Singen: Eine angeborene Fähigkeit, die gesund macht

Seit der Antike gilt Musik als Heilmittel. Zahlreiche Studien konnten in den vergangenen Jahrzehnten den positiven Einfluss von instrumentalen Klängen auf den menschlichen Körper und Geist bestätigen. Doch nicht nur das Hören von Musik hat einen positiven Effekt, sondern auch das Singen.
So werden dabei nachweislich Glückshormone freigesetzt und Stress abgebaut. Außerdem stärkt Singen die Muskeln und die Knochen und verbessert so die Körperhaltung – egal ob in einem Chor, in der Schule oder zu Hause unter der Dusche.
Doch Singen kann noch viel mehr, als ein einfaches Hobby zu sein, wie Untersuchungen zeigen.
Singen kommt von Natur aus
Anne Haugland Balsnes ist Musikprofessorin an der Universität Agder und ermutigt ihre Mitmenschen – ob groß oder klein – zu singen und sich vom Gesang durchs Leben begleiten zu lassen.
„Die Stimme ist das einzige Instrument, das ein Teil des Körpers ist. Wir werden alle mit einer Stimme geboren, die leicht mit anderen harmonieren kann. Kleine Kinder singen spontan – es ist ein angeborener Teil des Menschseins. Es macht einfach glücklich. Aber es muss gepflegt werden, sonst verblasst es“, erklärte Balsnes.

Singen setzt nachweislich Glückshormone frei und reduziert Stress. Foto: PeopleImages/iStock
Neben den vielen praktischen Vorteilen ist das Singen eine ästhetische Ausdrucksform, die – bei einigen Menschen – noch immer einen hohen persönlichen Stellenwert hat. Es gibt aber auch viele Menschen, die sich für ihren Gesang schämen und sich deshalb mit dem Singen zurückhalten.
Wir begegnen der Musik in verschiedenen alltäglichen Situationen, was uns oft dazu bringt, uns mit anderen zu vergleichen. Dabei sollte es keiner Gesangsausbildung bedürfen, um nach Herzenslust zu singen.
„Das Gegenteil von Scham über die Stimme ist das, was ich Selbstvertrauen beim Singen nenne: sich mit seiner Stimme wohl genug zu fühlen, um ein Lied unter Freunden anzustimmen oder in einer Gruppe mitzusingen“, sagt sie.
Sprachen leichter lernen
Ein weiterer positiver Effekt von Singen ist, dass es beim Lernen hilft. So können Grundschüler das Einmaleins oder verschiedene Satzstrukturen spielerisch erlernen. Außerdem kann das Singen von Liedern den Sprachkenntnissen nützen. So hilft ein fremdsprachiges Lieblingslied nicht nur beim Lesen und Verstehen eines Textes, sondern auch bei der richtigen Aussprache der Wörter.
Im Rahmen ihrer Forschung entdeckte Prof. Balsnes einen weiteren Vorteil von Singen: Es fördert die Konzentration bei Kindern. „Wenn eine Unterrichtsstunde mit Singen beginnt, haben die Schüler einen gemeinsamen Fokus“, sagte Balsnes.
Doch Singen und das Schulfach Musik rücken in modernen Lehrplänen immer weiter in den Hintergrund. „Es gibt von Schule zu Schule große Unterschiede, wie viel gesungen wird. Wenn begabte Musiklehrer ausfallen, gibt es oft niemanden, der sie ersetzen kann“, so die Professorin.
Singen verbindet
Für Balsnes geht es beim Singen nicht um die Erfüllung von Qualitätsstandards und das Treffen aller Töne, sondern um Gemeinschaft und Tradition. Es geht um kulturelles Erbe, Selbstdarstellung und die Vermittlung von Emotionen, auch wenn die Qualität nicht gänzlich vernachlässigt werden sollte.
„Wir singen bei Fußballspielen, auf Feiern und an Festtagen. Das Singen ist sehr wichtig und verbindet, beispielsweise beim gemeinsamen Singen der Nationalhymne. Es wäre sehr schade, wenn wir dieses Gemeinschaftsgefühl verlieren würden. Wir benötigen Lieder für Feiern und Versammlungen, sowohl in der Trauer als auch in der Freude, und das Singen trägt zur Identitätsbildung bei“, erklärte Balsnes.
Eine Verbindung, die Stimmen schaffen, ist der Chor. „Ich bezeichne den Chorgesang gern als den Klang der Gemeinschaft. Man kann hören, dass die Menschen zusammenarbeiten und ihre verschiedenen Stimmen mischen“, so Balsnes. Für ihre Forschung befragte Balsnes viele Chorsänger aus unterschiedlichen sozialen Hintergründen, um herauszufinden, was diese Menschen an der Musik schätzen.

Die norwegische Musikprofessorin Anne Haugland Balsnes bezeichnet Chorgesang als den Klang der Gemeinschaft. Foto: monkeybusinessimages/iStock
„Einige meiner Interviewpartner, die chronisch krank sind, schätzten das Gemeinschaftsgefühl. Andere Chormitglieder wurden wie Kollegen und der Chor zu einem Ort, an dem sie nicht nur Patienten waren. Singen heilt vielleicht nicht jede Krankheit, aber es fördert den gesunden Teil eines Menschen. Die Teilnahme an einem Chor kann auch der Einsamkeit vorbeugen“, erklärte die Professorin.
Viele Menschen schätzen es, eine regelmäßige Aktivität zu haben, und für manche ist es wie ein Zufluchtsort und eine belebende Erfahrung. Die Mitgliedschaft in einem Chor bietet etwas, worauf man sich freuen kann, und sie erlaubt es, neue Freunde zu finden.
Ein Mittel gegen Demenz
Obwohl Singen mit dem Merken von Liedtexten verbunden ist, ist es gut für Demenzkranke. So beeinträchtigt Alzheimer nicht den Teil des Gehirns, in dem Lieder gespeichert werden, sodass sich Betroffene an Lieder erinnern können, die sie vor Ausbruch der Krankheit gelernt haben. Wenn das Singen eine Quelle der Freude für das spätere Leben sein soll, muss man in jungen Jahren damit beginnen.
„Ich sage meinen Schülern immer, dass ihre Hausaufgabe darin besteht, sich an ihre Großeltern zu wenden. Sie sollen mindestens ein Lied lernen, das ihre Großeltern sehr schätzen, damit Sie es gemeinsam genießen können“, so Balsnes abschließend.
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