Riss unter der Türkei wird größer: Plattentektonik und Erdkern in Bewegung

Seit Hunderten Millionen Jahren sind die Platten der Erde in Bewegung. Mal sind sie auf Kollisionskurs und bilden einen riesigen Superkontinent – zuletzt vor 325 Millionen Jahren mit Pangaea –, dann trennen sie sich wieder und bilden Landmassen, wie wir sie heute kennen.
Diese Verschiebungen finden noch heute statt, auch wenn sie für das menschliche Leben nicht wahrnehmbar sind. So bewegen sich derzeit unter anderem die Afrikanische und die Arabische Platte Richtung Norden auf die Eurasische Platte zu.

Stark vereinfachte Darstellung der tektonischen Erdplatten. Foto: kms/Epoch Times nach PeterHermesFurian/iStock
Da nicht zwei Körper zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein können, muss eine der Platten weichen. In diesem Fall tauchen die Afrikanische und Arabische Platten oder Teile davon, unter die Eurasische Platte tief in die Erde ab, wo sie aufgeschmolzen werden. Einerseits wird so das Mittelmeer immer kleiner, andererseits werden Gebirge aufgefaltet. Dass dieser Prozess nicht immer glatt und ohne große Veränderungen an der Oberfläche vonstattengeht, zeigen die Türkei und Kurdistan:
Im kurdischen Zagros-Gebirge haben Forscher um Dr. Renas Koshnaw von der Universität Göttingen noch uralte, anhängliche Reste an der Arabischen Platte entdeckt. Dabei handelt es sich um Überbleibsel der „klassischen Tethys“ – einem Ozean, der vor 20 Millionen Jahren Arabien von Eurasien trennte. Aufgrund ihres Gewichtes zieht die Platte an der Landmasse um das Gebirge und lässt die natürlich vorkommenden Senken noch tiefer werden.
Am anderen Ende, in der Türkei, ist die ozeanische Platte dagegen bereits abgerissen und bildete einen horizontalen Riss. Und genau dieser dehnt sich von der südöstlichen Türkei in Richtung des nordwestlichen Iran immer weiter aus. Dies kann wiederum zu mehr oder weniger starken Erdbeben führen.
Es tropft unter den USA
Ein ähnliches Absinken scheint unter der Sierra Nevada in Kalifornien vonstattenzugehen, wie die Geologinnen Vera Schulte-Pelkum und Deborah Kilb entdeckten. Der Prozess, der auch als Abtropfen der Erdkruste bezeichnet wird, könnte laut den Forscherinnen in dem US-amerikanischen Hochgebirge seit mindestens drei Millionen Jahren im Gange sein.
Seismische Wellen offenbarten dabei geologische Unterschiede in der Krusten-Mantel-Grenze unter der Gebirgskette. Wie im vorderasiatischen Raum könnten unter der südlichen Sierra Nevada demnach noch Reste einer versunkenen Erdkruste liegen, die sich abspaltet und in den Erdmantel absinkt.

Innerer Aufbau der Erde. Schichten nach chemischer Zusammensetzung: 1 Erdkruste; 2 Erdmantel; 3 Erdkern (3a äußerer, 3b innerer). Schichten nach mechanischen Eigenschaften: 4 Lithosphäre; 5 Asthenosphäre; 6 äußerer Erdkern; 7 innerer Erdkern. Foto: Gemeinfrei
Während die Ablösung im südlichen Teil des Gebirges bereits beendet sei, scheint sie im zentralen Teil des Gebirges noch anzudauern, so die Forscher. Unterstützt wird diese Annahme durch eine Reihe schwacher Erdbeben – mit einer Magnitude von 1,9 bis 3,2 – in ungewöhnlichen Tiefen von 40 Kilometern und mehr, die wahrscheinlich eine Folge der Ablösung sind. Im Vergleich dazu gibt es im nördlichen Teil noch keine Beben, und die dortige Kruste scheint derzeit deutlich dicker zu sein.
Uralte „Inseln“ im Erdmantel
Noch weit mächtiger und rund 2.000 Kilometer tief unter Afrika und dem Pazifischen Ozean liegen zwei riesige Strukturen verborgen. Was es genau mit diesen sogenannten Large Low Seismic Velocity Provinces (LLSVP), sprich Regionen niedriger seismischer Geschwindigkeit, von der Größe unseres Mondes auf sich hat, sind Geowissenschaftler um Arwen Deuss von der Universität Utrecht, Niederlande, nachgegangen. Ihren neuesten Forschungsergebnissen zufolge handelt es sich dabei um „Inseln“ alter Kontinente – Regionen, die deutlich heißer sind als der umgebende „Friedhof“ kalter versunkener Erdplatten.
„Wir wissen seit Jahren, dass sich diese Inseln an der Grenze zwischen Erdkern und Erdmantel befinden. Und wir sehen, dass seismische Wellen dort unten langsamer werden, weil die LLSVPs heißer sind [als das umliegende Gebiet]“, erklärte Deuss. Paradox, denn dies widerspricht der allgemein angenommenen Vorstellung eines gut durchmischten und schnell fließenden Erdmantels.
Doch die Signale waren nicht nur langsamer, sondern auch lauter. Möglich sei dies nur durch gröbere Minerale im Gesteinsmaterial, die sich über Millionen Jahre hinweg gebildet haben, und die Signale nicht dämpften. Da das umliegende Gebiet diese Eigenschaft nicht aufweist, schließen die Forscher, dass die versunkenen Inseln viel älter sein müssen – mindestens eine halbe Milliarde Jahre, vielleicht sogar noch älter.
Gleichzeitig sind die größeren Bausteine in den Inseln starrer und nehmen daher offenbar nicht an der Strömung im Erdmantel teil. Demnach kann dieser jedoch nicht so gut durchmischt sein, wie die Lehrbücher beschreiben, denn sonst hätten die Inseln nicht über Jahrmillionen im Erdmantel überlebt.
Doch nicht nur die Erdkruste und der Erdmantel sind stets mehr oder weniger stark in Bewegung, sondern auch der darunter liegende Erdkern könnte – entgegen bisherigen Theorien – verschiedene Veränderungen durchlaufen.
Das Innerste der Erde: Weicher als gedacht
Rund 5.000 Kilometer unter der Erdoberfläche beginnt der innere Erdkern, der nach bisherigen Erkenntnissen überwiegend aus festem Metall besteht. Inwieweit dieser Veränderungen durchläuft, ist seit Langem ein Diskussionsthema unter Forschern. Einen Beweis gefunden, dass „die nahe Oberfläche des inneren Erdkerns strukturelle Veränderungen erfährt“, hat jüngst Professor John Vidale von der University of Southern California.
Ursprünglich wollte der Geowissenschaftler die Verlangsamung des inneren Kerns untersuchen, als er in 121 Erdbebenaufzeichnungen aus zwei Jahrzehnten etwas Merkwürdiges entdeckte. „Zuerst verwirrte mich der Datensatz“, erklärte Vidale. Weiter sagte er:
Später wurde mir klar, dass ich auf einen Beweis dafür starrte, dass der innere Kern nicht fest ist.“

