Studie zeigt „signifikant weniger Schnee“ – anhand ausgewählter Daten
Entgegen allen Erwartungen meldeten Forscher jüngst, dass Schnee und Eis in der Antarktis in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen hat. Diese Entwicklung folgt dabei auf eine Zeit, in der der Südpol – zu Lebzeiten der Menschheit – mehrmals teilweise eisfrei war.
Am Nordpol beziehungsweise auf der Nordhalbkugel ist die Entwicklung indes unklar.
Zwar stellten Wissenschaftler um Statistik-Professor Robert Lund von der University of California in Santa Cruz einen „erheblichen Rückgang der Schneedecke auf der Nordhalbkugel im letzten halben Jahrhundert“ fest, jedoch sind es die Daten, die sie nicht verwendet haben, die aufhorchen lassen.
Steigende Temperaturen, mehr Schnee
So besagt ihre im „Journal of Hydrometeorology“ veröffentlichte Studie, dass steigende Temperaturen mancherorts zu mehr Schnee führen. Obwohl die Forscher dies erklären können, schließen sie derartige Regionen mit steigender Schneebedeckung aus ihrer Analyse aus.
Danach kommen sie zu dem Ergebnis, dass Regionen mit zurückgehender Schneedecke überwiegen. In der Pressemitteilung der Universität heißt es dazu:
„In der neuen Studie […] analysierten die Forscher Daten zur Schneedecke […]. Von den Regionen, für die die Forscher zuverlässige Daten ermittelten, stellten sie fest, dass die Schneedecke in fast doppelt so vielen Regionen abnimmt, wie zunimmt.“
„In den arktischen Regionen verschwindet der Schnee häufiger, als er liegen bleibt. Ich glaube, Klimatologen haben das irgendwie vermutet“, sagte Lund. „Aber er verschwindet auch an den südlichen Grenzen der Kontinente“. Gleichzeitig zeigt die Studie, dass in einigen Gebieten wie Ostkanada eine Zunahme der Schneedecke zu verzeichnen ist.
Dies könnte laut den Forschern auf steigende Temperaturen in Gebieten zurückzuführen sein, in denen es normalerweise sehr kalt, aber immer noch unter dem Gefrierpunkt ist, sodass die Atmosphäre mehr Wasser aufnehmen kann, das dann als Schnee fällt. Mit anderen Worten, früher war es zu kalt, um zu schneien, und weil es nun weniger kalt ist, fällt mehr Schnee. Mehr Schnee oder weniger war jedoch nicht die Frage, sondern lediglich, ob Schnee liegt, egal wann dieser gefallen ist.
Eine einzige „wirklich verlässliche Analyse“ von „verdammt schlechten Daten“
Finanziell unterstützt von der National Science Foundation werteten Lund und Kollegen binnen vier Jahren Daten aus, die bei wöchentlichen Satellitenüberflügen zwischen 1967 (als Satelliten häufiger eingesetzt wurden) und 2021 gewonnen wurden. Diese Daten wurden in Gitterabschnitte unterteilt, für die Meteorologen wöchentlich bestimmten, ob sie schneebedeckt sind oder nicht. Dies ist insofern interessant, als Schnee „weißer“ ist und damit mehr Sonnenlicht reflektiert als beispielsweise Steine oder offene Wasserflächen.
Diese sogenannte Albedo – die Fähigkeit, Licht zu reflektieren – und die isolierenden Eigenschaften des Schnees beeinflussen damit „die Oberflächentemperaturen auf regionaler Ebene und die thermische Stabilität auf kontinentaler Ebene“. Damit spiele Schnee eine wichtige Rolle in der globalen Energiebilanz.
„Der Grund, warum diese Studie so viel Arbeit gemacht hat, ist, dass die Satellitendaten so verdammt schlecht sind“, sagte Lund. „Was auch immer die Meteorologen unternommen haben, um aus den Bildern in einigen Gebirgsregionen Schnee zu schätzen, es hat einfach nicht funktioniert, also mussten wir alle Raster der nördlichen Hemisphäre nehmen und herausfinden, ob die Daten überhaupt vertrauenswürdig waren oder nicht.“
Dennoch ist der Statistiker der Ansicht, dass dies die erste wirklich verlässliche Analyse der Schneedeckentrends in der nördlichen Hemisphäre ist. Dies sei hauptsächlich auf strenge mathematische Modelle und statistische Methoden zurückzuführen.
Mehr Schnee wird ignoriert
Letztlich basieren die Aussagen der Forscher auf einer Reihe von Einsen und Nullen, die angeben, ob ab einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Schnee lag (1) oder nicht (0). Daher sei es für Nicht-Statistiker oft schwierig, Trends aus dieser Art von Satellitendaten zu extrahieren. Das stimmt allerdings nur bedingt. Denn in einem Diagramm dargestellt, wird sehr gut ersichtlich, ob und wann Schnee lag.
Noch deutlicher wird dies in einer Zeitreihe, die die Anzahl der schneereichen Wochen pro Jahr zusammenfasst, dafür müssen lediglich die Einsen eines Jahres zusammengezählt werden. Für „eine Region im Himalaya“ sieht dies wie folgt aus:
Diese Grafik, die die Autoren selbst in ihrer Studie verwenden, zeigt einerseits einen Trend in der Schneebedeckung mit einem deutlichen Anstieg in jüngerer Zeit (unten). Andererseits zeigen die Daten, dass im Sommer 2002 und 2003 Schnee lag, im Winter 2002/03 jedoch nicht (oben). Aufgrund Letzterem beschreiben die Forscher explizit diesen Datensatz als „nicht vertrauenswürdig“ und schlossen ihn aus der weiteren Auswertung aus.
Schnee im Winter, Schnee im Sommer
Dieses Schicksal teilen insbesondere Bergregionen, in denen die gesammelten Satellitendaten laut Pressemitteilung „unzuverlässig waren und im Winter keinen Schnee und im Winter mehrere Wochen Schnee zeigten.“ Die Studie korrigiert: kein Schnee im Winter, aber Schnee im Sommer. Dies führen die Forscher auf einen „wahrscheinlichen Fehler im Algorithmus“ zurück, der die Satellitendaten verarbeitete, um festzustellen, ob Schnee vorhanden war oder nicht. Gleichzeitig schreiben sie an anderer Stelle, dass die Daten „wöchentlich, manuell von Meteorologen ausgewertet“ wurden.
Bezogen auf die gezeigte Himalaya-Region schreiben die Forscher: „Auch wenn die methodischen Überarbeitungen im Jahr 1999 die Daten für die Zeit nach 1999 glaubwürdig erscheinen lassen“ – also einschließlich des sommerlichen Schnees –, „ist es am besten, diese Zelle bei einer Trendanalyse auszuschließen.“
Da die an anderer Stelle erwähnten Änderungen der Datenerfassung in den Jahren 1988 und 1989 (zumindest) in dieser Region keine offensichtlichen Auswirkungen zeigen, ist es nicht nur „für Nicht-Statistiker“ schwierig, diese Entscheidung nachzuvollziehen.
Modellierte Unsicherheiten
Auf dem Papier logisch ist indes die Entscheidung, die Jahreszahlen in den obigen Diagrammen auf den 1. August zu beziehen. – Dadurch werden die Wintermonate trotz Jahreswechsel unterbrechungsfrei dargestellt. Allerdings scheint der Zeitpunkt „August“ denkbar ungünstig, wenn es um Schnee auf der Nordhalbkugel geht.
Ebenfalls logisch und dennoch unklar ist, dass das Vorhandensein einer Schneedecke in einer Woche die Wahrscheinlichkeit einer Schneedecke in der folgenden Woche stark beeinflusst. Sprich, wenn es geschneit hat, ist es möglich (und üblich), dass der Schnee in der darauffolgenden Woche noch liegt.
