Komponist auf Umwegen: 340 Jahre Johann Sebastian Bach

Johann Sebastian Bach (1685–1750) gilt als einer der größten Komponisten weltweit. Immer wieder zeigen Studien, dass seine Werke auch heute noch – nach über 300 Jahren – bei den Hörern sehr beliebt sind. Und nicht nur bei ihnen: Laut einer Umfrage des BBC „Music Magazine“ im Jahr 2019 wählten ihn sogar 174 lebende Spitzenkomponisten zum größten Komponisten aller Zeiten.
Doch Bachs musikalisches Genie entstand nicht aus dem Nichts. Viele Liebhaber der klassischen Musik wissen, dass er aus einer großen und einflussreichen Musikerfamilie stammte. Da sie sich über sieben Generationen erstreckte, gab es viele Bachs. Aber wer war Johann Sebastian Bach selbst?
Der musizierende Bäcker aus Ungarn
Vieles von dem, was wir über die Musikerfamilie wissen, verdanken wir Johann Sebastian Bach selbst. Als er 50 Jahre alt war, stellte er eine genealogische Liste mit 53 Verwandten auf, die rund 200 Jahre zurückreicht.
Der Familiennachweis konzentriert sich jedoch hauptsächlich auf die männliche Linie, da traditionell der Sohn den Beruf des Vaters übernahm. Mit seiner Auflistung wollte Johann Sebastian Bach sein väterliches musikalisches Erbe für die Nachwelt festhalten.
Die Liste beginnt mit Veit Bach (um 1555–1619), der aus Ungarn floh, um einer Verfolgung wegen seines lutherischen Glaubens zu entgehen. Er ließ sich schließlich in Wechmar, Thüringen, als Bäcker und Müller nieder. Während die Mühle mahlte, soll er oft auf seiner Cister gespielt haben, einem gitarrenartigen Zupfinstrument.

„Frau mit Cister“ – ein Gemälde von Pieter Cornelisz van Slingelandt aus dem Jahr 1677. Foto: Gemeinfrei
Veits Liebe zur Musik wurde später zum Beruf für seine Nachkommen, die als Musiker durch das heutige Deutschland und Europa zogen. Mit dem „Alt-Bach-Archiv“ sind über 20 Kompositionen der frühen Bach-Familie noch heute erhalten. Im 17. Jahrhundert stieg die Zahl der Bach-Werke jedoch mit einem Mann rasant an: Johann Sebastian Bach.
Johann Sebastian Bach: Ein Star ist geboren
Der kleine Bach erblickte am 21. März 1685 im thüringischen Eisenach das Licht der Welt. Er und seine sieben Geschwister waren die Kinder von Elisabeth (1644–1694) und dem Stadtpfeifer und Hoftrompeter Johann Ambrosius Bach (1645–1695).
Bereits im Alter von neun Jahren wurde Johann Sebastian Bach mit dem Tod seiner Eltern zum Vollwaisen. 1695 zieht er deshalb zu seinem 14 Jahre älteren Bruder und Organisten Johann Christoph Bach nach Ohrdruf. In seiner Freizeit sang Johann Sebastian Bach im Schülerchor und lernte von seinem Bruder das Spielen auf der Orgel.
Drei Jahre später, mit 13 Jahren, schrieb Johann seine ersten Stücke für die Orgel, die obendrein als anspruchsvoll für die damalige Zeit galten. Sein musikalisches Können vertiefte der junge Bach zwischen 1700 und 1702 durch schulische Ausbildungen in Lüneburg und Hamburg. Ab da begann seine Reise als begabter Komponist Fahrt aufzunehmen.

