Westen, was nun? Nato, G7 und EU beraten in Brüssel

Gipfeltreffen von Nato, EU und G7 an einem Tag - das gab es in der Geschichte der internationalen Politik noch nie. Anlass ist der Krieg in der Ukraine. Was kann der Westen tun?
Titelbild
EU-Fahnen.Foto: iStock
Epoch Times24. März 2022

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Die russische Invasion in der Ukraine läuft mittlerweile seit vier Wochen. Der Westen reagiert mit beispiellosen Sanktionen – schließt aber weiter ein militärisches Eingreifen in den Konflikt kategorisch aus.

In Brüssel wird an diesem Donnerstag auf Spitzenebene darüber beraten, wie es weitergehen soll und welche Konsequenzen noch gezogen werden müssen. Erst bei der Nato, dann im Kreise der G7 und schließlich bei der EU. US-Präsident Joe Biden, Kanadas Premierminister Justin Trudeau und Japans Ministerpräsident Fumio Kishida sind für die Gespräche nach Europa gereist. Die Liste der heiklen Gesprächsthemen ist lang:

Die Unterstützung für die Ukraine

In Brüssel soll darüber beraten werden, wie die Waffenlieferungen fortgesetzt beziehungsweise sogar weiter ausgebaut werden können und wie auch der Weiterbetrieb des ukrainischen Staats sichergestellt werden kann. Wahrscheinlich ist, dass beim EU-Gipfel dafür ein Solidaritätsfonds beschlossen wird. Zuletzt hatten die EU-Staaten beschlossen, die Mittel für Ausrüstungslieferungen an die ukrainischen Streitkräfte auf eine Milliarde Euro zu verdoppeln. Einen noch etwas größeren Betrag stellen die USA für Waffen zu Verfügung.

Zu einer Maßnahme, die die Ukraine sich wünscht, wird es aber sicher nicht kommen: zu einer Flugverbotszone. Sie würde den Eintritt der Nato in den Krieg bedeuten, da das Bündnis notfalls russische Flugzeuge abschießen müsste, um die Flugverbotszone durchzusetzen.

„Die Nato wird nicht Kriegspartei – da sind wir uns mit unseren europäischen Verbündeten und den Vereinigten Staaten einig“, hat Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch im Bundestag noch einmal betont.

Die Sanktionen gegen Russland

Exportverbote für Hightech-Produkte und Luxusgüter, eingefrorene Vermögen, Luftraumsperrungen und der Ausschluss von zahlreichen internationalen Wettbewerben: Die Liste der Strafmaßnahmen, die der Westen gegen Russland seit Kriegsbeginn erlassen hat, ist lang. In der letzten Zeit wurde aber auch deutlich, dass die EU und die USA nicht in allen Bereichen wirklich am gleichen Strang ziehen.

Aus deutschen Regierungskreisen heißt es dazu, man strebe weiterhin ein gemeinsames Vorgehen an, ohne immer unbedingt die identischen Maßnahmen zu ergreifen. Das trifft zum Beispiel für russische Energielieferungen zu.

Während die USA die Öleinfuhren gestoppt haben, konnte sich die EU wegen ihrer deutlich höheren Abhängigkeit von russischer Energie noch nicht zu einem Embargo durchringen. Kanzler Scholz ist strikt dagegen. Er sagt, das würde ganz Europa in eine Rezession stürzen. „Hunderttausende Arbeitsplätze wären in Gefahr. Ganze Industriezweige stünden auf der Kippe.“

Neues Bezahlsystem für Gaslieferungen

Für Gaslieferungen aus Russland müssen Kunden in Deutschland und anderen EU-Staaten künftig in Rubel bezahlen. Der von Kreml-Chef Wladimir Putin angekündigte Schritt wurde vor allem als Retourkutsche gewertet.

Die USA und andere westliche Länder hatten als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine einen großen Teil der russischen Währungsreserven eingefroren und zahlreiche weitere Sanktionen verhängt.

Der Rubel ist seitdem auf historische Tiefstände gefallen. Mit dem neuen Bezahlsystem würde die Nachfrage nach Rubel zunehmen und die russische Währung zunächst einmal gestützt.

Die Abschreckung gegen Russland

Wie viele neue Luftabwehrsysteme, Waffen und Truppen muss die Nato zusätzlich an der Ostflanke stationieren, um ein aggressives Russland effektiv abzuschrecken? Diese Frage werden die 30 Mitgliedstaaten in den nächsten Wochen und Monaten beantworten müssen. Die Staats- und Regierungschefs könnten bereits an diesem Donnerstag die Richtung vorgeben.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch angekündigt, dass in der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien kurzfristig je ein multinationaler Gefechtsverband aufgebaut wird. Bislang hat die Nato nur in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen dauerhaft sogenannte Battlegroups stationiert.

Der Umgang mit den Kriegsflüchtlingen

Von den mehr als 44 Millionen Ukrainern sind nach UN-Angaben bereits mehr als drei Millionen ins Ausland geflohen. Die EU rechnet damit, dass es acht bis zehn Millionen werden. Aus Sicht Deutschlands machen es die Entwicklungen notwendig, die Menschen in ganz Europa zu verteilen.

„Wir müssen von der Außengrenze direkt in europäische Länder verteilen. Jeder muss Geflüchtete aufnehmen“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Anfang der Woche und schlug eine „eine solidarische Luftbrücke“ vor. Die Zahl pro Land werde „in die Hunderttausende“ gehen müssen. Zusätzlich sollte auch über den Atlantik verteilt werden.

Die USA dürften für viele Geflüchtete aus der Ukraine nicht das erste Ziel sein. Aber Forderungen an die Amerikaner, sich bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen stärker zu engagieren, werden lauter. Polens Präsident Andrzej Duda hatte bereits an die US-Regierung appelliert, für die Dauer des Kriegs Geflüchtete aufzunehmen. Die USA prüfen nun mögliche Einreise-Erleichterungen für Flüchtlinge aus der Ukraine, denn die formale Anerkennung als Flüchtling in den USA kann Jahre dauern.

Der Umgang mit China

Die USA warnen China vor einer Unterstützung Russlands beim Krieg gegen die Ukraine. Zuletzt hatte Biden Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in einer Videoschalte persönlich mit Konsequenzen gedroht.

Die USA wollen sich nun auch mit Blick auf einen EU-China-Gipfel am 1. April mit den europäischen Verbündeten über ein gemeinsames Vorgehen abstimmen. „Wir glauben, dass wir mit unseren europäischen Partnern einer Meinung sind und in dieser Frage mit einer Stimme sprechen werden“, sagt Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan.
(dpa/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion