Rückkehr der Gladiatoren: Was steckt hinter den von Airbnb geplanten Kämpfen im Kolosseum?
Wer an die „Ewige Stadt“ denkt, hat oft Touristenströme im Petersdom des Vatikans, die Engelsburg oder das Kolosseum vor Augen. In keiner anderen europäischen Stadt stehen noch heute so viele Bauten, die an ihre hunderte Jahre alte Geschichte erinnern.
Es ist daher kein Wunder, dass die italienische Hauptstadt im Jahr 2023 einen neuen Besucherrekord mit 35 Millionen Touristen aufgestellt hat.
Passend zum Kinostart des Actionfilms „Gladiator II“ von Regisseur Ridley Scott will das US-amerikanische Unternehmen Airbnb, eine Onlineplattform zur Vermietung von Unterkünften, weitere Touristen für eine spezielle Attraktion nach Rom locken.
Die Besucher sollen dabei im historischen und unter Denkmalschutz stehenden Amphitheater die geschichtsträchtigen Gladiatorenkämpfe hautnah (mit-) erleben – eine riskante Werbeaktion.
Die Vision von Airbnb
„Glaubst du, du hast das Zeug dazu, an die Spitze der Gladiatoren zu treten?“ ist ein Werbeslogan für die neuen Gladiatorenkämpfe im Kolosseum. Angesprochen sollen sich damit „mutige Kämpfer“ fühlen, die „in die Fußstapfen legendärer Krieger“ treten wollen. Geplant sei das Spektakel für zwei Abende, am 7. und 8. Mai 2025, und für drei Stunden im Kolosseum.
Wer sich in der historischen Arena messen darf, lost das US-amerikanische Unternehmen aus. Insgesamt haben bis zu 30 Touristen die Chance, an der kostenlosen Attraktion teilzunehmen – Anreise und Unterkunft in Rom nicht inklusive.
Laut dem Unternehmen werden die Auserwählten nach Sonnenuntergang unter Leitung des Veranstalters in das mit Fackeln erleuchtete Kolosseum treten. Im Kellergeschoss des Amphitheaters würden sie sich dann auf den Kampf vorbereiten und eine Ausrüstung entsprechend den verschiedenen römischen Gladiatorentypen wählen.
Erst danach geht es in jenen kleinen Teil der Arena, der bereits vor Jahren restauriert und für Touristen begehbar gemacht wurde. Dort werden „kampferprobte Gladiatoren ein mitreißendes Gefecht“ austragen, bevor die Touristen selbst gegeneinander antreten dürfen.
Eine Schlacht am Buffet wird es dagegen nicht geben, denn zur kulinarischen Versorgung stünden lediglich Trauben, Granatäpfel, Mandeln und Walnüsse bereit. Ein voller Bauch, so Airbnb, würde die Sinne der Gladiatoren trüben und ihre Reflexe verlangsamen.
Spektakel für mehrere Millionen Euro
Während die reinen Gladiatorenkämpfe für die Touristen nichts kosten, soll Airbnb für die abendliche Miete des Kolosseum etwa 1,5 Millionen Euro investiert haben. Ob es zwischen dem Airbnb-CEO Brian Chesky und Filmregisseur Ridley Scott Vereinbarungen jeglicher Art gab, ist nicht bekannt.
Die neuen Gladiatorenspiele in Rom sind eine der in diesem Jahr vorgestellten „außergewöhnlichen Erfahrungen“, die Airbnb unter der Kategorie „Icons“ neu anbietet. „Icons bringt dich in Welten, die nur in deiner Fantasie existierten – bis jetzt“, sagte Chesky bei der Präsentation im Sommer. „Da das Leben immer digitaler wird, konzentrieren wir uns darauf, mehr Magie in die reale Welt zu bringen.“
Für die rund 2,7 Millionen Einwohner von Rom ist das Spektakel dagegen weniger magisch. Weil immer mehr Immobilien zur Unterbringung der Touristen dienen, herrscht für die Bewohner der italienischen Hauptstadt inzwischen ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum – und Neubauten sind in der überfüllten Metropole praktisch unmöglich. Laut dem Einwohnerverband Associazione Abitanti Centro Storico fördern Unternehmen wie Airbnb die Notlage.
„Im historischen Zentrum der Hauptstadt haben sich B&Bs und Ferienwohnungen wie ein Lauffeuer ausgebreitet, weil es an Kontrollen mangelt, die Vorschriften nicht eingehalten werden und zu viele Verwaltungsstellen sich abwenden. Bevor die Wohnungen zu Herbergen werden, werden sie oft unter großem Aufwand und rechtswidrig umgebaut“, so der Verband auf seiner Website. So komme es dazu, dass als privat ausgeschriebene Wohnräume zu einem getarnten Hotel werden.
Fluch für die Bewohner …
Doch nicht nur bei Wohnungssuchenden regt sich Widerstand. Auch Massimiliano Smeriglio, dem italienischen Politiker und Kulturstadtrat Roms, missfällt die geplante Touristenattraktion. „Wir können nicht eines der wichtigsten Monumente der Welt in einen Themenpark verwandeln“, erklärte Smeriglio.
Auf ihrer Website lässt Airbnb verlauten, dass sie sich mit ihren Gladiatorenkämpfen für die Kultur der Stadt einsetzen wollen. So sehe sich die Plattform dazu verpflichtet, „zur Wiederbelebung des Tourismus in Europa mit Blick auf dessen Kulturerbe“ beizutragen.
„Im Rahmen dieses Programms unterstützt Airbnb die Restaurierung und Aufwertung des Kolosseum, einschließlich eines laufenden Projekts zur Neugestaltung der Dauerausstellung im Kolosseum“, so das Unternehmen.
„Wir verstehen die Notwendigkeit der Konservierung und Restaurierung, aber mit dieser Initiative wird einmal mehr die Kommerzialisierung von Kultur bekräftigt. Ein Prinzip, das in die entgegengesetzte Richtung geht als das von uns verfolgte – nämlich das eines nutzbaren und für alle zugänglichen Erbes“, so der Kulturrat Smeriglio.
„Die Plattform würde sich mehr als Freund Roms zu erkennen geben, wenn sie sein einzigartiges künstlerisches Erbe schützt, ohne es in einen Spielplatz zu verwandeln.“
Die Stadträtin Maristella Urru erklärte: „Während eine Handvoll Touristen Gladiatoren spielt, wird der Rest der Stadt den echten Kampf fortsetzen. Gegen einen Mietmarkt, der es heute unmöglich macht, in unserer Stadt eine Wohnung zu mieten.“
… Segen für Restauratoren
Für die Betreiber des sogenannten Archäologischen Parks des Kolosseum ist die Vermietung des Kolosseums dagegen ein Segen. So kümmern sich die Verantwortlichen nicht nur um das Kolosseum, sondern auch um die Erhaltung anderer römischer Bauten wie jenen auf dem Forum Romanum und einigen Kirchen.
Obwohl die historischen Gebäude aus Stein gebaut sind, nagt auch an ihnen der Zahn der Zeit. Außerdem sei die Dauerausstellung im Kolosseum konfus und benötige zusammen mit den darin präsentierten Funden eine Überarbeitung, so der Archäologische Park.
Eine große Sanierung des Kolosseum fand zuletzt von 2013 bis 2016 statt und kostete 25 Millionen Euro. Dabei wurde das Theater vollständig gereinigt – unter anderem die gesamte Arkadenfassade – und die wichtigen Metallkomponenten der untersten Bögen ersetzt. Im Jahr 2018 kam unter Aufwendung weiterer finanzieller Mittel die Erneuerung des Arenabodens und der Tribüne hinzu.
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