Schwere Vorwürfe und unbeantwortete Fragen zum Trump-Attentat
Am Samstag gegen 18:10 Uhr kam es zu dem Attentat, als Trump auf der Bühne in der Kleinstadt Butler im Bundesstaat Pennsylvania seine Rede begann. Nach einem lauten Geräusch, das vermutlich von Schüssen oder Explosionen herrührte, brachten ihn Beamte des Secret Service zu Boden. Nach kurzer Zeit wurde der Ex-Präsident mit Blut am rechten Ohr und erhobener Faust zu einem Fahrzeug eskortiert und abtransportiert.
Zahlreiche Fragen und Ungereimtheiten beschäftigen Kommentatoren und Nutzer in sozialen Medien. Epoch Times hat die Wichtigsten zusammengefasst:
1. Die vermeintliche Untätigkeit der Sicherheitsbeamten
Um 18:02 Uhr Ortszeit betrat Donald Trump die Bühne. Es ertönen Strophen des Songs „God Bless the USA“ von Country-Sänger Lee Greenwood. Trump winkt der Menge unter der sengenden Sonne zu. Um 18:11 Uhr, kurz vor den ersten drei Schüssen, spricht der ehemalige Präsident über illegale Einwanderung und verweist auf Statistiken, die auf zwei großen Bildschirmen (Jumbotrons) angezeigt werden.
Trump beginnt zu sagen: „Wenn Sie etwas wirklich Trauriges sehen wollen, schauen Sie sich an, was drüben passiert ist …“ An diesem Punkt sind die ersten drei Schüsse auf der Kamera zu hören. Danach ertönen weitere Schüsse in schneller Folge. Nur wenige Millisekunden zuvor hatte der ehemalige Präsident seinen Kopf leicht nach rechts geneigt, um auf den Jumbotron zu schauen.
Mit Smartphones aufgenommene Videos, die in den Minuten vor den Schüssen entstanden sind, zeigen umstehende Besucher, die versuchten, Polizeibeamte auf die Anwesenheit eines bewaffneten Mannes auf einem Dach aufmerksam zu machen. „TheMilkBarTV“ hat die Szenen mit Zeitstempel auf X zusammengestellt.
🚨 Watch the real time assassination attempt on Trump from different angles. With countdown from footage of people warning authorities about the shooter to Trump being whisked away. pic.twitter.com/iJTbRNlCEw
— MilkBarTV (@TheMilkBarTV) July 15, 2024
Die BBC hat Videos verifiziert und den Augenzeugen Greg Smith interviewt, der erklärt, er habe jemanden auf dem Dach kriechen sehen. Die Waffe sei laut Smith deutlich zu sehen gewesen. Er und andere hätten auf diesen Mann gezeigt und die Polizei informiert. Laut BBC ist zu erkennen, wie um 18:10 Uhr ein in zivil gekleideter Mann und ein augenscheinlicher Polizeibeamter das Dach anschauen, auf dem sich der mutmaßliche Attentäter befindet.
Ein Beamter der örtlichen Polizei ging den Zeugenhinweisen nach – dies sagte jedenfalls der Polizeichef von Butler County, Michael Slupe.
Der Polizist sei zum Dach hochgestiegen. Der Schütze habe seine Waffe auf den Beamten gerichtet, der sich daraufhin vom Dachrand zu Boden fallen gelassen habe, sagte Slupe der „Washington Post“. Der Polizist habe sich zurückgezogen, „weil er nicht getötet werden wollte“. Danach habe der Schütze das Feuer in Richtung Trump eröffnet.
Der „Washington Post“ zufolge war die örtliche Polizei für die Kontrolle des Geländes zuständig, das an die Sicherheitszone des Secret Service angrenzt. Es werde nun untersucht, ob es ein Versagen in der Kommunikation zwischen dem Secret Service und der Polizei von Butler gegeben habe, sagte ein hochrangiger Behördenmitarbeiter der Zeitung.
