Nach Handgemenge bei Bauernprotest: Über 40 Strafbefehle gegen Landwirte

Im Februar kam es bei einem Bauernprotest zu Handgreiflichkeiten zwischen Landwirten und Polizeibeamten. Die Staatsanwaltschaft Ravensburg beantragte jetzt 42 Strafbefehle gegen beteiligte Landwirte.
Titelbild
Besonders Anfang 2024 protestierten die Landwirte in Deutschland.Foto: Markus Volk/iStock
Von 1. September 2024

Am 14. Februar 2024, dem politischen Aschermittwoch, beteiligten sich zahlreiche Landwirte an einer Protestaktion in der baden-württembergischen Kreisstadt Biberach an der Riß.

Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Ravensburg insgesamt 42 Strafbefehle beantragt. Bei 14 Fällen wurde Anklage erhoben. Das teilte die Oberstaatsanwältin Christine Weiss auf Anfrage von „Agrarheute“ mit.

In den ersten Monaten dieses Jahres war gerade die Hochphase der landesweiten Bauernproteste. Die Landwirte protestierten insbesondere gegen Subventionskürzungen in Bezug auf den Agrardiesel und Kfz-Steuererleichterungen.

Was war passiert?

Kurz vor dem Aschermittwoch hatte „ein Bündnis aus Spediteuren, Bauunternehmern, Handwerkern, Pflegekräften und dem Mittelstand“ zum gemeinsamen Protest mit Landwirten aufgerufen. Dieser Protest, der vor der Biberacher Stadthalle stattfinden sollte, war nicht bei den Behörden angemeldet. Auch die offiziellen landwirtschaftlichen Verbände wussten von dem Protest nichts.

Hunderte Landwirte folgten dennoch dem Aufruf und wollten entsprechend der Ankündigung an jenem Tag mit ihren Traktoren am Versammlungsort zusammenkommen. Doch schon bei der Anfahrt kam es nach Verkehrsbehinderungen zu ersten Auseinandersetzungen zwischen den Teilnehmern und einigen Polizeibeamten.

Die sonst eher friedlichen Bauernproteste eskalierten. Auch etwas später am Versammlungsort kochte die Stimmung hoch. Zwei Politiker-Limousinen versuchten, zur Stadthalle vorzufahren. Einige protestierende Bürger blockierten jedoch die Zufahrt zur Halle. Die Polizei schaffte es kaum, die Autos abzuschirmen. Bei einem Fahrzeug war plötzlich ein etwa faustgroßes Loch in einer Seitenscheibe. Laut der „Welt“ soll es sich um ein Begleitauto von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) gehandelt haben.

Mehrere Videos, die die Teilnehmer mit ihren Mobiltelefonen aufgenommen haben, zeigen, dass die Polizei kurz darauf Reizgas und ihre Schlagstöcke eingesetzt hatte.

Nötigung, Beleidigung, Sachbeschädigung

Die Staatsanwaltschaft wirft den Landwirten, die sich an der Protestaktion beteiligt haben, unter anderem Nötigung, Beleidigung und Sachbeschädigung vor. Weitere Anklagepunkte sind Landfriedensbruch und besonders schwerer Landfriedensbruch.

Da es auch zu Handgreiflichkeiten kam, wirft die Staatsanwaltschaft den angeklagten Landwirten noch Körperverletzung, versuchte gefährliche Körperverletzung, Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor. Ebenso wurde das „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ angezeigt.

Besonders in den sozialen Netzwerken wollten mehrere Nutzer auf den Videos erkannt haben, dass die Polizeibeamten die Situation durch Provokationen eskalieren ließen. Das kritisierten auch mehrere protestierende Landwirte. Zunächst ermittelte die Staatsanwaltschaft auch gegen einige Polizeibeamte. Diese seien allerdings inzwischen eingestellt.

Tausende Euro Strafe für Landwirte

Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen zu diesem Ereignis inzwischen abgeschlossen. Durch etliche Videoaufnahmen und Zeugenaussagen konnten die Beamten die angeklagten Teilnehmer identifizieren. Unter den Beschuldigten haben nicht alle die Strafbefehle akzeptiert. Deswegen sind noch für 25 Fälle Hauptverhandlungen vorgesehen.

Andere Landwirte hingegen haben die gegen sie gerichteten Strafbefehle akzeptiert. So etwa Jürgen K. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm neben Landfriedensbruch auch weitere Verstöße vor. Das bedeutet für ihn eine Geldstrafe von 3.600 Euro. Hinzu kommen weitere Verfahrenskosten, die er ebenfalls begleichen wird. Er betonte jedoch, dass er sich nicht an den gewalttätigen Aktionen am 14. Februar beteiligt habe.

Seine Strafe liegt bei 90 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro. Damit bleibt er gerade noch unter der Grenze, mit der man in Deutschland als vorbestraft gilt. Dennoch wird seine Strafe im Bundeszentralregister eingetragen. Gegen manche Landwirte hat das Amtsgericht Biberach jedoch auch höhere Strafen verteilt: Bis zu 120 Tagessätze beantragte das Gericht teilweise.

Von legal zu strafbar

Damit ein Protest im Rahmen des Legalen bleibt, müssen die Demonstrationsteilnehmer und -organisatoren einige Punkte beachten. Eine direkte Straßenblockade gilt beispielsweise dann als strafbare Nötigung gemäß Paragraf 240 Strafgesetzbuch, wenn sie bewusst für eine politische Meinungsäußerung erzeugt wird. Ein berühmtes Beispiel sind hierfür die Klimaaktivisten von der „Letzten Generation“. Da viele ihrer Aktionen in den vergangenen Jahren absichtliche Straßenblockaden waren, haben die Gerichte auch sie bereits Hunderte Male verurteilt – sowohl zu Geldstrafen als auch zu Freiheitsstrafen.

Eine Ausnahme herrscht jedoch, wenn es vorrangig um die Meinungskundgebung geht und der Straßenverkehr unbeabsichtigt behindert wird. Im Fall von Biberach hatten die Initiatoren zum Protest aufgerufen, nicht zur Straßenblockade.

Erst wenn alles ordnungsgemäß abläuft, ein Protest auch richtig angemeldet ist, können sich die Teilnehmer auf das Demonstrationsrecht berufen. Generell dürfen Bauern also mit ihren Traktoren demonstrieren, auch wenn dies zu Staus und Verkehrsbehinderungen führt. Ein Problem bei der Versammlung in Biberach war jedoch, dass diese nicht angemeldet war.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion