Osterinsel sprengt geologische Theorie vom Erdmantel
Die Osterinsel, auch Rapa Nui genannt, ist ein isolierter und vulkanisch aktiver Ort mitten im Pazifischen Ozean. Besonders bekannt ist er für seine riesigen Kopfstatuen aus Stein – bald vielleicht aber auch dafür, die Geologielehrbücher neu geschrieben zu haben:
Wie Forscher der Universitäten Kiel und Utrecht, Niederlande, anhand von Mineralen aus dem Sandstrand der Osterinsel entdeckten, könnten die plattentektonischen Prozesse der Erde mitunter nicht so ablaufen wie bislang angenommen.
Was bisher geschah
Der Erdmantel unter den Erdplatten gilt als gut durchmischtes, zähflüssiges Gestein, das sich wie ein Förderband unter der Erdkruste bewegt. Diese vor rund 100 Jahren erstmals aufgestellte Theorie ist jedoch schwer zu beweisen – ein direkter Blick in den Brennpunkt ist unmöglich.
Geowissenschaftler und Physiker müssen sich deshalb einen indirekten Einblick mittels moderner Techniken verschaffen. Eine beliebte Möglichkeit ist das Beobachten und Untersuchen von Vulkanen, die in enger Verbindung mit Plattentektonik stehen.
Besonders geeignet sind dafür sogenannte Hotspot-Vulkane wie Hawaii oder die Osterinsel. Diese entstehen, wenn große Magmasäulen – sogenannte Mantelplumes – langsam aus dem tiefen Erdmantel aufsteigen. Die Plumes verharren lange an Ort und Stelle, was mit der klassischen Förderbandtheorie jedoch nur schwer in Einklang zu bringen ist, wenn sich alles andere um sie herum bewegt.
Als gängige Erklärung gilt, dass Mantelplumes so schnell aufsteigen, dass sie nicht von einem sich bewegenden Erdmantel beeinflusst werden. Außerdem würde konstant neues Material unter die Platte strömen, um neue Vulkane zu bilden. Winzige Bestandteile im Sand der Osterinsel scheinen dieser Theorie jedoch zu widersprechen.
Älter als die Osterinsel selbst
Gemeint sind damit Körner von Zirkonen – ein Mineral, das in Magma vorhanden ist und sich mit der Abkühlung der flüssigen Gesteinsmasse bildet. Eine Altersbestimmung der Minerale legt die Vermutung nahe, dass sich der Erdmantel viel langsamer bewegt als bisher angenommen.
Laut den Forschern um Dr. Yamirka Rojas-Agramonte von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entstanden die Zirkone der Osterinsel vor bis zu 165 Millionen Jahren. Die Insel selbst und ihre ältesten Lavafelder sind jedoch gerade einmal 2,5 Millionen Jahre alt.
„Mithilfe der Isotopenanalyse konnten wir das Alter dieser Minerale zuverlässig bestimmen. Überraschenderweise haben unsere Analysen ergeben, dass die Zirkone deutlich älter sind als die heutige Osterinsel selbst. Wir haben Isotopensignaturen gefunden, die bis in die Jurazeit und noch weiter zurückreichen“, sagte Rojas-Agramonte.
Weiterhin zeigte sich, dass die Körner in ihrer Zusammensetzung mehr oder weniger gleich waren. Die Schlussfolgerung: Die Zirkone müssen alle aus Magma mit der gleichen Zusammensetzung entstanden sein – wie die der heutigen Vulkane. Wie ist dieses Rätsel zu lösen?
„Wir können uns die Ergebnisse nur so erklären, dass diese uralten Minerale an der Quelle des Vulkanismus – im Erdmantel unter der Platte – entstanden sind, lange bevor sich die heutigen Vulkane bildeten“, so Rojas-Agramonte.
Abgetauchte Beweise
Aber könnten die Minerale aus tiefen, seit 165 Millionen Jahren aktiven Mantelplumes stammen, die die später entstandenen Vulkane speisten? Eine schwierige Frage, denn alle handfesten Hinweise sind verschwunden.
„Das Problem ist, dass die Platten von vor 165 Millionen Jahren in diesen Subduktionszonen längst verschwunden sind“, sagte Dr. Douwe van Hinsbergen von der Universität Utrecht. Van Hinsbergen nahm daraufhin eine Rekonstruktion der abgetauchten Platte vor.
Als er den Rekonstruktionen ein großes vulkanisches Plateau an der Stelle der heutigen Osterinsel vor 165 Millionen Jahren hinzufügte, stellte sich heraus, dass dieses Plateau vor etwa 110 Millionen Jahren unter der Antarktischen Halbinsel verschwunden sein muss.
„Diese Entdeckung fiel zufällig mit einer kaum verstandenen Phase der Gebirgsbildung und Krustendeformation genau an dieser Stelle zusammen. Diese Gebirgskette, deren Spuren noch deutlich sichtbar sind, könnte das Ergebnis der Subduktion eines vulkanischen Plateaus sein, das sich vor 165 Millionen Jahren gebildet hat“, erklärt van Hinsbergen.
Die Osterinsel ist nicht allein
Die Rekonstruktion zeigt zudem, dass die Mantelplume der Osterinsel vor 165 Millionen Jahren tatsächlich aktiv gewesen sein könnte. Damit wäre das geologische Rätsel gelöst. Die uralten Zirkone wären Überreste älterer Magmen, die aus dem tiefen Erdinneren zusammen mit jüngeren Magmen bei Vulkanausbrüchen an die Oberfläche gelangten.
Es gibt jedoch nur eine Möglichkeit dafür, dass die Zirkone nicht weggetragen wurden: „Eine Hypothese ist, dass diese alten Minerale nur dann erhalten geblieben sein können, wenn der Mantel, der die Plume umgibt, genauso stationär ist wie die Plume selbst“, sagte van Hinsbergen.
Dass sich der Erdmantel viel langsamer bewegt, als bisher angenommen, ahnten die Geologen bereits vor einigen Jahren, als sie auf den Galapagos-Inseln und in Neuguinea etwas Ähnliches vorfanden.
Die Studie erschien am 12. Oktober 2024 im Fachmagazin „AGU Advances“.
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