Einstein und seine Violine: Die Harmonie von Wissenschaft und Musik
Wissenschaft und Kunst werden manchmal als Gegensätze betrachtet. Doch für Albert Einstein, wohl einen der berühmtesten Wissenschaftler, waren die beiden Themen untrennbar miteinander verbunden.
Einstein machte die Welt 1905 mit seiner „Speziellen Relativitätstheorie“ und 1916 mit seiner „Allgemeinen Relativitätstheorie“ bekannt. Außerdem schuf er die Grundlagen für die moderne Quantentheorie.
Seine Leidenschaft für wissenschaftliche Experimente entsprach seiner Leidenschaft für die Violine. Gegenüber der „Saturday Evening Post“ sagte er 1929: „Wenn ich kein Physiker wäre, wäre ich wahrscheinlich Musiker.“
Welche Rolle spielte seine geliebte Geige, die den Spitznamen „Lina“ trug, bei seiner Arbeit? Warum standen Wissenschaft und Musik für ihn in Harmonie? Ausgehend von Erzählungen seiner Kollegen und Äußerungen seiner Freunde und Familie gab Einstein auf diese Fragen immer wieder gerne beredt Antwort.
So entsteht das Bild eines unermüdlichen Wissenschaftlers, dessen Geist von den klassischen Werken Mozarts beflügelt wurde und der sich den universellen Wahrheiten der Musik verschrieben hatte.
Musik als Zuflucht
„Musik war weit mehr als eine Nebenbeschäftigung für Einsteins Arbeit; sie war wesentlich für alles, was er dachte und tat“, ist die Auffassung von Mitch Waldrop, Physiker und Journalist, der mehrere Artikel über Einstein schrieb.
Während der in Deutschland geborene Physiker an Gleichungen wie seiner berühmten „E=mc²“ arbeitete, war seine geliebte Geige nie weit entfernt. In der 2008 erschienenen Biografie „Einstein: His Life and Universe“ von Walter Isaacson stellt der Autor fest: „Musik war kein bloßer Zeitvertreib. Im Gegenteil, sie half ihm zu denken.“
In einem Artikel für das „Strings Magazine“ schrieb Rebecca Rego Barry, dass Einsteins Sohn, Hans Albert, einmal über seinen Vater sagte: „Wann immer er das Gefühl hatte, in eine Sackgasse gekommen zu sein oder vor einer schwierigen Herausforderung in seiner Arbeit zu stehen, flüchtete er sich in die Musik, und das löste alle seine Schwierigkeiten.“
Musik war nicht einfach nur ein Teil der wissenschaftlichen Welt des Physikers, sie war das wesentliche Element seines Lebens. „Ein Leben ohne Musizieren ist für mich unvorstellbar. […] Ich lebe meine Tagträume in der Musik. Ich sehe mein Leben in Form von Musik. […] Die meiste Freude im Leben habe ich durch die Musik“, erläuterte einst Albert Einstein.
Einstein und seine Entdeckung Mozarts
Albert Einstein (1879–1955) wurde als Sohn von Hermann und Pauline Einstein in Ulm geboren. Als er sechs Jahre alt war, erhielt der junge Albert auf Wunsch seiner Mutter Geigenunterricht. Da sie selbst eine begabte Pianistin war, betrachtete sie die Musik als einen wichtigen Teil der Erziehung und Entwicklung eines Kindes.
Anfangs war ihr Sohn nicht begeistert davon, seine Zeit dem Unterricht und dem Üben zu widmen, aber er blieb mehrere Jahre lang bei dem Instrument.
Dann, im Alter von 13 Jahren, entdeckte er Mozarts Violinsonaten. Obwohl er das Üben der Geige bisher als Pflicht betrachtet hatte, die seine Mutter erfreute, änderte sich nach dieser Entdeckung alles. Das Erlernen der Geigenmusik kam dem aufblühenden Visionär nun wie ein endloses Spiel vor. Seine persönliche Entdeckung Mozarts war der Auslöser für eine lebenslange Liebe zu klassischen Kompositionen.
1933 zog Einstein nach Amerika, um dem von den Nazis besetzten Deutschland zu entkommen. Nach seiner Ankunft zog er nach New Jersey, wo er eine Stelle als Professor in Princeton angenommen hatte. Im „Garden State“ festigte er seinen Ruf nicht nur als begnadeter Wissenschaftler, sondern auch als leidenschaftlicher Musiker.
Während seiner Zeit in Princeton war er viel bei seinen Freunden zu Besuch und spielte bei solchen Zusammenkünften Kammermusik. Während der Feiertage zog er oft auf der Geige spielend durch seine Nachbarschaft, um so seine Nachbarn in festliche Stimmung zu versetzen.
Er begleitete sogar Sternsinger, die von Tür zu Tür Weihnachtslieder sangen. Außerdem veranstaltete er jeden Mittwoch bei sich zu Hause einen musikalischen Abend, bei dem seine Freunde in ungezwungener Atmosphäre einige ihrer Lieblingsstücke spielten.
Ein Genie an der Geige?
Albert Einstein war ein leidenschaftlicher, aber bekennender Amateurgeiger. Bis heute ist es umstritten, ob er so gut war, wie sein Ruf vermuten lässt. Es gibt keine Aufnahme, auf der er zu hören ist, und so müssen wir uns auf die Berichte derjenigen verlassen, die mit seinem Spiel vertraut waren. Diese vertreten unterschiedliche Meinungen.
