Mega-Windpark aus China in der Nordsee geplant: Deutsche Windbranche in Sorge

Der Deal steht: Ein chinesischer Hersteller darf in den kommenden Jahren 16 riesige Windkraftanlagen in der Nordsee bauen. Das bereitet einigen Fachleuten Sorge bezüglich der Energiesicherheit Europas.
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Windkraftanlagen aus China sollen in der Nordsee errichtet werden.Foto: fokkebok/iStock
Von 16. August 2024

Die Nordsee wird zu einem immer größeren Kraftwerk. Auch vor der Küste der Ostfriesischen Inseln entsteht ein Windpark nach dem anderen.

Für Schlagzeilen sorgt insbesondere ein Windprojekt, das dort ab 2028 Strom produzieren soll.

Bei dem sogenannten Waterkant-Windpark, der rund 90 Kilometer vor Borkum stehen wird, kommen die Windkraftanlagen aus China, genauer gesagt vom Unternehmen Ming Yang Smart Energy. Das bereitet der europäischen Windindustrie Sorgenfalten, wie „ntv“ berichtete.

Rekordwindräder für die Nordsee

Die Entscheidung, in der Nordsee chinesische Windkraftanlagen zu errichten, traf der Hamburger Investmentfonds Luxcara GmbH. Deren Chefin, Alexandra von Bernstorff, teilte dem „Handelsblatt“ mit:

Wir sind die Ersten, wir werden aber nicht die Letzten sein, die chinesische Hersteller beauftragen.“

Die bisher in der Nordsee installierten Turbinen stammen von Herstellern wie Siemens, Orsted und Senvion, sind also bis dato fest in europäischer Hand. Doch derzeit drängen immer häufiger chinesische Hersteller auf den hiesigen Markt vor, die mit attraktiven Konditionen und wettbewerbsfähiger Technik überzeugen wollen.

Die Zahlen sind in der Tat beeindruckend: Der Waterkant-Windpark soll mit nicht weniger als den größten und leistungsstärksten Windrädern der Welt ausgestattet werden. Jede der 16 geplanten Windkraftanlagen soll eine Nennleistung von bis zu 18,5 Megawatt (MW) haben, was – rein rechnerisch – 400.000 Haushalte versorgen könnte. Die Gesamtnennleistung des Windparks liegt bei mindestens 270 MW.

Der Durchmesser der Rotorblätter beträgt 260 Meter, die Türme erheben sich bis zur Nabe 160 Meter aus dem Wasser. Demnach ergibt sich eine Gesamthöhe von knapp 290 Metern ab Meeresoberfläche – nur rund 30 Meter kleiner als der Eiffelturm. Auch sturmsicher sollen die Windkraftanlagen sein und Windgeschwindigkeiten von bis zu 220 Kilometern pro Stunde aushalten können.

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Für Offshore-Windkraftanlagen müssen die riesigen Bauteile mit Schiffen transportiert werden. Foto: Bjoern Wylezich/iStock

Schub für die Energiewende

Die Luxcara GmbH sagte dazu: „Mit der Entscheidung für die leistungsstärkste Offshore-Windturbine der Welt können wir die Energiewende in Deutschland vorantreiben und gleichzeitig den dringend benötigten Wettbewerb in der Branche fördern.“ 

Für die Projektplanung und die technische Beratung ist Omexom Renewable Energies Offshore zuständig. Laut dem Unternehmen stellt der Windpark einen „weiteren signifikanten Beitrag zur Energiewende und einer nachhaltigen Zukunft“ dar.

Die hohe Leistung der chinesischen Anlagen spielt den Plänen der deutschen Politik und der EU in die Karten. Deutschland will bis zum Jahr 2030 die Leistung in der Nordsee von aktuell rund neun GW auf 30 GW mehr als verdreifachen. Bis 2045 sollen es dann schon 70 GW sein. Neun EU-Länder – einschließlich Deutschland – wollen bis 2050 insgesamt 300 GW an installierter Offshore-Leistung in der Nordsee auf die Beine stellen.

China nutzt Notlage aus

Dass sich nun chinesische Windkraftanlagen auf dem europäischen Markt breitmachen, erinnert Branchenverbände an die Solarwirtschaft. Hier dominieren unlängst chinesische Hersteller den Markt der Photovoltaikmodule und profitieren vom Solar-Boom. Meist überzeugen die chinesischen Anbieter – egal ob bei Wind oder Solar – mit deutlich günstigeren Preisen als die westliche Konkurrenz.

