Blitz in – Black-out? TransnetBW warnt vor mangelnder Netzstabilität
Bereits seit Jahren weisen Fachleute immer wieder darauf hin, dass eine erfolgreiche Energiewende einen massiven Ausbau der Stromnetze erfordert. Mit TransnetBW warnt nun der erste der vier großen Übertragungsnetzbetreiber Deutschlands vor einer möglichen mangelhaften Netzstabilität in der Zukunft.
Im ersten Newsletter von 2024, der der Epoch Times vorliegt, analysiert der baden-württembergische Betreiber die „Systemstabilität heute und bis 2030“. Darin sprechen die Energieexperten von einem „dringenden Handlungsbedarf für einen sicheren Netzbetrieb“. Einleitend sagt darin Dr. Werner Götz, Vorsitzender der Geschäftsführung von TransnetBW:
Das Netz muss, um klimaneutral zu werden, nicht nur ausgebaut werden, sondern auch noch betreibbar bleiben. In anderen Worten: Unser System muss stabil und belastbar sein.“
Ist das Netz mit Erneuerbaren noch stabil?
Transnet BW fragt in dem Newsletter, wie es um die Versorgungssicherheit steht, wenn „bis zu 100 Prozent volatile erneuerbare Energien“ für die Stromerzeugung zuständig sein sollen. Dann müssten „systemstabilisierende Maßnahmen immer mehr in den Vordergrund“ rücken. Denn „Wind- und Photovoltaikanlagen weisen andere technische Eigenschaften als konventionelle Kraftwerke auf.“
Einfach ausgedrückt: Sie sind stark wetterabhängig. Wenn der Wind nicht oder kaum weht oder die Sonne nicht scheint, liefern diese Stromerzeuger zu wenig Energie. Ebenso gibt es den Fall, dass diese Energiequellen manchmal viel mehr Strom generieren, als die Verbraucher gerade benötigen. Konventionelle Großkraftwerke können hingegen jederzeit die Strommenge liefern, die die Verbraucher gerade benötigen.
Für das Stromnetz noch wichtiger ist jedoch die Aufrechterhaltung der Netzfrequenz von 50 Hertz. Bisher übernahmen diese Aufgabe die großen rotierenden Massen der Kraftwerksgeneratoren. Nach Ansicht des Netzbetreibers nutzen Windkraft- und Solaranlagen leistungselektronische Stromrichter, um den Strom ins Netz einzuspeisen. Diese seien „nicht so zuverlässig, wie die Synchrongeneratoren konventioneller Kraftwerke“. Somit verringere sich im Laufe der Zeit die Netzstabilität.
Mehr Kohle für die Energiewende
Im Zuge der Energiewende will die derzeitige Bundesregierung die Stromversorgung umfangreich transformieren. Dabei legen die Ampelparteien besonderen Wert auf Klimaneutralität. Ihre bevorzugten Energiequellen sind Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Bereits in sechs Jahren sollen demnach mindestens 80 Prozent des Stromes aus diesen sogenannten erneuerbaren Energien stammen.
Gleichzeitig will die Ampelregierung bis dahin die verbleibenden Kohlekraftwerke herunterfahren. Die Bundesnetzagentur hatte die Stilllegung der Kohleblöcke vor dem 31. März 2031 erst im Dezember 2023 untersagt – ebenfalls um die Netzstabilität zu gewährleisten.
Mirjam König, Teamleiterin Systemverhalten im Bereich strategische Netzplanung bei TransnetBW, erklärt die spezifischen Probleme. Aufgrund der laufenden Transformation der Energieversorgung führten sie und Kollegen der anderen Übertragungsnetzbetreiber die Langfristanalyse 2030 durch. Das Thema Systemstabilität wurde somit erstmals tiefgehend von den Netzbetreibern unter die Lupe genommen. „Bisher erfuhr es in der Politik wenig Resonanz, weil es ein sehr komplexes Thema ist“, sagte König.
Ein Blitzschlag zum Blackout?
Die Teamleiterin schilderte zudem, wie instabil das künftige Stromnetz mit überwiegend Erneuerbaren, aber ohne Kohlekraft sein könnte. „Bereits ein n-1-Fehler würde für eine Systemunterbrechung ausreichen.“ Das heißt, dass wenn zum Beispiel ein Blitz einschlagen würde und so eine Leitung ausfiele, „dann könnte das Stromnetz außer Gleichgewicht geraten. Das ist schon beachtlich“, erklärte sie.
Was genau n-1 (sprich: N-minus-eins) bedeutet, erklärt der Netzbetreiber TenneT. „Das n-1-Prinzip besagt, dass das Stromnetz (n) jederzeit den Ausfall einer Leitung (minus 1) verkraften können muss, ohne dass es zu größeren Stromausfällen kommt“, so der Versorger.
Wenn also eine große Hochspannungsleitung defekt ist, muss eine andere Leitung diesen Ausfall jederzeit ausgleichen können. Das verhindert eine Unterbrechung der Stromversorgung, also einen Blackout. „Die n-1 Regel muss bei maximaler Auslastung gegeben sein“, fügte der Kernenergietechniker Manfred Haferburg hinzu.
