Europa am Ende? Ein Blick auf seine Wurzeln lohnt

Die römische Kultur gilt zurecht als eine der größten Hochkulturen der Geschichte. Sie prägte wie keine andere unsere heutige Gesellschaft. Jetzt, da das alte Europa arg unter Beschuss steht, ist viel gewonnen, wenn wir die Wurzeln unserer Zivilisation näher betrachten.
5 Wege, wie die alten Römer die moderne Welt prägten
Die Römer lebten und herrschten fast 1.000 Jahre lang in Europa – das ist viel Zeit, um ihre Spuren zu hinterlassen.Foto: Robert Ray/iStock
Von 1. März 2025

Wahrscheinlich hat keine andere Zivilisation die westliche Welt so sehr geprägt wie die der alten Römer. Auf dem Höhepunkt des Römischen Reiches erstreckten sich seine Grenzen von den nebligen Hügeln Nordbritanniens bis zu den gewundenen Wasserstraßen des Nils.

In diesem riesigen Reich lebten mehr als 60 Millionen Menschen unter dem Zeichen des Adlers. Die Römer hinterließen auf diese Weise bei allen Völkern, die sie beherrschten, ihre Spuren und hatten insgesamt einen tiefgreifenden Einfluss auf die gesamte Kultur Europas.

117 n. Chr. erreichte das Römische Reich seine maximale Ausdehnung. Foto: nach PeterHermesFurian/iStock

Im Folgenden wird der weitreichende Einfluss Roms im Laufe der Jahrhunderte kurz skizziert und auf einige Bereiche hingewiesen, welche die Welt, wie wir sie kennen, geprägt hat und weiterhin prägt.

1. Militärische Organisation und Strategie der Römer

Das antike Imperium entstand einst durch römische Militärmacht und Diplomatie. Letztere war immer effektiver, wenn sie durch Erstere unterstützt wurde. Ohne das römische Militär hätte es keine große römische Zivilisation gegeben.

Die römische Armee war eine zähe, disziplinierte und anpassungsfähige Truppe. Aufgrund ihrer hervorragenden Ausbildung, Moral und Erfahrung konnte sie sich sogar gegen zahlenmäßig größere Truppen durchsetzen. Das professionelle stehende Heer wurde durch zahlreiche Schlachten wie eine Schwertklinge im Feuer gehärtet.

Viele Methoden und Verfahren des römischen Militärs sind uns bis heute erhalten geblieben. Die Römer verlangten eine Grundausbildung für neue Rekruten – ähnlich, wie es moderne Militärs tun. Das damalige System der Dienstgrade und Beförderungen funktionierte ähnlich wie das heutige. Das römische Militär bildete fähige Ärzte aus, wobei deren Heilungsraten im Krieg besser waren als die der Mediziner im deutschen Bauernkrieg.

Auch wenn die modernen Schlachtfelder den antiken nicht sehr ähnlich sind, haben bestimmte taktische und strategische Grundsätze der Römer auch heute noch Gültigkeit. Laut der „Association of the United States Army“ können moderne Militärs viel von den Römern lernen, was das Auftreten, die Abschreckung und die Zusammenarbeit mit Verbündeten angeht. Auch wie die eigene militärische Macht vom Feind wahrgenommen werden sollte, wurde gezielt gesteuert und ist beispielhaft.

Die Römer prägten die moderne militärische Organisation und Strategie

Das Römische Heer besaß wie heute Einheiten mit einer festgelegten Anzahl an Soldaten. Foto: standby/iStock

2. Einfluss bei Kunst und Architektur

Die Römer übernahmen von den Griechen bemerkenswerte künstlerische Fähigkeiten, die sie kopierten, adaptierten und erweiterten. Vieles der Schönheit und Weisheit der griechischen Kultur wurde bewahrt und durch die Römer an uns weitergegeben. So fertigten die Römer unter anderem Kopien vieler griechischer Statuen auf Wunsch des Adels an.

Hierfür fertigten die Römer Gipsabdrücke der Originale an, die dann zur Herstellung von Repliken aus Bronze oder Marmor verwendet werden konnten. Ein Großteil der griechischen Originalstatuen wurde im Laufe der Zeit eingeschmolzen, sodass Historiker und Wissenschaftler heute die griechische Bildhauerei hauptsächlich anhand der römischen Kopien kennen.