Fest überzeugt, dass die Windbranche das gleiche Schicksal ereilen wird, ist der ehemalige Hamburger Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt. Auf Anfrage der Epoch Times betont er, dass „die Chinesen ihre Qualitätsprobleme in den Griff bekommen haben, günstiger im Preis sind und bessere Finanzierungskonditionen bieten“.

Laut der Luxcara-Chefin war der Preis beim Waterkant-Windpark jedoch nicht ausschlaggebend für ihre Entscheidung gewesen. „Mingyang war das einzige Unternehmen, das die Lieferzeit bis 2028 mit einer Anlage von 18 Megawatt angeboten hat und einhalten konnte“, betonte von Bernstorff.

Diese Aussage spiegelt zudem die problematische Lage der deutschen Windbranche wider. In den vergangenen Monaten beklagten die Windanlagenbauer Qualitätsprobleme, teure Logistik, lange Genehmigungsverfahren und überstrapazierte Lieferketten. China ist der Nutznießer dieser Notlage.

Gefahr für Europas Sicherheit?

Einige Kritiker warnen ferner davor, dass das neue Projekt in der Nordsee gar die europäische Energiesicherheit gefährde. Sie fürchten, dass China auf diesem Weg versuche, sich einen Zugang zur kritischen Infrastruktur innerhalb Europas zu verschaffen.

Schon vor zwei Jahren sagte Holger Berens, Vorstandschef des Bundesverbands für den Schutz Kritischer Infrastrukturen, dass „Schurkenstaaten, die Menschenrechte verletzen“, benannt werden müssen. Gleichzeitig sei es wichtig, sie von den Kernbereichen kritischer Infrastruktur fernzuhalten.

Auch in Bezug auf das deutsche 5G-Mobilfunknetz steht beispielsweise der chinesische Huawei-Konzern seit Jahren im Verdacht, Sabotage und Spionage zu betreiben. Deswegen hat die Bundesregierung erst kürzlich ein Verbot von Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE in deutschen 5G-Netzen angekündigt. Die USA und mehrere EU-Länder boykottieren Huawei bereits. Die Debatte in der Windbranche ähnelt inzwischen jener im Mobilfunkbereich.

Diese Diskussion ist sich auch von Bernstorff bewusst. „Jeder von uns versteht die sicherheits- und geopolitischen Risiken“, sagte sie. Deswegen habe Luxcara den chinesischen Windradhersteller eingehend von mehreren unabhängigen Beratungsunternehmen untersuchen lassen. Zudem befinde sich Luxcara in intensivem Austausch mit dem Bundeswirtschaftsministerium.

Fachleute hinterfragen Windstrom

Vahrenholt hingegen hat keinerlei Bedenken, dass chinesische Windkraftanlagen die deutsche Energieversorgung beeinträchtigen könnten. Das begründet er damit, dass „die Windkraft keine geeignete Technik zur gesicherten Stromversorgung“ darstellt.

Eine ähnliche Aussage kam von Dipl.-Ing. Michael Limburg. Der Epoch Times teilte der Wissenschaftsautor mit, dass Windkraftanlagen generell „schlechten Strom liefern“. Dieser könne keineswegs mit dem Strom aus Kraftwerken verglichen werden, „der in Spannung, Phase und Frequenz stabil und regelbar ist“.

Zudem sei Elektrizität aus Grundlastkraftwerken günstiger, weil bei der Windkraft die Energiedichte viel zu gering sei. „Man braucht Riesenflächen, um diesen Nachteil auszugleichen“, sagte Limburg.

Das gelte für Deutschland wie für China. „Solange man hier wie dort die Stromerzeugung subventioniert, kann das für die Anbieter gut gehen, wenn das nicht mehr der Fall ist, dann ist es aus“, so Limburg.

China produziert inzwischen schon mehr Windkraftanlagen als alle anderen Länder der Welt zusammen. Die fernöstliche Großmacht hatte im vergangenen Jahr einen Anteil von 60 Prozent an den weltweit 163 Gigawatt (GW). Europas Anteil lag bei 19 Prozent, die USA schafften es lediglich auf neun Prozent.



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