Attentäter eine Stunde vor Tat als verdächtig identifiziert – Geheimdienstchefin unter Druck

Der Secret Service hat in einem Informationsgespräch US-Kongressabgeordneten Details zum Attentat auf Donald Trump mitgeteilt. Demnach wurde der Schütze eine Stunde, bevor er auf einer Wahlkampfveranstaltung das Feuer auf den ehemaligen Präsidenten eröffnete, als verdächtig identifiziert. Nun werden Rücktrittsforderungen gegen die Leiterin des Geheimdienstes laut.
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Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump war von Geheimdienstmitarbeitern umgeben, als er bei einer Wahlkampfveranstaltung von der Bühne gebracht wurde.Foto: REBECCA DROKE/AFP via Getty Images
Von 18. Juli 2024

Er hatte einen Entfernungsmesser und einen Rucksack. Der Secret Service hat ihn aus den Augen verloren.“

Dies erklärte Senator John Barrasso (Republikaner, Wyoming) zum Trump-Attentäter in einem Post auf seinem X-Kanal. „Jemand ist gestorben. Der Präsident wurde fast getötet“, fügte er hinzu, bevor er den Rücktritt der Leiterin des Secret Service, Kimberly Cheatle, forderte.

Cheatle steht in der Kritik, nachdem immer mehr Details zum Hergang des gescheiterten Attentats auf den ehemaligen Präsidenten Donald Trump in die Öffentlichkeit kommen.

Bei einer Wahlkampfveranstaltung am letzten Samstag, 13. Juli, in Butler, Pennsylvania konnte ein 20-Jähriger mit einem halb automatischen Gewehr von einem nah gelegenen Fabrikdach mehrere Schüsse auf Trump feuern. Dieser wurde an seinem rechten Ohr verletzt, ein Zuschauer wurde getötet und zwei weitere Personen auf der Kundgebung schwer verletzt.

Fotos des Verdächtigen an Befehlskette weitergeleitet

Nach Recherchen des US-amerikanischen Lokalsenders „Channel 11“ hat die örtliche Polizei mindestens 26 Minuten vor den Schüssen Fotos des Attentäters Thomas Crooks gemacht und an die Befehlskette weitergeleitet.

Senator John Barrasso erklärte nach der Secret-Service-Unterrichtung, dass Crooks eine Stunde bevor er das Feuer auf Donald Trump eröffnete, als verdächtig identifiziert wurde. Laut CNN erregte Crooks sogar noch früher Verdacht, als er um 15 Uhr – fast drei Stunden vor der Schießerei – mit einem Entfernungsmesser durch den Sicherheitsbereich ging.

Der Sender beruft sich auf einen ranghohen Beamten der Strafverfolgungsbehörden, der über die Ermittlungen unterrichtet wurde. Dieser berichtete, der Entfernungsmesser, der einem Fernglas ähnelte, hätte Crooks nicht daran gehindert, die Sicherheitskontrolle zu passieren. Doch er habe die Aufmerksamkeit des Sicherheitspersonals auf sich gezogen. Dieses habe ihn im Auge behalten, bis Crooks den Sicherheitsbereich verlassen habe. Im Anschluss habe man die Spur von ihm verloren.

Mindestens zwei Sicherheitskräfte seien hinzugezogen worden, um bei der Suche zu helfen. Rund 20 Minuten bevor die Schüsse fielen, habe ein Scharfschütze den Attentäter auf einem Dach entdeckt, hieß es weiter.

Warum die Kundgebung fortgesetzt wurde und Trump auf die Bühne trat, sei eine von vielen offenen Fragen an den Secret Service, erklärt die „New York Times“.

Zudem hätten mehrere Strafverfolgungsbehörden von Pennsylvania bestätigt, dass zwei Scharfschützenteams in der Nähe des Gebäudes postiert waren, von dem aus Crooks am Samstagabend geschossen hatte. Im Gegensatz zu den Äußerungen der Leiterin des Secret Service hätte sich jedoch keine örtliche Polizei in dem Gebäude befunden.

„Channel 11“ hat Fotos veröffentlicht, auf denen ein Mobiltelefon und ein Transmitter zu sehen sind, die anscheinend neben Crooks gefunden wurden, nachdem ein Scharfschütze ihn erschossen hatte. Es wird vermutet, dass die 12-Tasten-Fernbedienung mit einem Sprengsatz verbunden war, der in Crooks Auto gefunden wurde. Die Ermittler vermuteten, dass er eine Ablenkung während der Schießerei geplant hatte.

Das Mobiltelefon und ein Sender, die beim Trump-Attentäter gefunden worden sein sollen. Foto: Bildschirmfoto WPXI.com

Warum war der Secret Service nicht auf dem Dach?