Das Stromnetz wäre nach Aussage von König somit nicht mehr n-1-sicher. Deutschland verliere somit ein wichtiges Grundprinzip seiner Netzplanung. König sagte weiter: „Besonders aufgefallen ist uns, dass vor allem im Norden, wo die großen Wind-Offshore-Anlagen angeschlossen sind, aber das Netz weniger engmaschig als im Süden ist, die Stabilität des Netzes deutlich gefährdet wird.“ Ebenso warnt König eindringlich:
Wir brauchen ein neues Bewusstsein für die Kritikalität der Systemstabilität. Je nachdem, ob wir hier die richtigen Maßnahmen ergreifen oder nicht, steht oder fällt die Energiewende.“
Für die Teamleiterin ist klar: Die aktuellen Maßnahmen zur Sicherung der Netzstabilität reichen nicht aus. „Wir müssen jetzt handeln, um das Ziel bis 2030 gewährleisten zu können.“
Mehrere weitere Maßnahmen notwendig
Im Weiteren hebt TransnetBW in der Analyse hervor, wie wichtig die Einhaltung der Spannung und der Frequenz des Stromnetzes für die Netzstabilität sind. So ist für eine konstante Spannung beispielsweise „die Bereitstellung von sogenannter Blindleistung entscheidend“. Dafür sorgten bisher die Generatoren großer Kraftwerke. „Mit der Energiewende verändert sich jedoch die Art der Energieerzeugung durch nicht steuerbare Erneuerbare-Energien-Anlagen“. Das bedeute für die Netzbetreiber neue Herausforderungen bei der Erhaltung der nötigen Netzspannung.
Die Netzfrequenz schwankt ständig um einen Wert von 50 Hertz. Ihr Wert hängt von der Stromerzeugung wie auch vom Stromverbrauch ab. Bei zu wenig Strom fällt die Frequenz. Für eine stabile Frequenz ist die sogenannte Momentanreserve (Regelenergie) nötig. Diese stellen schnell hoch- oder herunterfahrbare Kraftwerke zur Verfügung. Aber: „Mit zunehmender Volatilität durch erneuerbare Energien wird die schnelle Verfügbarkeit der Momentanreserve jedoch immer unsicherer“, warnt TransnetBW.
In der Analyse empfehlen die Netzbetreiber gleich mehrere Lösungsansätze, um auch in Zukunft die Netzstabilität zu gewährleisten. Diese umfassen unter anderem:
- Erzeugungsanlagen und Großverbraucher sollten sich netzdienlicher verhalten.
- Förderung von mehr Momentanreserve und Blindleistung.
- Mehr Gas- und Pumpspeicherkraftwerke für den Phasenschieberbetrieb sollten geplant werden.
- Mehr Kompensationsanlagen für stationäre und regelbare Blindleistung sollten entstehen.
- Bessere und ständige Überwachung der Systemstabilität.
Insbesondere ersteres steht dabei in fundamentalem Widerspruch zu den Ausbauzielen für Erneuerbare der Bundesregierung. Sowohl Solar als auch Wind machen das Netz instabiler und können nur in ein funktionierendes Stromnetz eingespeist werden. Bricht das Stromnetz zusammen, helfen Solaranlagen und Windräder nicht bei der Wiederherstellung. Diese müssen sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke übernehmen, wie beispielsweise Wasserkraftwerke.
Zunehmende Kosten
Neben der Netzsicherheit sprach Götz auch die Bezahlbarkeit der Energiewende an. „Für uns und unsere Kunden war es ein kleiner Schock, als im Dezember letzten Jahres die Nachricht eintraf, dass der Wirtschaftsstabilisierungsfonds Ende 2023 eingestellt wird“, äußerte der TransnetBW-Chef. Damit würden die angekündigten Zuschüsse zum Übertragungsnetzentgelt entfallen.
Mit steigendem Erneuerbaren-Anteil bei der Stromerzeugung steigen auch die Redispatch-Maßnahmen und deren Kosten. Redispatch sind netzstabilisierende Eingriffe der Energieversorger. Im Jahr 2023 erfolgten insgesamt 15.192 Regeleingriffe. Zum Vergleich, im Jahr 2014 waren es 3.456 Eingriffe, im Jahr 2000 waren es sechs – im gesamten Jahr.
TransnetBW führte hierzu auch die Kosten des nationalen und grenzüberschreitenden Redispatch auf. Diese sind von 227,2 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 1.895,6 Millionen Euro im Jahr 2022 gestiegen und somit mehr als verachtfacht.
Weiter sagte Götz: „Die fällige Preiserhöhung hat schmerzhaft aufgezeigt, dass der Umbau zu erheblichen Belastungen führen kann.“ Oder anders gesagt: Jetzt zeigt sich immer deutlicher, dass die Energiewende viel teurer ist als noch vor einigen Jahren angenommen – vor allem für die Endkunden. Auf die werden die Kosten letztlich weitergeleitet.
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