Kritik an Windkraft wird lauter: Handelt Deutschland beim Klimaschutz gegen das Grundgesetz?

Windkraft soll Energie liefern und gilt als CO2 schonende Alternative zu Kraftwerken. Andererseits beeinträchtigen die Anlagen die Umwelt. Art. 20a GG verlangt hier eine Abwägung: Überwiegt der Nutzen oder der Schaden, den die Anlagen hervorrufen?
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Windkraftanlagen werden zunehmend von Bürgerinitiativen kritisiert.Foto: Armin Weigel/dpa/Archiv/dpa
Epoch Times28. Februar 2020

In der Politik gibt es vielfach die Forderung, den Terminus „Klimaschutz“ in die Verfassung zu verankern. Aber: Die Wörter Nachhaltigkeit und Klimaschutz stehen bereits im deutschen Grundgesetz (Art. 20a GG), nur in anderer Ausdrucksform. Artikel 20a des Grundgesetzes lautet: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Ein vernünftiger und vor allem langfristiger Umgang mit unseren Ressourcen ist damit das Ziel der sogenannten „Staatsziel Umweltschutz“-Norm. Diese besagt: Die Abbaurate der erneuerbaren Umweltgüter soll die Wachstums- und Regenerationsrate nicht übertreffen. Nicht erneuerbare Ressourcen sollten behutsam behandelt werden. Als Beispiel: Wird etwa durch ein Infrastruktur-Projekt ein Biotop zerstört, soll zumindest an anderer Stelle ein neues angelegt werden.

Klimaschutz bereits in der Verfassung

Laut dem Grundgesetz ist die Politik verpflichtet, Umweltschutzvorschriften einzuhalten. Das Wort Klimaschutz hat sich zu einem gängigeren Terminus entwickelt. Jedoch schützen wir nicht primär das Klima – die Menschen wollen sich vor einer möglichen Erderwärmung schützen.

Der deutsche Rechtswissenschaflter Dietrich Murswiek erklärt dazu: „Wenn es zutrifft, dass die Emission von CO2 und anderen Treibhausgasen wesentlich für den Klimawandel verantwortlich ist, und wenn es außerdem zutrifft, dass wegen des Klimawandels schwerwiegende Beeinträchtigungen der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen zu erwarten sind, dann ist eine Klimapolitik, die dem entgegenwirkt, bereits nach geltendem Verfassungsrecht verbindliche Pflicht der Staatsorgane.“ Kurz gesagt: Der Staat ist zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet.

Verfassungsrechtler Murswiek merkt weiter an, dass dies andere Umweltschutzpflichten für den Staat nicht ausschließen würde. Jedoch besteht hier großer Interpretationsspielraum: Art. 20a GG enthält keine Aussage zum anzustrebenden Schutzniveau bzw. Mittel des Schutzes. Das Problem besteht zudem darin, dass der Klimaschutz nur global umgesetzt werden kann. Die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Staaten legen diesem Vorhaben einen Riegel vor.

Es drängt sich hier die Frage auf, ob Deutschland in Sachen Klimaschutz den Art. 20a GG verletzt? Dietrich Murswiek verneint dies. Die Bundesregierung habe „nationale Maßnahmen ergriffen, sie hat sich auf europäischer Ebene für besseren Klimaschutz eingesetzt, und sie hat auf völkerrechtlicher Ebene ebenfalls für besseren Klimaschutz verhandelt.“ Mehr müsse sie laut Verfassung nicht tun.

Windkraft als Umweltnutzungskonflikt

Jedoch nicht alles, was dem Klimaschutz dient, gilt als umweltpolitisch erstrebenswert. Fördert man Technologien, die einerseits zur Verminderung von CO2 Emissionen beitragen, aber andererseits die Umwelt schädigen, entsteht ein Konflikt. Vor allem Windkraftanlagen haben hier in den letzten Jahren zahlreiche Bürgerinitiativen wachsen lassen.

Gründe sind unter anderem: Windkraftanlagen schreddern Vögel oder Fledermäuse, durch den Infraschall sind die umliegend lebenden Menschen gesundheitlich gefährdet. Für die Erbauung werden Wälder gerodet und die Anlagen würden das Landschaftsbild beeinträchtigen.

In einem offenen Brief der „Deutschen Schutz Gemeinschaft Schall für Mensch und Tier“ (DSGS) werden die negativen Auswirkungen und verfassungsrechtlichen Bedenken von Windkraftanlagen aufgelistet:

  • Menschen werden durch die Emissionen der Windenergieanlagen krank.
  • Umwandlung der Natur in Industrielandschaften.
  • Unterordnung des Naturschutzes unter Klimaschutzmaßnahmen.
  • Zunehmendes Missverhältnis des Nutzens der Anlagen gegenüber den explodierenden Kosten.

Klimatechnischer Tropfen auf den heißen Stein

Windkraft soll Energie liefern und gilt als CO2 schonende Alternative zu Kraftwerken. Andererseits beeinträchtigen die Anlagen die Umwelt. Art. 20a GG verlangt hier eine Abwägung: Überwiegt der Nutzen oder der Schaden, den die Anlagen hervorrufen?

Laut den Zahlen des Umweltbundesamtes für das Jahr 2018 sparen Windräder 75 Millionen Tonnen CO2 ein. Im Gegensatz zu den in Europa erlaubten Emissionswerten von 1.800 Millionen Tonnen wirkt der Nutzen der Windkraftwerke eher bescheiden.

Murswiek erklärt in einem Vortrag: „Es wird wohl weniger als ein Tausendstel Grad sein, um das die Erderwärmung vermindert werden könnte, wenn die Zahl der Windräder verdreifacht wird – eine Auswirkung, die für das Klima völlig unerheblich ist.“

Eine gerichtliche Kontrolle über Nutzen und Schaden der Windradanlagen fehlt seitens der Bundesregierung.

Murswiek: „Wenn die Regierung sich folgenlos über geltendes Verfassungsrecht hinwegsetzt, weil – wie im Fall des Art. 20a GG – gerichtliche Kontrolle nicht stattfindet, muss eine andere Kontrollinstanz die Verfassung verteidigen: die kritische Öffentlichkeit. Zur Öffentlichkeit gehören wir alle.“ (cs)

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