Porträt von Johann Sebastian Bach im Alter von 61 Jahren. Foto: Gemeinfrei
Ein Freigeist unterwegs in Deutschland
Nachdem seine erste Bewerbung als Organist in Sangerhausen negativ ausgefallen war, führte ihn der Weg nach Weimar. Dort war er kurz als Violinist des Herzogs tätig, bevor er in Arnstadt die ersehnte Anstellung als Organist erhielt. Doch auch dort blieb Johann Sebastian Bach nur wenige Jahre und arbeitete ab 1707 als Organist in Mühlhausen.
Nur ein Jahr später musste er wieder nach Weimar ziehen, da ihn der Herzog von Sachsen-Weimar zum Hofkomponisten und Organisten berief. Hier musste Bach auf Bestellung regelmäßig Werke für sein gehobenes Publikum komponieren.
Im Jahr 1717 kam es in Weimar jedoch zu einem Eklat: Ohne den Herzog um seine Entlassung zu bitten, nahm Johann Sebastian Bach eine Stelle als Hofkapellmeister in Köthen an. Bach fiel in Ungnade und wurde wegen Ungehorsam für einen Monat ins Gefängnis gesteckt. Erst nach seiner Entlassung durfte er nach Köthen reisen, wo er fünf Jahre lang tätig war.

Dieses Gemälde von 1715 soll den jungen Johann Sebastian Bach zeigen. Foto: Gemeinfrei
1723 wurde Johann Sebastian Bach auf Umwegen zum Thomaskantor in Leipzig ernannt. Diese Stelle verlangte viel Kreativität von dem damals 38-Jährigen, denn er musste etwa 60 Kantaten pro Jahr für die Messe schreiben. Laut seines Sohnes Carl Philipp Emanuel habe Bach Werke für fünf Jahre komponiert – jedoch sind heute nur noch Kompositionen für drei Jahre erhalten. Bis zu seinem Tod sollte Bach in Leipzig viele seiner größten Stücke wie die Orchestersuiten, die Violin- und Cembalokonzerte oder seine oratorischen Passionen komponieren.
Im Alter von 64 Jahren verschlechterte sich sein Gesundheitszustand drastisch. Neben Einschränkungen seines rechten Arms und seiner Schreibhand konnte Bach nur noch schwach sehen. 1750 ließ er sich deshalb sein Auge von dem bekannten, aber umstrittenen Arzt Sir John Taylor operieren – ohne großen Erfolg. Am 28. Juli 1750 starb Johann Sebastian Bach an den Folgen eines Schlaganfalls.
Qualität trotz Quantität
Insgesamt sind heute 1.126 Kompositionen von Johann Sebastian Bach erhalten. Ungeachtet müssen jene Werke bleiben, die heute verschollen sind. Doch auch die bekannten Stücke haben es in sich: Denn bereits für den Geschmack des 18. Jahrhunderts galten Bachs Kompositionen als zu kompliziert – selbst für die Maßstäbe der Barockzeit. Obwohl heute nur das halbe Orchester zum Einsatz kommt, sind die Barockstücke mit einer besonderen Schwierigkeit verbunden: Einem göttlich-harmonischen Zusammenspiel.
Die meisten bedeutenden Komponisten der Barockzeit, so auch Johann Sebastian Bach, standen in enger Verbindung zur Kirche. Ihre Werke waren untrennbar mit religiösen Handlungen wie der Messe verbunden, denn der Glaube und die Musik dienten im 17. Jahrhundert als gesellschaftliche Stütze. Es sollte den Menschen helfen, trotz der grassierenden Krankheiten und vernichtenden Schlachten wie dem Dreißigjährigen Krieg an das Gute zu glauben.
Heutzutage gibt es nur noch wenige Werke, in denen Religion und Musik miteinander verwoben sind. An ihre Stelle ist eine große Vielfalt von Formen getreten. Zu Bachs Lebenszeit war dies anders und seinen Erfolg verdankte er unter anderem der Kirche, für die er viele Stücke geschrieben hatte. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Chor, der schon immer ein wesentlicher Bestandteil der religiösen Musik ist.

