Vor Gericht: RBB-Betriebsdirektor will 1,2 Millionen wegen fristloser Kündigung

Schmerzensgeld und entgangene Einnahmen aus Nebentätigkeiten: Schlesinger-Mitarbeiter Christoph Augenstein fordert jetzt über 1,2 Millionen Euro wegen seiner fristlosen Kündigung. Ein Gütetermin letzte Woche brachte kein Ergebnis, aber der Richter gab dem RBB schon mal einen Rat: „Als Gebührenzahler sage ich Ihnen: Misten Sie diesen Stall aus!“
Ein Schild mit dem Logo des öffentlichen Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) vor dem Eingang zum Sitz des Senders an der Masurenallee in Berlin.
Der Sitz des „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ (RBB) an der Masurenallee in Berlin.Foto: Monika Skolimowska/dpa
Von 3. April 2023

Trotz des Gütetermins vor dem Berliner Arbeitsgericht konnte im Fall des gekündigten Produktions- und Betriebsdirektors des RBB, Christoph Augenstein, letzte Woche keine Einigung erzielt werden. Augenstein fordert 1,23 Millionen Euro und geht gegen seine fristlose Kündigung vor. Diese bekam er im Februar von der neu eingesetzten RBB-Intendantin Katrin Vernau. Mit Augenstein musste die letzte verbliebende Führungs­kraft aus der Zeit von Ex-Intendantin Patricia Schlesinger, die ihn auch zum RBB geholt hatte, gehen. Kündigungsgrund war ein umstrittener Bonus, den er für den ARD-Vorsitz kassiert habe.

Jetzt geht es dem gekündigten RBB-Mitarbeiter um 750.000 Euro Ruhegeld, wie die Klägerseite beim Gerichtstermin erklärte. Der 59-Jährige fordert zudem 455.000 Euro Schadensersatz für Nebentätigkeiten, die ihm durch seine Kündigung nun verloren gegangen sind, zudem verlangt er noch etwa 25.000 Euro Schmerzensgeld.

Über 5.500 Haushalte müssten ein Jahr lang Gebühren zahlen

Insgesamt sind das 1,23 Millionen Euro – das ist der Jahresbeitrag von 5.583 Haushalten. Gerechnet mit der aktuellen zwangsweise erhobenen monatlichen Rundfunkgebühr von 18,35 Euro, was mit 220,32 Euro pro Haushalt und Jahr zu Buche schlägt.

Da bei diesem Termin kein Ergebnis erzielt wurde, will das Gericht den Fall nun am 8. November weiter prüfen. In einer ersten Einschätzung machte Richter Arne Boyer deutlich, dass der RBB bei einem Urteil in wesentlichen Punkten schlechte Karten haben dürfte und gab den Beteiligten, so zitierte die „Bild“, mit auf den Weg: „Als Gebührenzahler sage ich Ihnen: Misten Sie diesen Stall aus!“

Hintergrund der Kündigung von Augenstein war die Zulage, die Direktoren rund um den ARD-Vorsitz erhalten haben, den der Sender seit dem 1. Januar 2022 bis zum Sommer innehatte. Die alte Geschäftsleitung um Patricia Schlesinger hatte sich hierfür eine Aufwandsentschädigung auszahlen lassen, um die Mehrarbeit während der Übernahme des ARD-Vorsitzes von Anfang 2022 und bis Ende 2023 zu vergüten. So erhielt die Führungsriege bereits ab Juli 2021, also ein halbes Jahr vor Start des ARD-Vorsitzes, eine Sonderzulage. Sie sollte auch nach dem Auslaufen des ARD-Vorsitzes noch ein halbes Jahr weitergezahlt werden.

RBB Führungsriege vor Gericht – als Kläger

Deals wie dieser zugunsten der Chefriege des RBB und viele weitere Unregelmäßigkeiten unter Ex-Intendantin Schlesinger, die man unter „Verschwendung, Vorteilsnahmen und Vetternwirtschaft“ zusammenfassen kann, hatten viel Filz aus dem Selbstbedienungssumpf an die Oberfläche gespült und am Ende dazu geführt, dass unter anderem Patricia Schlesinger und einige ihrer engen Mitstreiter fristlos entlassen wurden. Diese versuchen jetzt für sich herauszuholen, was die aktuell 8,4 Milliarden (2021) jährlichen, zwangsweise erhobenen Gebühren hergeben:

„Die gefeuerten RBB-Chefs kriegen den Hals nicht voll.“

Ex-Intendantin Schlesinger fordert gerichtlich 18.384,54 Euro Betriebsrente pro Monat – bis an ihr Lebensende. Auch Schlesingers entlassener Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter war letzten Freitag zum Gütetermin vor Gericht. Auch hier kam keine Einigung zustande, der neue Termin ist am 1. September. Brandstäter, dessen Rente erst im Dezember 2024 greift, will ein „lebenslanges nachvertragliches Ruhegeld“ – das sind 150.540 Euro pro Jahr, 60 Prozent seines letzten Jahresbruttogehalts und das ebenfalls bis zum Lebensende. Hinzu kommt dann noch die staatliche Rente.

Es ist mittlerweile der dritte Fall, in dem eine Kündigung von RBB-Direktoren und damit Mitgliedern der Schlesinger-Geschäftsleitung vor dem Arbeitsgericht per Gütetermin verhandelt wurde. In den Fällen der früheren Juristischen Direktorin und des früheren Betriebsdirektors gibt es ebenfalls noch keine Einigung. „Bild“ fasst es so zusammen: „Die gefeuerten RBB-Chefs kriegen den Hals nicht voll“.

RBB-Verwaltungsrat kürzt zukünftige Direktorengehälter

Doch Konsequenzen sind in die Wege geleitet: Jetzt werden die Bezüge der Direktoren drastisch gekürzt, das hat der RBB-Verwaltungsrat letzte Woche beschlossen.

Neu eingesetzte Führungskräfte sollen demnach höchstens 200.000 Euro pro Jahr verdienen dürfen, während die früheren Direktoren zwischen 255.000 und 270.000 Euro pro Jahr plus Zulagen bekommen haben. Alle Extras werden zukünftig gestrichen, außer einem monatlichen „Mobilitätsgeld“ von 250 Euro. Auch wird im Krankheitsfall das Gehalt nur noch für sechs Wochen statt für sechs Monate fortgezahlt. Die größte Einsparung betrifft jedoch das „Ruhegeld“ nach Vertragsende: In Zukunft gibt es nur noch ein Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr und das nur noch für maximal 15 Monate statt wie zuvor bis zur Rente oder lebenslang.



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