Corona-Demos in Berlin: Teils friedlich, teils aggressiv – Zahlreiche Festnahmen, mehrfacher Pfefferspray-Einsatz
Deutschlandweit fanden am Wochenende zahlreiche Proteste zu den Anti-Corona-Maßnahmen statt. Auch in Berlin gingen erneut Menschen auf die Straße. Dabei kam es zu Angriffen auf Polizeikräfte und zahlreichen Festnahmen.
Die Proteste in Berlin konzentrierten sich am Wochenende auf drei Orte: vor dem Reichstag mit laut Polizei rund 330 Personen, auf dem Rosa-Luxemburg-Platz mit rund 300 Versammlungsteilnehmern und dem Alexanderplatz mit – zu Spitzenzeiten – mehr als 1.000 Teilnehmern. Stadtweit waren rund 1.000 Polizeikräfte wegen öffentlichen Ansammlungen im Einsatz.
Während die Treffen vor dem Reichstag und auf dem Rosa-Luxemburg-Platz vorab angemeldet waren, entstand die Versammlung auf dem Alexanderplatz spontan.
An allen drei Orten ließen sich die Teilnehmer keiner gemeinsamen politischen Ausrichtung zuordnen. Von der extrem linken Antifa über die bürgerliche Mitte, von jung bis alt, ob Mann oder Frau, bis hin zu offenbar rechtsextrem eingestellten Teilnehmern war alles vertreten.
Mehrere Demos fanden am 9. Mai 2020 am Rosa-Luxemburg-Platz zeitgleich statt.
Foto: Epoch Times
Während am Rosa-Luxemburg-Platz mehrere in sich recht homogene Gruppen streng getrennt nebeneinander ihre Demos abhielten, waren die Demos vor dem Reichstag und auf dem Alexanderplatz bunt gemischt. Bei diesen beiden war nur eine leichte räumliche Trennung zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen zu sehen.
Allein am Rosa-Luxemburg-Platz waren es zehn Versammlungen, die annähernd zeitgleich dort stattfanden. Hier begrenzte die Polizei entsprechend der Platzsituation und auch entsprechend den aktuellen Corona-Beschränkungen die Teilnehmerzahl auf insgesamt 300.
Mit Absperrgittern und überwachten Durchlaufstellen wurde die Teilnehmerzahl innerhalb eines Sperrkreises konstant gehalten. Das Konzept ging auf. Die Atmosphäre war hier sehr entspannt und friedlich. Etliche Versammlungsteilnehmer saßen auf der Wiese, meditierten oder hielten Transparente und Schilder hoch.
Andere nutzten eine Musikanlage, um über Musik und Durchsagen ihr Thema zu verbreiten. Die Teilnehmer der Versammlungen achteten größenteils auf Abstand untereinander. Die Pressevertreter führten ungestört Gespräche mit den Teilnehmern.
Demo-Teilnehmerin: „Eine Familie gehört einfach zusammen“
Hier demonstrierte auch Amal, eine Frau mittleren Alters aus Berlin, die im Bereich Festival-Catering tätig ist. Was sie stutzig gemacht hätte, wäre die Einschränkung, dass die Menschen gebeten wurden, die Großeltern nicht mehr zu besuchen. „Eine Familie gehört einfach zusammen, egal wie krank die Person ist und man hätte ja Vorsichtsmaßnahmen durchführen können (Besuch mit Maske etc.).“
Ein anderer Demo-Teilnehmer, der am Flughafen Tegel arbeitet, fühlte sich „völlig verarscht“. Er berichtete, dass Ende Februar noch immer Flugzeuge aus Peking in Berlin landeten, obwohl es schon damals Forderungen nach einer Flughafenschließung gab. „Und jetzt soll ich diesen ‚Maulkorb‘ [eine Schutzmaske] tragen?“ Für ihn sei das Verhalten der Regierung nicht nachvollziehbar.
Ein Fahrrad mit einem Schild zu den Corona-Maßnahmen.
Foto: Epoch Times
Ein Berliner Historiker, der am Rosa-Luxemburg-Platz an den Demos teilnahm, hält das Infektionsschutzgesetz für gut und vernünftig.
Allerdings würde sich seiner Meinung nach die Bundesregierung am Robert Koch-Institut (RKI) und dieses an den strittigen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren und im Rahmen der Corona-Maßnahmen weitgehend Grundrechte einschränken.
Demo-Teilnehmer auf dem Rosa-Luxemburg-Platz am 9. Mai 2020.
Foto: Epoch Times
Mitte März wandte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an die Bevölkerung und kündigte massive Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie an. „Das sind Maßnahmen, die es so in unserem Lande noch nicht gegeben hat“, betonte Merkel in einer öffentlichen Ansprache. Es gehe darum, soziale Kontakte zu verringern. Das wirtschaftliche Leben, die Energieversorgung und die medizinische Versorgung sollten aufrechterhalten bleiben. Das Gesundheitssystem solle nicht überfordert werden. Sie hoffe, „dass es ein gewisses Einsehen der Menschen gibt“, erklärte damals die Kanzlerin.
