Karl V. – römisch-deutscher Kaiser von Peru bis zu den Philippinen
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Der Habsburger Karl V., gebürtiger Niederländer mit spanischen Wurzeln, gilt als einer der erfolgreichsten Herrscher des Mittelalters und der anschließenden Renaissance. Trotz seiner politischen Leistungen ist der römisch-deutsche Kaiser im Vergleich zu Napoleon, Caesar oder seinem Namensvetter Karl dem Großen deutlich weniger bekannt. Im Gegensatz zu ihnen erhielt Karl V. seine Herrschaftsgebiete zudem nicht durch Blutvergießen.
Vielmehr erbte der spätere Kaiser mit gerade einmal sechs Jahren die ersten von vielen weiteren Gebieten, weshalb Karl V. auch als „Erbe vieler Kronen“ bezeichnet wird. Ein Blick in die Geschichte des Regenten zeigt, dass Königwerden nicht schwer war, doch Königsein umso mehr.
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Karl V. gehörte zum Hause der Habsburger, deren berühmte „Habsburger Unterlippe“ ein Produkt aus innerfamiliären Beziehungen ist. Foto: Gemeinfrei
Unfreiwilliger Schwur
Am 24. Februar 1500, vor 525 Jahren, erblickte Karl V. in Gent das Licht der Welt. Als Sohn von Philipp „dem Schönen“ und Johanna „der Wahnsinnigen“ schien sein Leben bereits früh interessant zu werden. Er war das zweitälteste Kind des burgundischen Herzogs und hatte neben vier Schwestern auch einen jüngeren Bruder namens Ferdinand.
Mit nur einem Jahr ernannte ihn sein Vater Philipp zum Grafen von Luxemburg und machte ihm zum Ritter vom Orden des Goldenen Vlieses. Dieser Orden, dessen Großmeister er später wurde, verlangt von ihm, nach ritterlichen Tugenden zu handeln, dem Haus von Burgund zu dienen und der katholischen Kirche ewig die Treue zu schwören. Diese unfreiwillige Mitgliedschaft könnte Karl V. sein Leben lang innerlich zerrüttet und seine Entscheidungen beeinflusst haben.
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Diese und ähnliche Ketten wurden vom Großmeister des Ordens vom Goldenen Vlies getragen, auch von Karl V., wie Porträts vom ihm zeigen. Foto: Alexeinikolayevichromanov, Wikimedia Commons | CC BY-SA 4.0
Trotz der frühen Ehrungen verband Karl nicht viel mit seinem Vater, denn er wuchs nahezu elternlos bei seiner Tante in den Niederlanden auf. Die Erziehung umfasst alles, was ein künftiger Regent der damaligen Zeit benötigte: Tugend, friedliche Verhandlungsführung, Theologie, Kunst und Wissenschaft. Ein besonders prägender Lehrer soll der Theologe Adrian von Utrecht, der spätere Papst Hadrian VI., gewesen sein, durch den Karl V. zu einem gottgläubigen Mann wurde.
Karl V.: Vom Ritter zum König in 20 Jahren
In seinem sechsten Lebensjahr erbte Karl durch den frühen Tod seines Vaters die Ländereien des Herzogtums Burgund. In den folgenden zehn Jahren lernte er, dass Regieren viel Arbeit und Pflichterfüllung bedeutet.
Doch die auf eine künftige Regierung zugeschnittene Erziehung hatte auch ihre Schattenseiten, die sich in seinem Charakter widerspiegelten: Karl V. galt als unnahbar, zurückgezogen und schweigsam. Unterstützt habe dies seine körperliche Erscheinung. Typisch Habsburger soll er eine Adlernase sowie eine Fehlstellung des Kiefers mit ausgeprägter Unterlippe gehabt haben. Letztere soll ihm Probleme beim Sprechen und Atmen bereitet haben. Im Ausgleich dazu seien seine Willenskraft und seine Ausdauer hoch gewesen.
Mit 16 Jahren starb auch sein Großvater Ferdinand II. von Aragon, womit Karl König von Spanien wurde. Da er in den Niederlanden aufgewachsen war, musste er als neuer König erst die spanischen Bürger von sich überzeugen. Neben zahlreichen Vereinbarungen zugunsten der Bürger lernte er zudem die spanische Sprache, um sich mit seinem Volk verständigen zu können.
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Der Ausschnitt aus einem Gemälde von Bernhard Strigel zeigt Karl V. mit 16 Jahren. Foto: Gemeinfrei
Vier Jahre später erbte er auch noch die Habsburgischen Erblande, das heutige Österreich, von seinem anderen Großvater Maximilian I. Damit war er ein weiterer Kandidat für die Wahl zum neuen König des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Obwohl seine Chancen schlecht standen, wurde Karl V. in Abwesenheit zum neuen König gewählt und konnte sich gegen die Konkurrenz aus Frankreich, England und Sachsen durchsetzen. Somit herrschte Karl V. über ein Reich, „in dem niemals die Sonne unterging“. Es reichte von Peru über Europa bis zu den Philippinen.
Und dann kam Luther
Bereits kurz nach seiner Königswahl geriet Karl V. zwischen zwei Fronten, denn immer mehr Menschen folgten den Ansichten von Martin Luther. Der Reformator selbst äußerte sich zum neuen König positiv:
Gott hat uns ein junges, edles Blut zum Haupt gegeben und damit viele Herzen zu großer guter Hoffnung erweckt.“
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Der Holzschnitt von 1520 zeigt die Krönung von Karl V. zum König. Foto: Gemeinfrei
Die katholische Kirche hingegen war von Luther wenig begeistert und lud ihn zum Reichstag in Worms vor, wo er seine Absichten ablegen sollte. Luther blieb bei seiner Meinung und als König des Römisch-Deutschen Reiches musste Karl V. ein Urteil fällen.
