Achtung: Blinde Passagiere – worauf Sie beim Kauf von Zierpflanzen achten sollten

Der Einzelhandel lockt häufig Kunden mit Rabattaktionen wie „Kauf zwei, zahl eins“ und schenkt ihnen somit ein Produkt. Bei importierten Zierpflanzen – speziell exotischen Sorten – ist das Geschenk auch bei Einzelkauf und mitunter gut versteckt als blinder Passagier dabei.
Die Rede ist nicht nur von Schädlingen wie Läusen und Fliegen oder Pilzen, sondern von Fröschen, Schlangen oder Eidechsen. Jenen unschönen Entdeckungen sind Wissenschaftler der britischen Universität Cambridge nachgegangen und wurden zahlreich fündig. Beim Kauf neuen Grüns ist also Vorsicht geboten.
Kriechtiere per Anhalter in Zierpflanzen
Laut den Forschern um William Sutherland, Professor für Zoologie, bergen vor allem riesige Lieferungen von Schnittblumen und Topfpflanzen die blinden Passagiere. Doch auch in größeren Pflanzen – etwa Zierolivenbäume – verstecken sich die kritischen, fremden Arten wie kontinentaleuropäische Schlangen, Geckos und Ruineneidechsen.
„Zierolivenbäume, die zum Verkauf angeboten werden, sind in Europa sehr beliebt. Da sie über 100 Jahre alt sein können, bieten sie viele Verstecke unter ihrer knorrigen Rinde. Das ist ein unglaubliches Risiko für die Einschleppung von Schädlingen“, erklärte Prof. Sutherland.
Die per Anhalter einreisenden Eindringlinge können sich schließlich als invasive Arten entpuppen und der Umwelt großen Schaden zufügen. Ein prominentes Beispiel dafür ist die spanische Insel Mallorca, die einst schlangenfrei war, aber heute von zahlreichen Hufeisennattern bevölkert wird.

Die Hufeisennatter (Hemorrhois hippocrepis) gelangte durch den Zierpflanzenhandel auf die Mittelmeerinsel Mallorca und ist dort inzwischen eine invasive Art. Foto: Banu R/iStock
Aber auch in Schnittblumen können versteckte Gäste für Überraschung sorgen, wie der Froschspezialist Dr. Silviu Petrovan selbst erlebt hat. Er wurde einmal zu einem Blumenladen im englischen Sheffield gerufen, weil die Floristen zwischen Rosen einen Frosch entdeckten. Petrovan hielt dies zunächst für einen Scherz. Als er jedoch erkannte, dass es sich um einen exotischen Laubfrosch handelte, der mit den Schnittrosen aus Kolumbien und Ecuador gekommen sein musste, war er sprachlos.
„Einen südamerikanischen Laubfrosch in einem Blumenladen in England zu finden, war außergewöhnlich. Mir wurde klar, dass es sehr schwierig sein muss, winzige Schädlinge oder ihre Eier zu entdecken, wenn schon ein so empfindliches kleines Wirbeltier in einer Blumensendung nicht auffällt“, schlussfolgert Petrovan.
Die Spitze des Eisberges
So ungefährliche manche Passagiere erscheinen mögen, sind sie dennoch ein Warnsignal für ein größeres Problem: ein immer schwerer auf Schädlinge zu kontrollierender Pflanzenhandel. Zudem steigt die Zahl der exportierten Pflanzen stetig – auch aus tropischen Ländern mit zum Teil giftigen Tieren – und dieser muss zum Schutz der Pflanzen schnell vonstattengehen. Daran ändern auch die wachsenden Vorschriften und Grenzkontrollen nichts, wie die Forscher in ihrer Studie aufzeigen.
„Ausgewachsene Schlangen und Eidechsen sind nur die Spitze des Eisberges. Wenn sie durchkommen, wie groß ist dann die Chance, dass wir kleine Insekten und Pilze entdecken – die Dinge, die wirklich Probleme verursachen?“, hinterfragt Prof. Sutherland.

Vor allem Laub- und Baumfrösche verstecken sich gern in Pflanzen. Foto: Jana Milin/iStock
Da es keine umfassende Datenbank über Art und Anzahl der in importierten Zierpflanzen gefundenen fremden Tiere gibt, ist es schwierig, das Ausmaß des Problems vollständig zu beurteilen.
Um eine Momentaufnahme zu erhalten, analysierte das Team Aufzeichnungen über Schädlinge, die in den Jahren 2017 bis 2018 am niederländischen Zoll in Zierpflanzen gefunden und dem britischen Ministerium für Landwirtschaft gemeldet wurden. In beiden Fällen handelte es sich bei über 80 Prozent der abgefangenen Schädlinge um Insekten.
Jenseits der Schädlinge
In ihrer Studie haben die Forscher noch weitere Probleme durch den weltweiten Handel von Zierpflanzen entdeckt. Dazu gehören unter anderem, dass oft umweltschädliche Chemikalien verwendet oder große Mengen von Pflanzen aus der freien Natur entnommen wurden. Bei Letzteren handelte es sich überwiegend um vom Aussterben bedrohte Kakteen-, Sukkulenten- und Orchideenarten.
Laut den Forschern halten sich Lieferanten zudem nicht immer an europäische Gesetze. So gehören Orchideen und Kakteen zu den hochwertigen und beliebten Pflanzen, die manchmal illegal aus tropischen Lebensräumen entnommen werden. Gegen dieses Problem, so die Forscher, nütze auch die größte kommerzielle Pflanzenzucht nichts.
„Selbst bei einem weltweiten Handel mit kultivierten Zierpflanzen gibt es immer noch einen Markt für seltene, aus der Natur entnommene Arten. Das kann zu einem raschen Rückgang der Arten führen und das Risiko für wilde Schädlinge und Pflanzenkrankheiten in der Lieferkette erhöhen“, sagte Dr. Amy Hinsley, Co-Autorin der Studie.

Der Zierpflanzenhandel birgt die Gefahr, dass seltene Pflanzen illegal aus der Natur entnommen werden. (Symbolbild) Foto: James E Bailey/iStock
Doch der Zierpflanzenhandel ist keinesfalls nur schlecht, da er viele Menschen beschäftigt sowie Familien in ländlichen Gebieten und die lokale Wirtschaft unterstützt. „Wir wollen auf keinen Fall Kurzschlussreaktionen fördern, die vielleicht gut gemeint sind, aber in Wirklichkeit mehr Probleme verursachen als sie lösen. Wir sollten versuchen, die Branche durch nützliche Dinge nachhaltiger zu machen und Risiken zu mindern“, erklärte Dr. Petrovan abschließend.
Bis es so weit ist, gilt also beim Kauf importierter und exotischer Pflanzen: Immer auf potenzielle Passagiere achten.
Die Studie erschien am 17. Januar 2025 im Fachjournal „BioScience“.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion