Überraschung im Labor: Die Erde ist nicht ganz dicht

In den Tiefen der Erde haben Geologen eine geheimnisvolle Schicht entdeckt, die voll mit Kristallen ist. Damit sich diese funkelnde Erscheinung bilden kann, braucht es jedoch eine wichtige Bedingung: einen nicht wasserdichten (Erd-)Mantel.
Überraschung im Labor: Die Erde ist nicht ganz dicht
In den Tiefen der Erde haben Geologen eine geheimnisvolle Schicht entdeckt, die voll mit Kristallen ist.Foto: iStock
Von 1. Dezember 2023

„Die Erde ähnelt mit ihren Schalen einer Zwiebel – einer sehr großen, harten Zwiebel.“ Diesen humorvollen Vergleich brachte unser Geografielehrer vor vielen Jahren, als der Aufbau unseres Planeten auf dem Lehrplan stand.

Damals lernten Schüler einen recht einfachen Aufbau: Die äußeren Schichten bildeten die Erdkruste, der Obere Mantel, die Übergangszone und der Untere Mantel, gefolgt von den inneren Schichten aus Äußerem Erdkern und Innerem Erdkern. Aus Sicht der Wissenschaft können diese großen Schichten jedoch noch feiner untergliedert werden:

So entdeckten Geologen vor einigen Jahrzehnten in der Tiefe unserer Erde eine neue Schicht, die für planetare Verhältnisse mit ihren wenigen Hundert Kilometern „hauchdünn“ ist. Seit ihrer Entdeckung war der Ursprung dieser sogenannten E-Prime-Schicht ein Rätsel – bis jetzt.

Die Erde ist „nicht ganz dicht“

Ein internationales Forscherteam um Dan Shim von der Arizona State University (USA) hat nun herausgefunden, dass Wasser von der Erdoberfläche tief in den Planeten eindringt. Dadurch werde die Zusammensetzung des metallischen, flüssigen Äußeren Kerns verändert und die dünne E-Prime-Schicht gebildet.

Laut den Geologen gelangt das Oberflächenwasser über Milliarden Jahren hinweg durch tektonische Platten, die tief in die Erde absinken, in das Erdinnere. Erreicht das Wasser die Kern-Mantel-Grenze in rund 2.900 Kilometern Tiefe, löse es eine tiefgreifende chemische Wechselwirkung aus, die die Struktur des Kerns verändert.

Zu diesem Ergebnis kamen Shim und seine südkoreanischen Kollegen mithilfe eines Hochdruckexperimentes. Erstmals konnten die Geologen nachweisen, dass sich durch das Zusammentreffen von Wasser und Kernmaterialien eine wasserstoffreiche, siliziumarme Schicht bildet. Diese liege schließlich wie ein Film auf dem obersten äußeren Kernbereich auf. Außerdem erzeugt diese Reaktion Siliziumdioxidkristalle, die schließlich bis in den Erdmantel aufsteigen.

„Jahrelang hat man geglaubt, dass der Materialaustausch zwischen Erdkern und Erdmantel gering ist. Unsere jüngsten Experimente zeigen jedoch eine andere Geschichte“, so Shim. „Diese Entdeckung und unsere frühere Beobachtung, dass sich Diamanten durch die Reaktion von Wasser mit Kohlenstoff in einer Eisenflüssigkeit unter extremem Druck bilden, deuten auf eine weitaus dynamischere Wechselwirkung zwischen Kern und Mantel hin. Dies lässt wiederum auf einen erheblichen Materialaustausch schließen.“

Laut den Forschern gehe dies zudem mit einem umfassenderen globalen Wasserkreislauf einher, als bislang angenommen wurde.

Die Studie erschien am 13. November 2023 im Fachmagazin „Nature Geoscience“.



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