Die gegenseitige Beeinflussung von Mantel und Kern kann spürbare Auswirkungen auf die Erde haben. Foto: nach coolvectormaker/iStock
Zurückzuführen seien die ungewöhnlichen Daten auf eine zusätzliche physikalische Aktivität, die die Form des inneren Kerns im oberen weicheren Bereich verändert. Als wahrscheinlichste Ursache für diese strukturelle Veränderung sieht Vidale die Wechselwirkung zwischen dem inneren und dem äußeren Kern.
Was wir zum ersten Mal beobachten, ist wahrscheinlich der äußere Kern, der den inneren Kern stört“, so der Geowissenschaftler.
Jene Störung könne schließlich die Rotation des inneren Kerns beeinflussen, wodurch sich auch die Länge eines Tages minutiös verändern könne. Für den Geowissenschaftler könnte diese Veränderung in der Struktur erklären, wieso sich das Innere unserer Erde derzeit immer langsamer dreht.
Die Forschungsergebnisse reihen sich ein in eine wachsende Liste mit neuen, den gängigen Theorien widersprechenden Erkenntnissen über das Innere unseres Planeten. Das Wissen um diese Prozesse ist wichtig, um die Entwicklung der Erde selbst zu verstehen: Schließlich ist der Erdmantel der Motor großer Phänomene an der Erdoberfläche wie Vulkanismus und Gebirgsbildung. Das gilt jedoch nicht nur für die Erde.
Bewegung verursacht zwei Gesichter des Mars
Erde und Mars werden oft als Schwesterplaneten betrachtet, da sie im gleichen Zeitraum entstanden sind und beide in der habitablen Zone unseres Sonnensystems liegen. Dennoch gibt es einen wesentlichen Unterschied: Die Erde ist bewohnt, der Mars – nach bisherigen Erkenntnissen – nicht.
Dies könnte, wie ein internationales Team aus Geophysikern zeigt, an verschiedenen inneren Strukturen und Prozessen liegen, die auch zur Entstehung der „zwei Gesichter“ des Roten Planeten beigetragen haben.
Wie die Erde besitzt der Mars eine nördliche und eine südliche Hemisphäre, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Während auf der Erde die Südhalbkugel weitgehend von Ozeanen bedeckt ist und die Nordhalbkugel Landmassen und mächtige Gebirge aufweist, ist es auf dem Mars umgekehrt – minus des Wassers: Das südliche Hochland ist älter, höher gelegen und stärker zerklüftet als das nördliche Tiefland.

Höhenkarte des Mars mit den zehn erfolgreichen Missionen. Foto: Zamonin, Wikimedia Commons | CC BY-SA 4.0
Statt wie bislang vermutet, scheinen jedoch nicht Einschläge durch riesige Himmelskörper die Ursache, sondern Bewegungen des Marsmantels, die durch Unterschiede in dessen Temperatur und Dichte verursacht werden.
So offenbarte eine Analyse von Marsbeben, dass der südliche Marsmantel mit 1.000 Grad Celsius heißer und das Material dort flüssiger ist, als rund 200 Grad kältere Mantel unter der Nordhalbkugel. Gestützt werde die Annahme durch die Marskruste auf der Südhalbkugel, die mit 50 Kilometern vergleichsweise dick ist. Aufgrund dieser Mächtigkeit wird der Wärmeverlust aus dem Marsinneren verlangsamt, sodass der Mantel flüssiger ist und damit eine stärkere Strömung aufweist.
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