Unklarheiten gibt es laut US-Medien auch bei der Frage der Sicherung des Gebäudes, von dem aus der Täter schoss. Zwei Tage vor der Veranstaltung informierten lokale Sicherheitskräfte den Secret Service, dass sie das Gebäude wegen Personalmangels nicht sichern könnten, wie „CBS News“ berichtet.

In ihrem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC erklärte Kimberly Cheatle, dass keine Beamten auf dem Dach selbst stationiert waren, da dies nicht sicher gewesen sei:

Dieses Gebäude hat ein schräges Dach, an seinem höchsten Punkt. Es gibt also einen Sicherheitsfaktor, der berücksichtigt werden muss, da wir niemanden auf ein schräges Dach stellen wollen.“

Die Chefin des Secret Service weiter: „Wir haben uns also entschieden, das Gebäude von innen zu sichern.“

Diese Aussage wirft Fragen auf, da Scharfschützen des Secret Service bei derselben Veranstaltung auf einem steileren Dach eines Gebäudes hinter Donald Trump stationiert waren. Darauf macht unter anderem der X-Kanal „Amuse“ aufmerksam.

Neigung des Daches, auf dem sich der Trump-Attentäter befunden hat und das Dach, auf dem Scharfschützen des Secret Service stationiert waren, in Butler, Pennsylvania. Foto: Bildschirmfoto X/@amuse

Secret Service Unterrichtung im US-Kongress

Die englischsprachige Epoch Times berichtet über ein Informationsgespräch, das der Secret Service für US-Kongressabgeordnete am Mittwoch, 17. Juli, geführt hat. Dieser Austausch sei wenig aufschlussreich gewesen, kritisieren mehrere republikanische Abgeordnete:

„Das USSS [U.S. Secret Service] Senatsbriefing war unglaublich uninformativ. Es wurden nur vier Fragen zugelassen“, schrieb Senator Ron Johnson (Republikaner, Wisconsin) auf X. „Der Rest von uns soll Fragen einreichen. Das habe ich bereits getan. Ich warte auf eine Antwort. Ich halte nicht den Atem an“, fügte er hinzu.

Senator Mike Lee (Republikaner, Utah) bestätigt auf X ebenfalls weiteren Informationsbedarf: „Und so beendete der Geheimdienst die Unterrichtung nach nur wenigen Fragen. So viel Rauch und Spiegel. So wenig Verantwortlichkeit.“

„Sondereinheit“ mit Vorladungsbefugnis

Die Arbeit des Secret Service, der für die Sicherheit des Präsidenten und ehemaliger Präsidenten zuständig ist, wird nun vom Kongress überprüft. Ebenfalls am Mittwoch kündigte der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Trumps republikanischer Parteikollege Mike Johnson, an, dass am 22. Juli eine „Sondereinheit“ mit Vorladungsbefugnis zur Untersuchung des Vorfalls eingesetzt werde. Das bedeutet, dass die Direktorin des Geheimdienstes gezwungen ist, an diesem Tag zu erscheinen und auszusagen oder wegen Missachtung des Kongresses angeklagt wird. Der Senatsausschuss für Innere Sicherheit und Regierungsangelegenheiten hat unterdessen seine eigene Untersuchung eingeleitet.

Kimberly Cheatle hat erklärt, dass sie nicht zurücktreten wird, obwohl sie in einem Interview mit CNN am 16. Juli erklärt hat, für die Sicherheit bei der Kundgebung verantwortlich gewesen zu sein. „Der Secret Service trägt die volle Verantwortung für die Planung, Durchführung und Ausführung der Veranstaltung“, sagte Cheatle.

Cheatle hat Fehler bei dem Vorfall eingeräumt und erklärt, dass niemand, der für den Geheimdienst arbeite, einen solchen Tag wie in Butler erleben möchte. Und weiter: „Wir erfüllen unsere Aufgabe einwandfrei. Die Leute, die den Präsidenten an diesem Tag gedeckt und evakuiert haben, die Scharfschützen, haben ihren Job tadellos gemacht, und ich bin sehr stolz auf die Maßnahmen, die sie getroffen haben.“

Der Minister für Innere Sicherheit, Alejandro Mayorkas, sagte Reportern bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus am 16. Juli, er habe „100 Prozent Vertrauen in die Direktorin des US-Geheimdienstes“.

Cheatle, die zuvor Biden und Dick Cheney geschützt hatte, wurde von Biden ernannt, um nach einem Skandal um gelöschte Textnachrichten von Agenten während des Kapitol-Aufstands am 6. Januar 2021 einen Neuanfang zu signalisieren.

Mit Material der dpa



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