Palazzo del Te: Vom Pferdestall zum „Wohnsitz der Götter“
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war Federico II. Gonzaga (1500–1540) der Markgraf und Herzog von Mantua. Zu jener Zeit lag die Stadt Mantua in der Lombardei, Norditalien, auf einer Insel inmitten von vier Seen. Geschützt von einer großen Stadtmauer, führte am südlichen Ende eine Brücke zu einer weiteren kleineren Insel namens „Teieto“ oder nur „Te“. Hier befand sich das kleine Haus des Herzogs und seiner Familie mit den unzähligen Ställen für ihre Vollblutpferde.
Als ihn der Künstler Giulio Romano (um 1499–1546), ein Schüler des großen italienischen Malers Raffael, im Oktober 1524 in Mantua besuchte, beauftragte er ihn, die vorhandenen Ställe zu renovieren. Der Markgraf stellte Romano ein Haus zur Verfügung und überhäufte ihn mit Geschenken – unter anderem eines seiner Lieblingspferde.
Ursprünglich dachte der Herzog an eine bescheidene Residenz, in die er sich manchmal zum Schlemmen zurückziehen konnte. Als Federico II. Gonzaga den Entwurf von Giulio Romano sah, erteilte er ihm sofort den Auftrag des Baus. Doch aus dem bescheidenen Häuschen wurde schließlich sein neues Schloss.
Dieses ist gemäß der Renaissance einer sogenannten Villa Suburbana, also einem hochklassigen römischen Wohnhaus außerhalb der Stadt, nachempfunden. Hier wollte der Adlige seine „ehrliche“ Freizeit fernab der politischen Verpflichtungen verbringen und hohe Gäste empfangen.
Eine sprudelnde Quelle der Kreativität
In Federico Gonzaga wuchs der Wunsch heran, einen Ort zu schaffen, der „keine Menschen beherbergen soll, sondern für die Götter gemacht ist“, wie der Kunsthistoriker Vasari in seinem Werk „Le Vite“ schrieb. Für Giulio Romano war der Bau des Palazzos eine einmalige Gelegenheit, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Die handwerklichen Fähigkeiten dazu hatte er während seiner Lehre unter Raffael in Rom erworben.
Der Künstler plante alles: von der architektonischen Struktur des Gebäudes bis zu den prächtigen Freskenzyklen, den Kaminen, den Decken und den Fußböden aller Räume. Umgesetzt haben diese jedoch seine besten und zuverlässigsten Mitarbeiter, deren Arbeiten Romano bis ins noch so kleinste Detail mit Argusaugen beobachtete. Für den Rohbau benötigten sie lediglich 18 Monate, während die Ausgestaltung der Schmuckelemente zehn Jahre dauerte.
Von Westen aus kommend überrascht der Palazzo del Te zunächst mit seiner breiten rechteckigen Front aus Quadersteinmauerwerk. Die Außenfassade ist mit flachen eckigen Säulen und einem dünnen Relief unterhalb des Daches verziert. Für den Betrachter mag das Gebäude bescheiden und weniger wie ein Schloss erscheinen.
Durchschreitet der Besucher jedoch den kleinen Eingangsbereich mit seinen vier frei stehenden Säulen, offenbart sich ihm schließlich der römische Charakter des Schlosses. So ist das Hauptgebäude des Palazzos um einen großen quadratischen Innenhof angelegt. Seine zum Hof zeigenden Wände sind wieder mit Halbsäulen verziert und tragen ein klassisch verziertes Gebälk.
Hallen für Pferde und Giganten
Insgesamt ist der Palastkomplex symmetrisch angelegt und das Hauptgebäude entspricht den Beschreibungen des römischen Architekten Vitruv, wie ein Landhaus – eine Villa Suburbana – auszusehen habe. Jede Seite des Innenhofes besitzt jeweils einen mittig platzierten Eingang und alle – ausgenommen die Seite mit dem Eingang – bergen reich geschmückte Räume in ihrem Inneren.
Insgesamt besitzt das Hauptgebäude 17 Räume, die nach ihren jeweiligen Wandgemälden und Fresken benannt sind. Der vom Eingang aus linke Flügel im Norden beherbergt den Raum von Ovid mit seinen Metamorphosen, den Raum der Wappen, die Halle von Sonne und Mond, die Halle der Pferde, den Raum von Amor und Psyche und die mittig im Flügel platzierte Loggia der Musen.
Im südlichen Flügel – rechts vom Eingang – liegen die Halle der Giganten, die kleinen Räume mit dem Kreuzgewölbe, den Grotesken und der Venus, der Raum der Kandelaber, der Raum der Karyatiden, der Raum der Siege und die südliche Loggia im Zentrum.
Im östlichen Flügel gegenüber dem Eingang befinden sich der Raum der Winde, der Raum der Adler, der Raum des Stucks, der Raum der Herrscher und die zentrale Loggia von David. Letztere ist nicht nur der Mittelpunkt des Ostflügels, sonders auch das Zentrum des Palazzo del Te.
Geheime Gärten
Als eine Art offenes Durchgangszimmer verbindet die Loggia von David das Hauptgebäude mit dem dahinter befindlichen Garten. Bevor die Besucher diesen betreten können, führt eine steinerne Brücke über einen großen Fischteich, der sich entlang der Fassade erstreckt. Heute ist der Garten nur noch eine bescheidene Rasenfläche. Früher war dieser jedoch üppig mit Blumen und Bäumen bepflanzt und barg einen zusätzlichen geheimen Gartenbereich.
Abgeschlossen wird das Schloss am Ende des Gartens mit einer bogenförmigen Anlage, der sogenannten Exedra. Diese wurde jedoch zwischen dem späten 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts – lange nach der Schaffenszeit von Giulio Romano – hinzugefügt. Weitere fast 150 Jahre später nahm der Architekt Paolo Pozzo einige Restaurierungsarbeiten vor, wobei er Dächer, Gehwege und Fresken erneuerte.
Trotz der Erweiterungen und Renovierungen im Palazzo del Te verkörpern die Architektur und die dekorative Ausstattung aller Räume noch immer die Schönheit der Renaissance, dessen Hauptfigur und Genie Giulio Romano bleibt.
Mit Material von The Epoch Times.
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