Andersherum ist es ebenfalls verständlich, dass nach der Schneeschmelze bis zum nächsten Schneefall kein Schnee liegt. Warum die Forscher dies explizit erwähnen, wirft weitere Fragen auf, zumal sich ihre Studie ausdrücklich weder mit dem Alter noch der Dicke der Schneedecke beschäftigt, sondern lediglich deren Ausdehnung.
Sowohl vermeintlich unsichtbare Trends als auch den üblichen Zusammenhang von Schneefall und Schneedecke „berücksichtigen [die Forscher] mit einem auf einer Markov-Kette basierenden Modell“. Eine Markov-Kette wird verwendet, wenn die weitere Entwicklung lediglich vom letzten Ereignis abhängt und alles, was dazu geführt hat, uninteressant ist.
Anhand des Modells „konnten genaue Unsicherheitsschätzungen der Trends berechnet werden. Die Forscher fanden Hunderte Regionen, in denen die Schneedecke mit mindestens 97,5-prozentiger Sicherheit abnahm“, heißt es in der Pressemitteilung der Uni.
Apropos „Hunderte Regionen“
Insgesamt betrachteten die Forscher 7.744 annähernd quadratische Regionen mit rund 190 km Seitenlänge, wobei über die Hälfte der Daten sprichwörtlich ins Wasser und damit wegfielen. In die Auswertung eingeflossen sind somit lediglich jene 3.011 Regionen, die an Land liegen. War eine Region zu einem bestimmten Zeitpunkt mindestens zur Hälfte schneebedeckt, zählte dies für jenen Zeitpunkt für die gesamte Region.
Doch auch von diesen über 3.000 Regionen verwendeten die Forscher nicht alle Daten.
Letztlich blieben 1.618 Regionen für die Auswertung übrig: Dabei nahm die Schneedecke laut Studie in 1.045 Regionen mehr oder weniger stark ab. In 573 Gebieten nahm sie zu.
Darunter zeigten „Hunderte Regionen“, den genannten signifikanten Rückgang der Schneedecke. Dem gegenüber stehen zwar nicht gleich viele, aber ebenfalls über einhundert Regionen, in denen die Schneedecke mit ebenso großer Sicherheit zugenommen hat. Doch selbst zusammen entspricht dies lediglich etwa der Hälfte der ausgewerteten Regionen. Die andere Hälfte zeigte „keine signifikante“ Veränderung.
Hinzu kommen wiederum Hunderte Regionen, die die Forscher aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen haben. Diese umfassen einerseits die erwähnten Bergregionen sowie weite Gebiete südlich des Mittelmeeres, Indiens und Mexikos, in denen es verständlicherweise wenige Wechsel zwischen Schnee und keinem Schnee gegeben hat.
Aber auch Grönland, das einst „grüne Land“, wurde fast komplett ausgeschlossen. Von 55 grönländischen Planquadraten wurden lediglich zwei berücksichtigt. Diese zeigen einen hochsignifikanten Anstieg der Schneedecke in den vergangenen fünf Jahrzehnten.
Die Forscher sind indes überzeugt, dass ihre Studie durch die „Bestimmung, welche Satellitendaten unzuverlässig sind […], als Ressource für die wissenschaftliche Gemeinschaft“ dienen könne. Bezogen auf die ausgeschlossenen Bergregionen verweisen sie in diesem Zusammenhang allerdings auf frühere Arbeiten. Und die besagen, dass weitere Forschung nötig sei, um systematische Veränderungen in Gebirgsregionen festzustellen.
Somit bleibt unklar, ob es gerade in den nicht berücksichtigten Daten ebenfalls einen Trend gibt und in welche Richtung dieser zeigt. Wiederholen sich die Muster aus dem Himalaya oder Grönland, ist nicht auszuschließen, dass das Gesamtergebnis anders lauten müsste.
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