„Digital Detox“ im Klassenzimmer: Macht ein Handyverbot Schulen besser?

Die Nutzung von Mobiltelefonen an Schulen ist in Deutschland, aber auch international zunehmend ein kontrovers diskutiertes Thema. Dabei wird immer öfter ein Handyverbot ins Spiel gebracht.
Ein solches Verbot kündigte der hessische Kultusminister Armin Schwarz (CDU) Ende März an. Ab dem Schuljahr 2025/2026 soll die private Nutzung von Handys und anderen digitalen mobilen Endgeräten in Schulen grundsätzlich verboten werden. Ausnahmen gelten für Notfälle oder aus medizinischen Gründen oder wenn Lehrer oder Schulen dies gestatten.
Ein ähnliches Vorhaben ließ auch Baden-Württemberg verlauten: Zeitgleich mit Hessen kündigte Stuttgart eine gesetzliche Regelung für den Umgang mit Smartphones an Schulen an.
Ein bundesweites Verbot hatte Schwarz Ende 2024 bei der Bildungsministerkonferenz vorgeschlagen. Als Referenz dafür führte er Kanada und Australien an. Dort gelten seit dem vergangenen Jahr in vielen Provinzen oder Staaten Smartphoneverbote an Schulen. In Australien gibt es seit Kurzem sogar ein landesweites Social-Media-Verbot für Unter-16-Jährige.
Auch in anderen europäischen Ländern ist ein Handyverbot an Schulen auf dem Vormarsch: So gilt an allen niederländischen Schulen seit September 2024 ein Handyverbot während des Unterrichts. Ähnliche Regeln galten oder gelten bald in Italien, Dänemark, Österreich, Griechenland und Frankreich.
Bayern als erste Verbotszone
In Deutschland gibt es keine einheitliche Regelung zur Handynutzung an Schulen, denn hierzulande obliegt die Bildungspolitik den einzelnen Bundesländern. Während einige Bundesländer bereits spezifische Regelungen erlassen haben, überlassen andere die Entscheidung den Schulen selbst.
Vorreiter des Handyverbotes in Deutschland ist Bayern, wo es bereits seit 2006 ein solches gilt. Schüler dürfen Mobiltelefone zwar in die Schule mitbringen, müssen sie jedoch ausgeschaltet im Schulranzen lassen. Ausnahmen sind dann möglich, wenn Lehrkräfte die Nutzung zu Unterrichtszwecken erlauben.
In Nordrhein-Westfalen hingegen stehen die Schulen selbst für Regeln zur Handynutzung in der Verantwortung. Hier, im bevölkerungsreichsten Bundesland, wird aktuell an verbindlichen und einheitlichen Regelungen für alle Schulen gearbeitet.
In Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin oder Hamburg liegen die Entscheidungen auch komplett bei den Schulen, landesweite Regelungen oder Verbote sind hier nicht in Planung oder Thema.
In Niedersachsen und in Bremen gibt es keine einheitliche Regelung zum Umgang mit Handy, Smartphone und Tablet im Schulalltag. Auch hier sollen die Schulen die Nutzung selbst regeln: Ein generelles Handyverbot wird vom niedersächsischen Kultusministerium abgelehnt, bei gleichzeitiger Befürwortung von Einschränkungen an den Grundschulen.
Neue Regierungen in Thüringen, Brandenburg für Verbot
Die neue Thüringer Landesregierung, bestehend aus CDU, BSW und SPD, plant laut ihrem Koalitionsvertrag, Handys an Grundschulen weitgehend zu verbieten und dem analogen Lernen Vorrang einzuräumen.
Vorbei mit Klingeln, Brummen, Tippen und Scrollen auch in Brandenburg. Der Handyumgang in Schulen war hier Wahlkampfthema vor der Landtagswahl, jetzt haben sich SPD und das BSW auf so etwas wie ein Handyverbot im Unterricht geeinigt. Digitale Endgeräte sollen während des Unterrichts verstaut werden.
Weniger Ablenkung, mehr Konzentration
Wie sehr das Leben von Jugendlichen mittlerweile vom Smartphone durchdrungen ist, führen inzwischen zahlreiche Studien vor Augen. Insgesamt 63,7 Stunden beträgt die Internetnutzung pro Woche bei Jugendlichen, so die Digitalstudie 2023 der Postbank.
Eine Überblicksstudie der Universität Augsburg kommt zu dem Ergebnis, dass ein Handyverbot in Schulen positive Effekte hätte, das soziale Klima verbessern und Lernleistungen steigern könnte. Die Grundfrage der Augsburger Forscher:
Verbieten oder nicht verbieten?“
Die Forscher haben fünf große Studien aus Norwegen, Spanien, Tschechien, England und Schweden mit dem gemeinsamen Ergebnis, dass ein Smartphoneverbot messbar positive Effekte auf das soziale Wohlbefinden der Schüler habe.
Schulen zu einem sichereren Ort machen
Digitale Medien könnten zwar Lehrkräfte entlasten, Lernprozesse individualisieren und neue Formen der Zusammenarbeit ermöglichen, jedoch könne der Einsatz digitaler Medien Lernprozesse nicht nur behindern, sondern Lernen sogar verhindern. Allein die Anwesenheit von Smartphones könne sich negativ auf die kognitive Leistung auswirken, so die Forscher.
Handys könnten grundsätzlich das soziale Klima negativ beeinflussen, so durch den Trend des Cybermobbings. Deshalb könne ein Verbot auch dabei helfen, Schulen zu einem sicheren Ort zu machen – gerade für die jüngeren Schutzbefohlenen.
Allerdings – ein Verbot ohne pädagogische Begleitung bewirke nicht viel, so die Forscher. Es sei wichtig, dass Kinder und Jugendliche lernen, wie sie verantwortungsbewusst mit der Technik umgehen. Sie empfehlen deshalb, ein Verbot immer mit Bildungsmaßnahmen zu kombinieren, die die Medienkompetenz der Schüler fördern. Ein striktes Verbot sei laut den Forschern nur in den unteren Klassen sinnvoll.
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