Als Kantor in der Leipziger Thomaskirche komponierte Bach mehr als 100 Kantaten. Foto: Joachim Ernst Scheffler (1749), Sammlung H.-P.Haack
Göttlich harmonisch mit jedem Ton
Wie keinem anderen gelang es Johann Sebastian Bach, die vier Stimmen der Chormusik – Sopran, Alt, Tenor und Bass – so miteinander zu kombinieren, dass sie perfekt harmonieren und den sogenannten Kontrapunkt bilden. Dies gleich bei mehreren Kompositionen umzusetzen, ist eine gewaltige Aufgabe und zeugt von einer überragenden intellektuellen Leistung. Zudem benutzte Bach die Technik des Kontrapunkts in mehreren Gattungen, von der Kammer- und Orchestermusik bis zu Chorälen und Streichkonzerten.
Trotz der Schönheit seiner Stücke gerieten Bachs Leistungen alsbald in Vergessenheit. Sowohl die nächsten Generationen des Barocks als auch Komponisten des Rokoko berücksichtigten den Kontrapunkt nicht und nutzten stattdessen einfachere Ansätze.

Bach-Statue vor der Thomaskirche, in der Johann Sebastian Bach begraben liegt. Foto: claudiodivizia/iStock
Erst Haydn und Mozart entdeckten Bachs Musik wieder, als sie schon weit in ihrer Karriere waren. Plötzlich experimentierten diese großen Komponisten mit den harmonischen Möglichkeiten und verwendeten diese in ihren Sinfonien.
Mit dem Aufkommen der Atonalität und der Zwölftonmusik wurden schließlich alle Regeln der Harmonielehre außer Kraft gesetzt, obwohl die Komponisten des 20. Jahrhunderts Bach und den Kontrapunkt kannten.
Das Erbe von Johann Sebastian Bach
Johann Sebastian Bach war das erste Familienmitglied, das internationale Anerkennung erlangte. Dies lag in erster Linie an seiner meisterhaften Fingerfertigkeit und weniger an seinen Kompositionen. In seinem Nachruf wird er zunächst als Organist, dann als Komponist beschrieben.
Nach Johanns Tod im Jahr 1750 sprang der Funke der Inspiration auf seine Söhne über. Er hatte insgesamt 20 Kinder, und obwohl nur die Hälfte von ihnen das Erwachsenenalter erreichte, gab es immer noch genug, um das Familienerbe fortzuführen.
Seine Söhne verteilten sich über ganz Europa und erlangten in ihren jeweiligen Städten Berühmtheit, woran ihre Beinamen noch heute erinnern. Zu den talentierten Sprösslingen gehören Wilhelm Friedemann („Dresdener Bach“ oder „Hallescher Bach“), Carl Philipp Emanuel („Berliner Bach“ oder „Hamburger Bach“), Johann Christoph Friedrich („Bückeburger Bach“) und Johann Christian („Londoner Bach“ oder „Mailänder Bach“).

Vater Johann Sebastian Bach und seine Söhne Philipp Emanuel, Johann Christian, Friedemann, Johann Christoph Friedrich (von links nach rechts). Foto: Gemeinfrei
Von diesen Bach-Söhnen sind Johann Christian und Carl Philipp Emanuel die bekanntesten. Sie erreichten zwar nie ganz die Genialität ihres Vaters, aber sie erlangten zu Lebzeiten ein größeres Ansehen als Komponisten. Mit ihren Kindern – den Enkeln von Johann Sebastian Bach – ist die Fackel der Inspiration jedoch erloschen. 1871 starb der letzte direkte Nachkomme der Bachs.
Die Werke von Johann Sebastian Bach bleiben jedoch bis heute unübertroffen. Die spirituelle Schönheit seiner Musik ist ebenso offensichtlich wie die tiefgründigen intellektuellen Kriterien, die er bei seinen Kompositionen anwendete. Letztlich zeigt uns seine Musik, dass Menschen vergänglich sind, während göttliche Musik von hoher Qualität ewig währt.
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