Das FBI, das die Untersuchungen zum Attentat leitet, sagte Reportern, sie hätten keine Kenntnis davon, dass die örtlichen Behörden mit dem Schützen interagiert hätten, bevor die Schüsse fielen. Gleichzeitig erwähnte die Behörde, sie würde immer noch Beweise sammeln.
2. Das Dach: „Bekannte Schwachstelle mit hoher Priorität“
Vor allem stellen Experten die Frage, wie der mit einem halbautomatischen Gewehr vom Typ AR-15 bewaffnete Täter unbemerkt auf das Fabrikdach gelangen konnte, von wo aus er die Schüsse auf Trump abfeuerte. Das Gebäude, auf dem sich der mutmaßliche Schütze befand, lag außerhalb der vom Secret Service für Trumps Wahlkampfkundgebung eingerichteten Sicherheitszone.
Dabei befindet sich das Gebäude aber nur 150 Meter von der Stelle entfernt, wo das Podest für Trump errichtet wurde. Und von diesem Dach aus bestand ein freier Blick in Richtung des Ex-Präsidenten.
„Der Schütze befand sich außerhalb der Secret-Service-Zone. Was für eine Zone ist denn das?“, fragt Richard Painter, Mitarbeiter des Weißen Hauses unter dem früheren Präsidenten George W. Bush und heute Juraprofessor an der University of Minnesota. Er sieht ein „ungeheuerliches Sicherheitsversagen“ und fordert eine detaillierte Untersuchung.
Laut einem Bericht des Fernsehsenders „MSNBC“ sei das Dach eine „bekannte Schwachstelle mit hoher Priorität“ gewesen, die bei einem Sicherheitsrundgang des Secret Service am Vortag identifiziert wurde. Experten, die der „Focus“ zitiert, beschreiben die Stelle auf dem Dach als „blinden Fleck“. Keines der beiden Scharfschützenteams hätte diesen Bereich von ihren Positionen aus einsehen können.
Wenn sich ein Dach innerhalb der Reichweite eines Gewehrs bis zu einem Präsidenten oder Präsidentschaftskandidaten befinde, „dann ist es der Secret Service, der auf diesem Dach sein sollte“, sagt Juraprofessor Painter. „Haben die jemals vom Texas Book Depository gehört?“ Das ist das Gebäude im texanischen Dallas, von dem aus der Attentäter Lee Harvey Oswald 1963 mit einem Gewehr Präsident John F. Kennedy erschossen hatte.
Auch der Oberstaatsanwalt des Landkreises Butler, Richard Goldinger, ist verblüfft, dass der mutmaßliche Schütze auf das Fabrikdach gelangen konnte. Laut Goldinger befanden sich sogar Sicherheitskräfte in diesem Fabrikgebäude.
3. Secret Service: „Ungeheuerliches Sicherheitsversagen“
Der Secret Service sieht sich nach dem Anschlag mit massiver Kritik konfrontiert. Es ist in den USA die Behörde, die für die Bereitstellung von Personenschutz für den Präsidenten, den Vizepräsidenten, deren Familien und ehemalige Präsidenten zuständig ist. Der Secret Service ist dem Heimatschutzministerium unterstellt.
Anthony Cangelosi ist ein ehemaliger Secret-Service-Agent, der für den Schutz von Präsidentschaftskandidaten, darunter John Kerry im Jahr 2004, zuständig war. Er erklärte gegenüber „MSNBC“, es sehe so aus, als ob Fehler gemacht wurden, die vermeidbar gewesen wären.
Obwohl es üblich ist, die örtlichen Strafverfolgungsbehörden mit Patrouillen außerhalb des Sicherheitsbereichs einer Veranstaltung zu beauftragen, liege die letztendliche Verantwortung dafür, dass alle Schwachstellen abgedeckt sind, beim Secret Service, so Cangelosi.
Auf den Videomitschnitten ist mehrfach erkennbar, dass Beamte des Secret Service mit der Situation überfordert waren. Nachdem die ersten Schüsse gefallen waren, ist die Stimme einer weiblichen Agentin zu hören, die ruft „was machen wir, was machen wir?“ und „wohin gehen wir?“.
Der Rechercheur Henning Rosenbusch macht auf einen Kommentar des „FOX News“-Moderators Jesse Watters aufmerksam. Der Nachfolger von Tucker Carlson erklärte zur Hauptsendezeit des Nachrichtensenders:
Wir können keine Antworten bekommen, weil der Secret Service sich weigert, unsere Fragen zu beantworten. Die Chefin des Secret Service erhielt von Biden einen fetten Bonus. Kimberly Cheatle wurde von Biden eingestellt und unter ihrer Aufsicht hatte der Secret Service ein Problem nach dem anderen.“
Und weiter: „Das FBI sagt uns, dass der mutmaßliche Trump-Attentäter ein Einzeltäter war, aber wir vertrauen dem FBI nicht. Dieselben Leute, die dieses Attentat untersuchten, produzierten die Russland-Fälschung und starteten einen Putsch gegen Trump. Wir waren nur Zentimeter von einer Tragödie entfernt und verdienen Rechenschaft, keine Vertuschung.“
Allerdings ist laut „Washington Post“ die Behauptung falsch, dass zusätzliche Sicherheitsressourcen Trump verweigert wurden. Secret-Service-Pressesprecher Anthony Guglielmi erklärte: „Tatsächlich hat der US-Geheimdienst vor Kurzem dem Sicherheitsteam des ehemaligen Präsidenten zusätzliche Schutzmittel und Fähigkeiten zur Verfügung gestellt.“
4. Die Scharfschützen: Freigabe zum Schießen?
Bezüglich des Scharfschützen-Teams, das den Attentäter schlussendlich erschossen hat, bestehen widersprüchliche Aussagen. Laut „Washington Post“ gehörte der Hauptteil der Scharfschützen zur örtlichen Polizei.
Pressesprecher Guglielmi erklärte der Zeitung, der Secret Service hatte zwei seiner Anti-Angriffs-Agenten vor Ort und füllte den Rest mit mindestens sechs Mitgliedern der taktischen Einheiten des Butler County auf. Zwei Scharfschützen-Teams des Secret Service seien vor Ort gewesen, doch zwei weitere Teams, die für einen angemessenen Schutz der Kundgebung empfohlen waren, seien von lokalen Einheiten gestellt worden, so Guglielmi.
In einem weiteren, nicht verifizierten Video ist zu sehen, wie zwei der Scharfschützen zu Beginn der Veranstaltung mit einem Fernglas etwas beobachten. Ein anonymer Beitrag, der in sozialen Medien die Runde macht, erklärte, einer dieser Scharfschützen sei der Secret-Service-Agent Jonathan Willis. Dieser habe den Attentäter vor seinen Schüssen mindestens drei Minuten im Visier gehabt, aber von seinen Vorgesetzten keine Freigabe bekommen, ihn zu erschießen.
Der Fernsehsender „MSNBC“ widerspricht diesen Gerüchten. Laut einer nicht näher benannten Quelle hätten die Scharfschützen keine Freigabe zum Schießen gebraucht. Frühere Protokolle wären nicht befolgt worden, so eine Nachrichtensprecherin. Dazu gibt es keine offizielle Stellungnahme des Secret Service oder des FBI.
Die Sicherheitspannen in Butler werden voraussichtlich vom Kongress in Washington untersucht. Bereits kurz nach dem Anschlag rief der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Trumps republikanischer Parteikollege Mike Johnson, Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas an.
Er habe dem Minister „einige gezielte Fragen“ gestellt, berichtete Johnson bei „MSNBC“. Unter anderem habe er gefragt, ob Überwachungsdrohnen eingesetzt worden seien. Drohnen hätten den Schützen auf dem Dach sichten müssen, sagte Johnson. Eine Antwort habe er von dem Minister aber nicht erhalten.
Während die Ermittlungen weitergehen, bleibt das Attentat auf Donald Trump von Widersprüchen und Spekulationen umhüllt.
Mit Material von afp.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion