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Unmut über bundeseigenen Konzern

Millionen-Managerboni und verdeckte Parteienfinanzierung? Vorwürfe gegen Deutsche Bahn

Die zu 100 Prozent im Bundeseigentum stehende Deutsche Bahn (DB) will ihren Vorständen für 2022 Millionenboni ausbezahlen – trotz vielfach beklagter Leistungsdefizite. Kritiker werfen dem Konzern vor, sich von der Politik Privilegien zu erkaufen.

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Das Logo der Deutschen Bahn AG (DB) am Berliner Hauptbahnhof spiegelt sich am Morgen in einer Gebäudefassade.

Foto: Christoph Soeder/dpa

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Lesedauer: 5 Min.

Die jüngste Entscheidung des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn (DB) in Hinblick auf Boni hat Kritik am Konzern selbst ausgelöst – und an dessen Verflechtung mit der Politik. Wie der „Spiegel“ berichtete, werden die Vorstände des Konzerns für das Jahr 2022 Bonuszahlungen in Höhe von insgesamt fast fünf Millionen Euro erhalten.

Bundesrechnungshof bezeichnete DB als „Sanierungsfall“

In der Politik sorgte der Beschluss für Irritationen, auch bei Vertretern der Ampelfraktionen. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht wies auf den „miserablen Zustand“ der Bahn hin. Aber auch SPD-Verkehrssprecherin Isabel Cademartori sprach von einem „schwierigen Signal“, auch wenn es sich um eine verschobene Zahlung aus der Vergangenheit handele.
Auch der Grünen-Politiker Anton Hofreiter bemängelte den Eindruck, den die Entscheidung hinterlasse. Angesichts des „desaströsen Zustands“ der Bahn forderte er einen freiwilligen Verzicht auf die Boni. Ab Januar 2024 ist es der DB wieder erlaubt, Boni auszuzahlen, nachdem sie zuvor die Strompreisbremse in Anspruch genommen hatte.
Das Grundgehalt der neun Vorstandsmitglieder für das Vorjahr machte zusammen bereits vier Millionen Euro aus, und das, obwohl der Bundesrechnungshof den bundeseigenen Konzern noch im März als „Sanierungsfall“ bezeichnet hatte. Die Bahn sei „unpünktlich wie nie“, die Infrastruktur sei veraltet und in schlechtem Zustand. Das Erreichen der eigenen wirtschaftlichen Ziele sei völlig unrealistisch.

ESG ermöglicht Spielereien mit Zielen

Diese stellen jedoch offenbar nicht die einzig relevanten Bemessungsgrößen für einen Bonusanspruch dar. Wie angesichts bekannter Mängel zu erwarten war, blieb die DB bei direkten wirtschaftlichen Aspekten wie Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit hinter den Zielvorgaben zurück.
Ein Rechercheverbund aus NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ war an die internen Berechnungsgrundlagen gelangt. Dem Berechnungsmodell zufolge lassen sich verfehlte Ziele in einzelnen Bereichen mit erfüllten in anderen verrechnen.
Und als vorbildlicher ESG-Konzern hat die Bahn auch noch weitere Zielvorgaben wie „Frauen in Führungspositionen und Mitarbeitenden-Zufriedenheit“. Allein der Bonus in diesem Bereich sei auf 175 Prozent des Grundgehalts gestiegen. Entsprechend würden den Vorstandsmitgliedern allein dafür schon 1,6 Millionen Euro gebühren.
Dazu kommen knapp 440.000 Euro an Vorstandschef Richard Lutz für eine zweiprozentige Übererfüllung des CO₂-Einsparungsziels.

Gefälligkeiten der Politik gegen verdeckte Parteienfinanzierung?

