Zu viel Sonne und Wind? Am Samstag gab es Stress für Netzbetreiber

Am Samstag, 22. März, erlebte Deutschland einen sonnigen Frühlingstag. Dass das erneut eine kleine Herausforderung für die Netzbetreiber darstellte, bekamen nur die wenigsten Menschen mit.
Dafür sorgten hervorragende Bedingungen für Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Grundsätzlich ist das für Befürworter der Energiewende erfreulich: Viel Wind und Sonne bringt viel „grünen“ Strom. Allerdings ist die Aufgabe der Netzbetreiber, das Stromnetz stabil zu halten. Das bedeutet, dass sich Stromangebot und -nachfrage in jeder Sekunde möglichst die Waage halten müssen, damit die Netzfrequenz bei 50 Hertz bleibt.
Strom kann nicht wie Erdgas bei Überschuss in großen Mengen in riesigen Tanks gelagert werden. Zwar gibt es hierzulande schon einige Batteriespeicher, aber die Menge von aktuell 18,9 Gigawattstunden ist noch viel zu wenig, um große Stromüberschüsse von den „erneuerbaren“ Energien vollständig aufzunehmen.
16,4 GW zu viel
Beim Blick auf die Daten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE ist zu sehen, dass die Photovoltaikanlagen gegen Mittag rund 36 Gigawatt (GW) Leistung brachten. Zusammen mit anderen Kraftwerksarten lag die Gesamterzeugung zu dieser Zeit bei 65,7 GW.
Allerdings lag der Verbrauch nur bei rund 49,7 GW, da an Wochenendtagen der Verbrauch generell geringer als von Montag bis Freitag ist. Das bedeutet einen massiven Stromüberschuss von gut 16 GW. Das entspricht der Leistung von knapp zwölf Kernkraftwerken.
Landesweit beträgt die installierte Nennleistung rund 101 GW. In diesem März überstieg die solare Leistung auch schon die 40-GW-Marke. Somit floss ins öffentliche Stromnetz keine Rekordmenge.

Die Stromerzeugung aller Kraftwerksarten in Deutschland in KW 12. Foto: Bildschirmfoto /energy-charts.info/Fraunhofer ISE
Auch (zu) viel Windkraft
Hinzu kam jedoch der Umstand, dass am Samstag auch Strom aus Windkraft in üppigen Mengen zur Verfügung stand. Vor Sonnenaufgang speisten die Windkraftanlagen laut den Daten noch rund 35 GW ins Netz ein. Zur Mittagszeit waren es nur noch rund 13,6 GW. Am Abend stieg die Windkraft wieder auf bis zu 33 GW an.

Daten von Stromerzeugung, -verbrauch und Börsenstrompreis am 22. März 2025 um 12:30 Uhr. Foto: Bildschirmfoto /energy-charts.info/Fraunhofer ISE
Hier liegt die Vermutung nahe, dass die Netzbetreiber tagsüber viele Anlagen abgeregelt haben. Das ist bei dem Stromüberangebot seit Jahren üblich, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Die Netzbetreiber regeln dann besonders die großen Solar- und Windkraftanlagen aus den Netzleitstellen herunter oder schalten sie komplett ab. Bei kleinen Solaranlagen ist die netzdienliche Regelung oder Abschaltung bisher nicht möglich, da viele von ihnen, gerade ältere Anlagen, noch keinen Smart Meter besitzen.
Das soll sich künftig ändern. Mit dem kürzlich eingeführten Solarspitzengesetz beabsichtigt der Gesetzgeber, Stromspitzen abzumildern. Dafür gelten jetzt neue Regelungen für Solarbetreiber.
Eine Abregelung vieler Anlagen vermutet auch der Energieexperte Stefan Spiegelsperger. Auf der Social-Media-Plattform 𝕏 schrieb er dazu: „Vermute die wurden abgeregelt, weil er eh schon viel zu viel Strom hatte.“
Eine Leistungsdrosselung zur solaren Spitzenzeit gab es zudem bei den fossilen Kraftwerken. Die Netzbetreiber haben die Stromproduktion aus Kohle, Erdgas und Erdöl weit heruntergefahren. Komplett herunterfahren kann man diese Kraftwerke jedoch nicht, da sie für die nötige Momentanreserve im Netz sorgen und als steuerbare Grundlast zur Verfügung stehen müssen.
Stromexport sorgte für Entlastung
Neben möglichen Abregelungen floss am Samstagmittag viel Strom von Deutschland in dessen Nachbarländer. Das Fraunhofer ISE gibt beim grenzüberschreitenden Stromhandel zwar einen Wert von 0,0 GW an, andere Portale allerdings nicht.
Die Informationsplattform der Bundesnetzagentur über den deutschen Strommarkt „Smard“ gibt im Zeitraum von 12:00 bis 13:00 Uhr einen Export von 12,5 GWh an. Auch beim Portal „Electricity Maps“ ist erkennbar, dass uns fast alle unsere Nachbarländer zur Mittagszeit Strom abgenommen haben.
Die größten Stromabnehmer waren Österreich, Dänemark, die Schweiz und Frankreich mit jeweils mehr als 2 GW. Besonders im Süden Deutschlands befinden sich verhältnismäßig viele Solaranlagen.
Minus-Strompreis
Die ausländischen Stromabnehmer wurden sogar noch dafür bezahlt, dass sie den deutschen Netzbetreibern die Überschussware abgenommen haben. Denn zur Mittagszeit „kostete“ Strom an der sogenannten Day-Ahead-Auktion, einer Strombörse, –15,18 Euro pro Megawattstunde (MWh). Der Preis war negativ.
Somit floss nicht nur Strom ins Ausland, sondern auch Geld. Im Zeitraum von 12:00 bis 13:00 Uhr waren das demnach knapp 190.000 Euro.
Viele Redispatch-Maßnahmen
Am Samstag hatten die Netzbetreiber offenbar viel zu tun. Das ist an den Redispatch-Maßnahmen erkennbar. Dabei handelt es sich um Eingriffe zur Anpassung der Leistungseinspeisung von Kraftwerken, um die Netzstabilität zu gewährleisten.
Laut Spiegelsperger gab es am 22. März bis 23:00 Uhr 119 solche Eingriffe. Zum Vergleich: Am 19. März lag deren Anzahl bei rund einem Zehntel.
ohha 119 Redispatch nur heute mit 241 GWh positiv wie negativ….holla. Damit das 10fache vom 19.ten…. pic.twitter.com/NfJMPtTm18
— Stefan Outdoor Chiemgau (@OutdoorChiemga) March 22, 2025
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