Corona-Demo: 45 Festnahmen am Reichstag – 100 Polizisten im Einsatz
Ganz anders sah es für die Polizei am Reichstag aus. Eine Versammlung mit vorab zehn gemeldeten Teilnehmern wuchs auf über 300 Menschen an. Da die Abstandsregeln – trotz mehrfacher Hinweise der Polizei – nicht eingehalten wurden, lösten Polizeikräfte die Demonstration auf. Von insgesamt 45 Personen stellten die Einsatzkräfte die Identitäten fest.
Zudem leiteten sie Ordnungswidrigkeits- sowie Strafverfahren wegen Verstößen gegen die Eindämmungsmaßnahmenverordnung in Verbindung mit dem Infektionsschutzgesetz ein, da sich die Demonstranten nicht vom Versammlungsort entfernen wollten bzw. bei der Auflösung Widerstand leisteten.
Es wurden Strafanzeigen wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, versuchte Gefangenenbefreiung, Beleidigung, Körperverletzung sowie Verstöße gegen das Betäubungsmittel-, Waffen- und Versammlungsgesetz gestellt. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wurden alle Personen entlassen, teilte die Berliner Polizei mit. Rund 100 Polizeibeamte waren am Reichstag im Einsatz, ein Polizist wurde leicht verletzt.
Alexanderplatz: Flaschenwürfe und Angriffe auf Polizeikräfte – mehrfacher Pfefferspray-Einsatz
Am Alexanderplatz war die Stimmung angespannt. Hier versammelten sich neben völlig friedlichen, teilweise meditierenden Menschen, auch gewaltbereite Demonstranten, die offenbar die tätliche Auseinandersetzung mit Polizeikräften suchten. Sie brüllten die Polizisten an, machten provozierende Gesten und warfen mit Gegenständen.
Dabei setzte sich die große Menschenansammlung auf dem Alexanderplatz aus mehreren Gruppen zusammen. Die einen waren Menschen, die aufgrund der Personenzahl-Beschränkung am Rosa-Luxemburg-Platz keinen Einlass fanden und sich daher einer zweiten Gruppe auf dem Alexanderplatz anschlossen, also einen alternativen Versammlungsort suchten.
An dieser Stelle wird ein Video von Youtube angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um das Video anzusehen.
Zusammen mit Menschen, die dort eigentlich zum Einkaufen unterwegs waren und sich der Spontan-Versammlung anschlossen, kamen schließlich mehr als Tausend Menschen zusammen, die dicht beieinander gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierten.
Aus der Menschenmenge vor dem abgesperrten Rosa-Luxemburg-Platz und auf dem Alexanderplatz waren Rufe zu hören wie: „Wir (alle) sind das Volk“, „Widerstand, Widerstand“ und „Freiheit, Freiheit“. Einige Versammlungsteilnehmer schwenkten Deutschlandfahnen. Die unterschiedlichen Gruppen diskutierten teilweise hitzig miteinander.
An dieser Stelle wird ein Video von Youtube angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um das Video anzusehen.
Da die Versammlung unangemeldet, mit einer höheren Anzahl an Teilnehmern als momentan erlaubt und dazu ohne Einhaltung der Abstandsregelung durchgeführt wurde, schritt die Polizei ein. Sie forderte die Menschenansammlung auf, sich aufzulösen. In Berlin gilt derzeit eine Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Demonstrationen auf 50 Personen. Der Aufforderung zur Auflösung der Versammlung kam ein Großteil der Menschen nicht nach.
Daraufhin wurden polizeiliche Maßnahmen eingesetzt. Sie führten aufgrund einiger aggressiver Teilnehmer zu einer Eskalation und tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Versammlungsteilnehmern und Polizeikräften. Dabei kam es zu Flaschenwürfen, Beleidigungen und Angriffen auf Polizeikräfte. Die Polizei setzte mehrfach Pfefferspray ein.
Polizeisprecherin: „Atmosphäre polizeifeindlich“
Die Berliner Polizeisprecherin, die vor Ort war, beschreibt die Atmosphäre im Nachgang gegenüber Epoch Times als polizeifeindlich. Mehrfach wäre sie selber bedrängt worden und als Polizeikraft kritisiert worden, dass sie „bei so was mitmache“.
Ein Mann demonstriert gegen die Corona-Einschränkungen am 9. Mai 2020 auf dem Alexanderplatz.
Foto: Epoch Times
Die 500 Einsatzkräfte vor Ort nahmen 86 Personen kurzzeitig fest und erteilte ihnen einen Platzverweis. Zudem wurden mehrere Strafverfahren eingeleitet, unter anderem wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, schweren Landfriedensbruchs, Körperverletzungsdelikten und Verstößen gegen die Eindämmungsmaßnahmenverordnung in Verbindung mit dem Infektionsschutzgesetz.
Eine Polizeikraft verletzte sich leicht bei dem Einsatz, ein Versammlungsteilnehmer wurde aufgrund einer Kopfverletzung ins Krankenhaus eingeliefert.