Die Kritik aus der Politik an dem Bonusbeschluss klammert aus, dass der Aufsichtsrat der DB es ist, der über dessen Gewährung entscheidet. In diesem finden sich Vertreter der Ampelparteien ebenso wie solche der Gewerkschaften und als Aufsichtsratschef Werner Gatzer – bis kürzlich noch Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Das Finanzgebaren des Aufsichtsrats vollzieht sich nach Einschätzung von Kritikern nicht nur trotz der Nähe zur Politik in dieser, sondern möglicherweise sogar wegen dieser. Diese argwöhnen, dass sich die DB möglicherweise sogar auf mehr oder minder subtile Art Gefälligkeiten oder Billigungen von der Politik erkauft.
Vor wenigen Wochen wurden gegen die Bahn sogar Vorwürfe verdeckter Parteienfinanzierung laut. Hintergrund war ein Sponsoring auf dem Parteitag der Grünen, im Zuge dessen die Deutsche Bahn neben zahlreichen anderen Konzernen mit einem Stand vertreten war.

Grüne von Ziel der Zerschlagung der DB abgerückt

Die Vereinigung Lobbycontrol äußerte damals auf X:

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Dass Hofreiter nun die Boni-Entscheidung kritisiert, könnte vor diesem Hintergrund Theaterdonner sein. Im Aufsichtsrat der DB sitzen mit MdB Stefan Gelbhaar und Anja Hajduk zwei nicht unbekannte Grünen-Politiker.
Darüber hinaus hat sich die Position der Partei zur Konzernreform doch in erheblicher Weise verändert. Hatten die Grünen 2020 noch die DB als Konzern zerschlagen und in ihrer jetzigen Form auflösen wollen, ist im Entwurf zum geplanten novellierten Bundesschienenwege-Ausbaugesetz nicht mehr davon die Rede.
Stattdessen will man lediglich zusätzliche Finanzierungsoptionen für die Infrastruktur bekommen und dafür eine neue, gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft gründen. Dazu will man die DB Netz AG und die DB Station und Service AG verschmelzen. Gleichzeitig beabsichtigt man, Mittel aus einer erhöhten Lkw-Maut auf die Schiene umzuleiten. Der DB-Konzern selbst bleibt unangetastet.

Kommentare

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Michael Kubertvor einem Jahr

Mal ein praktisches Beispiel: Heute (27.12.) wollte ich um 16 Uhr in Darmstadt sein (von Frankfurt aus). Angeblich ist ein Stellwerks-Mitarbeiter kurzfristig erkrankt. Folge: Spontan KEINE Verbindungen mehr zwischen Frankfurt und Darmstadt für mehrere Stunden, weder im Regionalverkehr noch Fernverkehr in der Zeit von 13 bis 18 Uhr. Ernsthaft? Und dafür bekommt jemand einen Bonus? In anderen Ländern wäre da öffentliches Auspeitschen angesagt. Wer auf die Bahn setzt ist verloren. Bus und Bahn, Zeit vertan. Die treiben sogar mich noch dazu, mir ein Auto zu kaufen. Jeder Euro Subventionen und Förderung ist da rausgeschmissenes Geld. Und das sind lauter selbst gemachte Probleme, die zeigen, dass da jemand sein Risikomanagement nicht im Griff hat. Und dafür feiern die sich noch...

Quasimodovor einem Jahr

Villeicht erinnert sich der Eine oder Andere daran, dass ich vor Jahren der Mehdorntruppe dringend ein Praktikum bei den SBB empfohlen hatte, damit sie die Grundsätze eines Service publique lernen könnten. Leider hat die Abrisskombo den Vorschlag ignoriert und wie man sieht noch frech in deutscher Manier eins drauf gelegt. Boni für null Leistung.

Nun haben die Schweizer bei so viel Elend so viel Mitleid bekommen, dass sie von sich aus den Bahnstümpern das Praktikum anbieten.

https://www.20min.ch/story/deutsche-bahn-ist-unpuenktlich-schweiz-will-deutschland-helfen-769316145684

Deutschland und seine Helden, alles nur noch mega-peinlich.

Tobiasvor einem Jahr

Warum um alles in der Welt sollte denn die Bahn der einzige Teil des staatswesens sein, wo alles sauber läuft? Zudem sind die Politiker auf staatsnahe Unternehmen (wie auch RWE) angewiesen, weil man über dieses Vehikel wundervoll Geld waschen und einstecken kann. ;)