Smartphones im Ohr: Drahtlose Geräte bald noch kleiner und leistungsfähiger?
Früher füllten Computer ganze Räume, später passten sie unter den Schreibtisch, heute tragen wir sie in der Hosentasche und morgen vielleicht im Ohr? Der Schlüssel dazu liegt in dem, was Forscher als Phononik bezeichnen, die der Photonik ähnlich ist. Beide machen sich ähnliche physikalische Gesetze zunutze, um die Technik voranzubringen.
Während sich die Photonik die Vorteile von Photonen – oder Licht – zunutze macht, macht die Phononik dasselbe mit Phononen. Bei ihnen handelt es sich um sogenannte quasi-physikalische Teilchen, die mechanische Schwingungen durch ein Material übertragen, ähnlich wie Schall, nur mit sehr hohen und unhörbaren Frequenzen.
Einen großen Schritt zur realen Anwendung haben nun Wissenschaftler der Universität Arizona gemacht. Dies gelang durch die Nutzung einer bislang ungewöhnlichen Kombination, nämlich hoch spezialisierter Halbleitermaterialien und sogenannter piezoelektrischer Materialien. Damit sei es möglich, drahtlose Geräte wie Smartphones oder andere Datenübermittler kleiner, effizienter und leistungsfähiger zu machen.
Alle Bauteile auf einem Chip
„Die meisten Menschen wären wahrscheinlich überrascht, wenn sie wüssten, dass sich in ihrem Mobiltelefon etwa 30 Filter befinden, deren einzige Aufgabe darin besteht, Radiowellen in Schallwellen umzuwandeln und wieder zurück“, erklärt Matt Eichenfield, Hauptautor der Studie.
Diese piezoelektrischen Filter befinden sich auf speziellen Mikrochips und sind notwendig, um Informationen umzuwandeln, wenn ein Smartphone Daten empfängt oder sendet. Da diese Chips aus unterschiedlichen Materialien bestehen, nehmen sie viel Platz in Anspruch. Außerdem kommt es bei der Umwandlung zu erheblichen Verlusten, wodurch die Leistung beeinträchtigt wird. Eine Alternative dazu gab es – bislang – nicht.
Mit den neuen Materialien konnten die Forscher um Eichenfield jedoch zeigen, dass Phononen auf eine Weise manipuliert werden können, wie es bisher nur mit klassischer Elektronik möglich war. Ihre Forschung fügt sich dabei in das Ziel der Gruppe ein, alle Komponenten von Hochfrequenzsignalprozessoren mithilfe von akustischer Wellentechnologie – Phononik – herzustellen, und zwar auf einem einzigen Chip und auf eine Art und Weise, die mit der Herstellung von Standardmikroprozessoren kompatibel ist.
Drahtlose Geräte, nur 100 Mal kleiner
Ihre neueste Veröffentlichung beweist, dass es möglich ist. Zuvor war es den Forschern gelungen, akustische Komponenten wie Verstärker, Schalter und anderes herzustellen. Mit den in der jüngsten Studie beschriebenen akustischen Mischern haben sie das letzte Stück des Puzzles hinzugefügt.
„Jetzt kann man auf jede Komponente […] zeigen und sagen: ‚Ja, ich kann all […] das auf einem Chip […] herstellen’“, sagte Eichenfield. „Wir sind bereit, all das mit Schall zu beschreiben.“
Da die physische Größe eine der grundlegenden Beschränkungen der aktuellen, hochmodernen Hardware ist, könnte die neue Technologie die Tür zu elektronischen Geräten öffnen, die noch leistungsfähiger sind als ihre derzeitigen Gegenstücke, so die Autoren.
Wenn alle Komponenten jedoch auf einem einzigen Chip untergebracht sind, könnten Geräte wie Mobiltelefone und andere drahtlose Kommunikationsgeräte um den Faktor 100 kleiner werden. Kommunikationsgeräte, die praktisch keinen Platz beanspruchen, eine bessere Signalabdeckung und eine längere Batterielebensdauer haben, seien am Horizont zu erkennen.
Revolution der Physik
Ihr Kunststück liegt in der Kombination zweier gängiger Materialien: Lithiumniobat, einem synthetischen Material, das häufig in piezoelektronischen Geräten und Mobiltelefonen verwendet wird, und einer hauchdünnen – weniger als 100 Atome dicken – Schicht aus Indiumgalliumarsenid, einem ebenso gebräuchlichen Halbleiter. Als Trägersubstanz diente Eichenfield und Kollegen ein Chip auf Siliziumbasis.
„Als wir diese Materialien auf die richtige Art und Weise kombinierten, konnten wir experimentell einen neuen Bereich der phononischen Nichtlinearität erschließen“, sagte die an der Studie beteiligte Ingenieurin Lisa Hackett. „Das bedeutet, dass wir einen Weg gefunden haben, hochleistungsfähige Technologien zum Senden und Empfangen von Radiowellen zu entwickeln, die kleiner sind als je zuvor.“
Anders gesagt haben die Forscher einen alternativen Weg gefunden, Frequenzen zu ändern und Informationen zu kodieren – das, wofür bislang die 30 Filter im Smartphone nötig sind. Gleichzeitig gelang es ihnen, den bekannten Effekt erheblich zu verstärken und kontrollierbar zu machen, wodurch sich das System für verschiedene Anwendungen öffnet.
„Die effektive Nichtlinearität, die man mit diesen Materialien erzeugen kann, ist Hunderte oder sogar Tausende Male größer, als bisher möglich war, was verrückt ist“, so Eichenfield. „Wenn man das Gleiche für die nichtlineare Optik tun könnte, würde man das Feld revolutionieren.“
Die Studie erschien Anfang Mai im Fachmagazin „Nature Materials“.
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