeit“, wie sie sich im Medium der Sprache ausdrücken lässt.  Yang Lian gilt schon längst als Anwärter auf den Nobelpreis für Literatur.

Er wurde 1955 in Bern geboren als Sohn einer Diplomatenfamilie. In den siebziger Jahren wurde er während der  Kulturrevolution in China zur „Umerziehung durch Arbeit“ auf das Land verbannt. Anfang der achtziger Jahre veröffentlichte er seine moderne Lyrik und wurde dafür scharf  kritisiert. Er wich ins Ausland aus.

Während der friedlichen Kampagne der Demokratiebewegung 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking unterstützte er die Freunde  von Neuseeland aus. Nach der blutigen Niederschlagung  am 4. Juni entschloss er sich, nicht zurückzukehren, er erhielt Publikationsverbot und sein Pass wurde eingezogen. Er erhielt die neuseeländische Staatsbürgerschaft und lebte danach lange in London. Jetzt hat er sich in Berlin niedergelassen, wo er schon 2012/13 als offizieller „Fellow“ vom Wissenschaftskolleg gelebt hat.

Über das Hören und Sprechen hinaus

Das gemeinsame Auftreten der Künstler war dank der klangvollen Stimme von Yang Lian ein besonderes Erlebnis, ist es ihm als Chinesen doch vertraut, auch die erschütterndsten Inhalte mit einem Lächeln vorzutragen. Ebenso wie in seinen Gedichten spielt sich in dem Feld seiner Persönlichkeit das Eigentliche ab, das über das Hören und Sprechen hinausgeht.

Auch Wolfgang Kubin ließ in seiner humorvoll en und ernsthaft bescheidenen Art den Hintergrund der nicht leicht zu entschlüsselnden Texte mitschwingen. Der Verlag sollte solch eine Veranstaltung in ihrer Schlichtheit und Aufrichtigkeit filmen, das würde manchen Neueinsteiger zum noch intensiveren Lesen bringen. Youtube macht’s möglich.

Wenn man als „Anfänger“ die Konzentrischen Kreise liest, schadet es nicht, beim Nachwort von Yang Liang und der Nachbemerkung von Kubin zu beginnen, und nach dem  ersten Durchgang einen zweiten zu starten. Der Weg in die Konzentrischen Kreise ist eine lohnende Herausforderung, dem Dichter zu folgen.

Im Nachwort schreibt Yang Lian: „Der menschliche Geist treibt nach der Taufe des Todes ruhig dahin. ‚Das andere in der poetischen Eingebung‘ lässt sich nicht bewegen. Im Gegenteil, es ist die freie Anlage des Gedichts, welche uns dazu bestimmt, spontan jegliche Autokratie abzulehnen, ganz gleich in welchem Gewand sie daherkommt.  Einfach gesagt, der Dichter in heutiger Zeit kann nur noch reiner als früher sein.  […] Die konzentrischen Kreise der poetischen Eingebung haben mit der Logik einer linearen Evolution nichts zu tun, wohl aber stehen sie mit allen klassischen Werken aus dem In- und Ausland, von Antike und Moderne in einem Bezug.“  

Und er schließt mit einem Auszug aus dem zweiten Teil der Konzentrischen Kreise: „Die Menge geht dahin, wohin? / Wandert heim in die Tiefe eines Menschen.“

Cover Hanser VerlagCover Hanser Verlag

Yang Lian

Konzentrische Kreise
Ein Poem.

Edition Lyrik Kabinett bei Hanser
Erscheinungsdatum: 25.02.2013
Fester Einband, 128 Seiten
Preis: 14,90 €
ISBN 978-3-446-23984-5
Hanser Verlag

Weitere Lesungen (Angaben ohne Gewähr):
Am Freitag, den 31. Januar um 19:30 Uhr im Zeitungs-Café Hermann Kesten in der Stadtbibliothek Nürnberg
Am Montag, den 3. Februar um  20.00 Uhr in der  Stiftung Lyrik Kabinett,  Amalienstraße 83a, 80799 München

Am Dienstag, den 4. Februar um 20 Uhr: Das treffende Wort. David Hinton im Gespräch mit Yang Lian Literaturwerkstatt Berlin in der Kulturbrauerei, Knaackstraße 97, 10435 Berlin

Am Mittwoch, den 5. Februar um 19 Uhr im Konfuzius-Institut Düsseldorf.



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