Millionen-Managerboni und verdeckte Parteienfinanzierung? Vorwürfe gegen Deutsche Bahn
Die jüngste Entscheidung des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn (DB) in Hinblick auf Boni hat Kritik am Konzern selbst ausgelöst – und an dessen Verflechtung mit der Politik. Wie der „Spiegel“ berichtete, werden die Vorstände des Konzerns für das Jahr 2022 Bonuszahlungen in Höhe von insgesamt fast fünf Millionen Euro erhalten.
Bundesrechnungshof bezeichnete DB als „Sanierungsfall“
In der Politik sorgte der Beschluss für Irritationen, auch bei Vertretern der Ampelfraktionen. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht wies auf den „miserablen Zustand“ der Bahn hin. Aber auch SPD-Verkehrssprecherin Isabel Cademartori sprach von einem „schwierigen Signal“, auch wenn es sich um eine verschobene Zahlung aus der Vergangenheit handele.
Auch der Grünen-Politiker Anton Hofreiter bemängelte den Eindruck, den die Entscheidung hinterlasse. Angesichts des „desaströsen Zustands“ der Bahn forderte er einen freiwilligen Verzicht auf die Boni. Ab Januar 2024 ist es der DB wieder erlaubt, Boni auszuzahlen, nachdem sie zuvor die Strompreisbremse in Anspruch genommen hatte.
Das Grundgehalt der neun Vorstandsmitglieder für das Vorjahr machte zusammen bereits vier Millionen Euro aus, und das, obwohl der Bundesrechnungshof den bundeseigenen Konzern noch im März als „Sanierungsfall“ bezeichnet hatte. Die Bahn sei „unpünktlich wie nie“, die Infrastruktur sei veraltet und in schlechtem Zustand. Das Erreichen der eigenen wirtschaftlichen Ziele sei völlig unrealistisch.
ESG ermöglicht Spielereien mit Zielen
Diese stellen jedoch offenbar nicht die einzig relevanten Bemessungsgrößen für einen Bonusanspruch dar. Wie angesichts bekannter Mängel zu erwarten war, blieb die DB bei direkten wirtschaftlichen Aspekten wie Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit hinter den Zielvorgaben zurück.
Ein Rechercheverbund aus NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ war an die internen Berechnungsgrundlagen gelangt. Dem Berechnungsmodell zufolge lassen sich verfehlte Ziele in einzelnen Bereichen mit erfüllten in anderen verrechnen.
Und als vorbildlicher ESG-Konzern hat die Bahn auch noch weitere Zielvorgaben wie „Frauen in Führungspositionen und Mitarbeitenden-Zufriedenheit“. Allein der Bonus in diesem Bereich sei auf 175 Prozent des Grundgehalts gestiegen. Entsprechend würden den Vorstandsmitgliedern allein dafür schon 1,6 Millionen Euro gebühren.
Dazu kommen knapp 440.000 Euro an Vorstandschef Richard Lutz für eine zweiprozentige Übererfüllung des CO₂-Einsparungsziels.
Gefälligkeiten der Politik gegen verdeckte Parteienfinanzierung?
Die Kritik aus der Politik an dem Bonusbeschluss klammert aus, dass der Aufsichtsrat der DB es ist, der über dessen Gewährung entscheidet. In diesem finden sich Vertreter der Ampelparteien ebenso wie solche der Gewerkschaften und als Aufsichtsratschef Werner Gatzer – bis kürzlich noch Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Das Finanzgebaren des Aufsichtsrats vollzieht sich nach Einschätzung von Kritikern nicht nur trotz der Nähe zur Politik in dieser, sondern möglicherweise sogar wegen dieser. Diese argwöhnen, dass sich die DB möglicherweise sogar auf mehr oder minder subtile Art Gefälligkeiten oder Billigungen von der Politik erkauft.
Vor wenigen Wochen wurden gegen die Bahn sogar Vorwürfe verdeckter Parteienfinanzierung laut. Hintergrund war ein Sponsoring auf dem Parteitag der Grünen, im Zuge dessen die Deutsche Bahn neben zahlreichen anderen Konzernen mit einem Stand vertreten war.
Grüne von Ziel der Zerschlagung der DB abgerückt
Die Vereinigung Lobbycontrol äußerte damals auf X:
Auch ist es nicht OK, dass staatlich kontrollierte Unternehmen, wie die Deutsche #Bahn, Parteisponsoring betreiben, denn Politiker:innen könnten so öffentliche Gelder in Parteien leiten. Bei Spenden ist das deshalb auch verboten. Das Gleiche muss auch für Sponsoring gelten. 8/X
— LobbyControl (@lobbycontrol) November 24, 2023
Dass Hofreiter nun die Boni-Entscheidung kritisiert, könnte vor diesem Hintergrund Theaterdonner sein. Im Aufsichtsrat der DB sitzen mit MdB Stefan Gelbhaar und Anja Hajduk zwei nicht unbekannte Grünen-Politiker.
Darüber hinaus hat sich die Position der Partei zur Konzernreform doch in erheblicher Weise verändert. Hatten die Grünen 2020 noch die DB als Konzern zerschlagen und in ihrer jetzigen Form auflösen wollen, ist im Entwurf zum geplanten novellierten Bundesschienenwege-Ausbaugesetz nicht mehr davon die Rede.
Stattdessen will man lediglich zusätzliche Finanzierungsoptionen für die Infrastruktur bekommen und dafür eine neue, gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft gründen. Dazu will man die DB Netz AG und die DB Station und Service AG verschmelzen. Gleichzeitig beabsichtigt man, Mittel aus einer erhöhten Lkw-Maut auf die Schiene umzuleiten. Der DB-Konzern selbst bleibt unangetastet.
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