Der New Yorker Direktor Ian Ehling, der für seine schönen Bücher und Manuskripte beim Auktionshaus Bonhams bekannt ist, soll einst gesagt haben: „Ob er gut Geige spielen konnte, ist umstritten, aber er war auf jeden Fall leidenschaftlich dabei.“
Eine lustige Anekdote stammt aus der Zeit, in der Einstein in einem Quartett spielte. Dabei schien der Geigenvirtuose Fritz Kreisler weniger beeindruckt von Einsteins musikalischem Talent. So soll sich Kreisler einmal einer Erzählung nach zu Einstein umgedreht und ihn gefragt haben: „Was ist denn los, Herr Professor? Können Sie nicht zählen?“
Trotz seines gelegentlich nicht optimalen Takteinsatzes schätzten seine Kollegen eine seiner Fähigkeiten ganz besonders: In jedem Werk, welches er spielte, vermittelte Einstein emotionale Tiefe. „Es gibt viele Musiker mit viel besserer Technik, aber – so glaube ich – keinen, der jemals mit mehr Aufrichtigkeit oder tieferem Gefühl gespielt hat“, so einer von Einsteins Freunden.
Was ihm an Technik fehlte, machte er durch Überzeugung wett, was an ein Zitat des großen Ludwig van Beethoven erinnert: „Eine falsche Note zu spielen ist unbedeutend; ohne Leidenschaft zu spielen ist unentschuldbar.“
„Die Schönheit der Harmonien“
In seiner Biografie über Einstein beschreibt Isaacson, wie die Musik dem Physiker die Naturgesetze offenbarte. Dadurch entstand eine untrennbare Verbindung „zur Harmonie, die dem Universum zugrunde liegt, zum schöpferischen Genie der großen Komponisten und zu anderen Menschen, die sich mit mehr als nur Worten verbunden fühlten. Er war sowohl in der Musik als auch in der Physik von der Schönheit der Harmonien beeindruckt.“
Für den Amateurmusiker waren sowohl Mozart als auch Bach die Komponisten, die die Ordnung des Universums in ihren Werken am besten widerspiegelten. Einstein schrieb einmal: „Mozarts Musik ist so rein und schön, dass ich sie als ein Spiegelbild der inneren Schönheit des Universums selbst betrachte.“
Der Journalist Mitch Waldrop glaubt, den möglichen Grund dafür gefunden zu haben, warum Mozart und Bach Einsteins Lieblingskomponisten waren. „Viele Biografen von Einstein haben darauf hingewiesen, dass die Musik von Bach und Mozart in vielerlei Hinsicht dieselbe Klarheit, Einfachheit und Perfektion besitzt, die Einstein auch mit seinen eigenen Theorien suchte“, so Waldrop.
Diejenigen, die mit Einstein am besten vertraut sind, wissen, welch überragende Rolle die Musik bei seinen beruflichen Aktivitäten spielte. Im Jahr 2018 verkaufte das Auktionshaus Bonhams eine seiner Geigen für umgerechnet 616.000 Euro.
Erbauer der Violine war der Cellist und Kunsttischler Oscar H. Steger, der Musikinstrumente konstruierte, wenn er die Zeit dazu fand. Das Instrument besteht aus verschiedenen Hölzern, unter anderem Ahorn und Fichte. Stegers Inschrift lautet: „Geschaffen für den weltweit größten Professor der Wissenschaft Albert Einstein von Oscar H. Steger, Feb 1933/Harrisburg, PA.“
Grenzenlose Musik
In hohem Alter verlor Albert Einstein die Fähigkeit, mit seiner linken Hand die Saiten seiner Geige richtig zu greifen. Obwohl er nicht mehr auftreten konnte, blieb er in der Welt der klassischen Musik aktiv.
Nach Einsteins Tod im April 1955 verfasste der Schriftsteller Jerome Weidman eine Hommage an den verstorbenen Professor mit dem Titel „The Night I Met Einstein“. Die im „Reader’s Digest“ veröffentlichte Geschichte beschreibt den Abend, an dem Einstein Weidman bei einer Dinnerparty unversehens half, sein „unmusikalisches“ Ohr zu überwinden.
Einstein begleitete den Schriftsteller in ein Arbeitszimmer und legte mehrere Schallplatten auf. Ehe sich Weidman versah, nahm er an einem Gehörtraining teil und sang Einstein die von der Platte gespielten Melodien nach, wie es ihm der Wissenschaftler aufgetragen hatte.
Der Schriftsteller war verblüfft: Als sie zur Kammermusik zurückkehrten, die das Abendessen begleitete, hatte er zum ersten Mal überhaupt ein umfassendes Gefühl für die gespielten Noten und Melodien.
Später erklärte Einstein der Gastgeberin des Hauses ihre Abwesenheit mit den Worten: „Mein junger Freund hier und ich […] waren mit der größten Tätigkeit beschäftigt, zu der der Mensch fähig ist.“ Auf die Frage, was diese Tätigkeit sei, soll Einstein gelächelt und gesagt haben, dass sie sich ein weiteres Stück der Grenze zur Schönheit erschlossen hätten.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Einstein and His Violin: The Harmony of Science and Music“. (redaktionelle Bearbeitung kms)
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