Der König folgte seinen Beratern: Luther wurde als Ketzer bezeichnet und seine Schriften wurden verboten. Später ließ Karl V. verlauten, dass er mit seinem Urteil im Interesse des katholischen Glaubens gehandelt habe. Ob es auch sein persönliches Interesse widerspiegelte, ist unklar.
Karl V.: Ein rastloser König ohne Palast
Um ein so großes Reich zu führen, schuf Karl V. einen komplexen Regierungsapparat und mit bis zu 2.000 Mitgliedern den größten Hofstaat dieser Zeit. Seine zahlreichen Beziehungen sicherten ihm treue Untergebene in der ganzen Welt, die seine Befehle ausführten.
Um regelmäßig Präsenz zu zeigen, reiste Karl V. stets durch sein Reich und besaß weder eine feste Residenz noch eine Hauptstadt. Dringliche Angelegenheiten regelte für ihn sein jüngerer Bruder Ferdinand von Österreich aus. Mit ihm stand Karl jederzeit in engem Kontakt, wie noch heute erhaltene Briefe zwischen den beiden zeigen.
Wichtige Anliegen waren insbesondere Bedrohungen von außen durch immer wieder aufflammende, teils langjährige Kriege mit Frankreich und dem nach Europa vorrückenden Osmanischen Reich.
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Eine Replik des Kaiserporträts von Karl V. nach dem Vorbild von Tizian. Foto: Gemeinfrei
Obwohl der König mit ritterlich-tugendhafter Erziehung als selbstbeherrscht galt, zeigte er in Schlachten auch seine grausame und dunkle Seite. Aufgrund seines Hangs zur Nachdenklichkeit zögerte Karl V. zudem oft wichtige Entscheidungen hinaus.
Neben der Politik förderte der König indes die Kunst, sodass der berühmte Maler Tizian für kurze Zeit zum Hofstaat gehörte. Außerdem interessierte sich Karl für Astronomie, war fasziniert von den präzisen See- und Landkarten seiner Zeit und beschäftigte sich intensiv mit Nikolaus Kopernikus und seiner Theorie des heliozentrischen Weltbildes.
Zwischen Gold und Gewissen
Im Jahr 1530 erreichte Karl V. den Höhepunkt seiner politischen Karriere: die Krönung zum Kaiser. Die Finanzierung von Karls Politik war jedoch so kostspielig, dass das Geld im Laufe der Zeit immer knapper wurde.
Es verwundert daher nicht, dass der Kaiser Entdeckungsreisen von Ferdinand Magellan oder Hernán Cortés förderte oder die Philippinen nach seinem Sohn Philipp II. benannte. Doch auch die zahlreichen Gold- und Silberlieferungen aus Südamerika änderten nichts an der klammen Kasse, im Gegenteil. Dass spanische Entdecker große Mengen an Schätzen gegen den Willen der Ureinwohner und unter Einsatz von Gewalt außer Landes brachten, sorgte auch gesellschaftlich für Unmut.
Viele Gläubige stellten das Handeln der Eroberer in der Neuen Welt infrage und appellierten an die Moral, was zur Einrichtung einer Gerichtsverhandlung führte. Obwohl den Eingeborenen in Südamerika ein Grundrecht zugesprochen wurde und Karl V. gegen die Gewalt und Versklavung war, gab der Kaiser später aufgrund des politischen Drucks nach.
Auch der Konfessionsstreit in Europa belastete den Kaiser noch immer. Mit dem Konzil von Trient (1545–1563) sollten die Katholiken und Protestanten vereint werden – doch ohne Erfolg. 1552 regelte der Passauer Vertrag zwischen Ferdinand I., inzwischen König von Deutschland, und den Reichsfürsten schließlich, dass der evangelische Glauben rechtlich erlaubt ist.
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Beim Konzil von Trient sollten eigentlich Katholiken und Evangelisten wieder zu einer Konfession vereint werden. Foto: Gemeinfrei
Karl V. dankt ab
Auch politisch schien die Lage für den Kaiser aussichtslos, und so gab er 1555 seine Abdankung bekannt. Karl V. sah sich selbst als Wahrer des europäischen Friedens, auch wenn ihm das nicht immer gelang. In seiner Abdankungserklärung sagte er:
Ich weiß, dass ich viele Fehler begangen habe, große Fehler, erst wegen meiner Jugend, dann wegen des menschlichen Irrens und wegen meiner Leidenschaft, und schließlich aus Müdigkeit. Bewusst habe ich niemandem Unrecht getan. […] Sollte dennoch Unrecht entstanden sein, geschah es ohne mein Wissen […]. Ich bedaure es öffentlich und bitte jeden, den ich gekränkt haben könnte, um sein Verzeihen.“
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Dieses Gemälde zeigt die Abdankung Kaiser Karls V. (in Schwarz) am 25. Oktober 1555. Foto: Gemeinfrei
Die Nachfolge teilte Karl V. unter seiner Familie auf. Während sein Sohn Philipp die spanischen und burgundischen Ländereien erhielt, erbte sein Bruder Ferdinand Österreich und wurde der neue Kaiser.
Seine letzten Jahre verbrachte Karl V. schwer krank nahe einem Kloster in San Jerónimo de Yuste, Spanien. Die Liste der Beschwerden war lang: von Verdauungsproblemen und Hämorrhoiden bis Asthma und Diabetes. Hinzu kam die Gicht, die ihn 30 Jahre lang begleitete und ihm das Bewegen schwer machte. Im Jahr 1558 starb der ehemalige Kaiser schließlich mit 58 Jahren an Malaria.
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