Aber die Römer schufen auch neue, eigene Statuen. Bildhauer der Renaissance und der Neuzeit bauten hierbei auf dem von den griechischen und römischen Meistern gelegten künstlerischen Niveau auf.

Griechische Zwillinge Kastor und Pollux

Diese Statuengruppe zeigt die beiden Zwillinge Castor (links) und Pollux (rechts). Foto: Siren-Com, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Der Einfluss der Römer auf die Architektur war nicht weniger entscheidend. Sie übernahmen das griechische Konzept von Theatern und Stadien und erweiterten und perfektionierten es für sportliche und kulturelle Veranstaltungen. Das berühmteste Beispiel ist natürlich das Kolosseum in Rom. Die Römer perfektionierten den Bogen, das Gewölbe und die Kuppel, die auch heute noch in der modernen Architektur und Technik allgegenwärtig sind.

Römische Gebäude waren so schön und stabil, dass sie zum Vorbild für spätere Bauten in der ganzen Welt wurden. Beispiele finden sich mit dem Kapitol in den USA, der dem römischen Pantheon gleicht, sowie in Paris mit dem Arc de Triomphe und dem Brandenburger Tor in Berlin, die römischen Triumphbögen und Tempelfronten nachempfunden sind.

3. Technische Durchbrüche der Römer

Die Römer waren meisterhafte Baumeister, Planer und Problemlöser. Die majestätischen Aquädukte, die die mediterrane Landschaft durchziehen, sind unverrückbare Zeugnisse römischen Einfallsreichtums.

Mit den Aquädukten gelangte sauberes Wasser in die Städte, wo es über Zisternen und Wasserrohre in Bäder, Brunnen und reichere Privathäuser floss. Das Abwasser gelangte ebenfalls über Rohre in die Kanalisation. Einige der römischen Aquädukte und Straßen sind noch heute in Betrieb – ein Beweis für die Langlebigkeit der römischen Bau- und Ingenieurskunst.

Römische Mega-Bauten: Das Aquädukt namens Pont du Gard

Der Pont du Gard in Frankreich ist ein römisches Aquädukt mit dreigeschossiger Bogenkonstruktion, das Wasser von Uzès nach Nîmes leitete. Foto: Bertl123/iStock

In anderen Aspekten des Bauwesens waren die Römer unseren heutigen Techniken nicht nur ebenbürtig, sondern übertrafen sie sogar. Römischer Beton trocknete schneller und hielt besser als der heute verwendete Beton.

Der römische Erfindungsreichtum legte den Grundstein für viele moderne Annehmlichkeiten wie Sanitäranlagen, Autobahnen und Fußbodenheizungen.

4. Politische und rechtliche Struktur

Wir haben von Rom viele der grundlegenden Prinzipien und Symbole geerbt, mit denen wir Politik und politisches Handeln definieren und diskutieren“, schrieb die Professorin für Klassische Philologie Mary Beard.

Eine zentrale politische Entwicklung der Römer war die Gewaltenteilung. Der römische Historiker Titus Livius berichtet, dass die Römer ihren letzten König, den tyrannischen Lucius Tarquinius Superbus, so verachteten, dass sie ihn 509 v. Chr. stürzten und schworen, nie wieder einen König zu haben.

Stattdessen gründeten sie die Römische Republik, die ein halbes Jahrtausend nach griechischem Vorbild bestand. Erst 31 v. Chr. wurde die Republik durch eine von Kaisern geführten Monarchie ersetzt, die sich bis zum Ende des Reiches hielt.

Dennoch entwickelten die Römer in den 500 Jahren der Republik eine Trennung der Regierungszweige, die der heutigen Gewaltenteilung gleicht. Die Exekutive bestand aus zwei Konsuln, je einem militärischen und einem zivilen Führer, die in der Regel eine einjährige Amtszeit hatten. Die Legislative setzte sich aus Versammlungen und dem Senat zusammen. Die Judikative bildeten die römischen Richter. Selbst während des Kaiserreiches blieb ein gewisser Anschein von Gewaltenteilung erhalten.

Das römische Rechtssystem diente auch als Vorlage für unser jetziges. In den römischen Gerichten wurden Vorverhandlungen abgehalten, Zeugen geladen, Beweise vorgelegt und Geschworene eingesetzt. Dies geschah jedoch nicht in dem Umfang und Ausmaß der heutigen Rechtsprechung, wie der deutsche Historiker Michael Sommer in seinem Buch „Dark Rome“ zeigt. Dennoch entwickelten römische Rechtstheoretiker Ideen wie Privateigentumsrechte, Vertragsrecht sowie die Bedeutung von schriftlichem Recht und Präzedenzfällen weiter.

Die Römer prägten die moderne politische und rechtliche Struktur

Das Gemälde von Cesare Maccari (1840–1919) zeigt eine Senatssitzung im antiken Rom. Foto: Gemeinfrei

Die erste „Zeitung“

Auch den Weg für moderne Medien ebneten die Römer. Die Acta Diurna – die „täglichen Akten“ – waren eine erste Form der Zeitung, die auf Metall oder Stein geschrieben und auf dem Forum für die Bürger zum Lesen aufgehängt wurden. Sie enthielten Berichte über militärische Aktivitäten, Informationen zu den Gladiatorenspielen, Geburts- und Todesanzeigen sowie Wissenswertes aus dem täglichen Leben.

Die „Acta Senatus“ – die „Akten des Senats“ – wurde auf Anordnung von Julius Caesar ebenfalls veröffentlicht. Diese Bekanntmachungen ähnelten heutigen Presseberichten über die Regierungstätigkeit und nahmen vorweg, wie sehr diese den politischen Diskurs prägen – auch heute noch.

5. Literarische und philosophische Grundlagen

Die Bedeutung der Römer für die Literaturgeschichte – in Bezug auf die Verbreitung griechischer Meisterwerke und die Einführung eigener Klassiker wie Virgils „Aeneis“ oder Ovids „Metamorphosen“ – lässt sich kaum benennen. Die Werke des griechischen Homer und des römischen Virgil sind von hohem Rang und prägten westliche Dichter wie Dante oder Shakespeare.

Griechische Autoren waren die Initiatoren vieler philosophischer Ideen, die Römer wie Seneca oder Boethius aufgriffen und weiterentwickelten. Die Römer trugen auch ihre eigenen philosophischen Strömungen zur westlichen Tradition bei, wie das politische und ethische Denken von Cicero.

Außerdem hat die lateinische Sprache selbst eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Sprache und Kultur in ganz Europa gespielt. So bildet Latein die Grundlage der romanischen Sprachen wie Französisch, Spanisch, Italienisch und Rumänisch. Und noch immer ist sie ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen, juristischen und theologischen Terminologie und die offizielle Sprache der katholischen Kirche.

Beard schrieb über das Erbe Roms: „Römische Debatten haben uns eine Vorlage und Sprache gegeben, die nach wie vor die Art und Weise bestimmen, wie wir unsere eigene Welt verstehen und über uns selbst nachdenken – von der hohen Theorie bis zur niederen Komödie – und dabei Lachen, Ehrfurcht, Entsetzen und Bewunderung in mehr oder weniger gleichem Maße hervorrufen.“

Die Römer setzten das fort, was wir als „Den großen Dialog“ bezeichnen könnten: Ein Austausch, indem es um all das geht, was essenziell und wichtig ist. Dieser geistige Austausch wurde von den Griechen begonnen und wir sind immer noch Teil dieses Dialogs, dank der Römer – zumindest teilweise.

„Spätestens seit der Renaissance sind viele unserer grundlegenden Ansichten über Macht, Bürgerschaft, Verantwortung, politische Gewalt, Imperium, Luxus, Schönheit und sogar Humor im Dialog mit den Römern und ihren Schriften entstanden und erprobt worden“, erklärt Beard.

In gewisser Weise müssen wir also, um uns selbst zu kennen, damit beginnen, das klassische Griechenland und Rom zu verstehen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „5 Ways the Ancient Romans Shaped the Modern World“. (redaktionelle Bearbeitung kms)



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