Pilotprojekt: Strenges Handyverbot an Schulen soll Lernumfeld verbessern
In einem Pilotprojekt will das französische Bildungsministerium die Auswirkungen eines totalen Handyverbots untersuchen, hieß es am Dienstag. Das Projekt wird an Schulen mit mehr als 50.000 Schülern durchgeführt, die sich dazu bereit erklärt haben.
Die Nutzung von Mobiltelefonen an französischen Schulen wird bereits durch ein Gesetz aus dem Jahr 2018 eingeschränkt. Dieses verbietet den Schülern die Nutzung von Mobiltelefonen auf dem Schulgelände, erlaubt ihnen aber, die Geräte bei sich zu tragen.
Die neue „digitale Auszeit“ will jedoch mehr. Sie will die Schüler verpflichten, ihre Handys am Eingang der Schule abzugeben.
Bildungsministerin Nicole Belloubet will die Präsenz von Mobiltelefonen in Klassenzimmern und Fluren so weit wie möglich reduzieren.
Im Rahmen der digitalen Auszeit werden den Schülern die Telefone während der Schulzeit abgenommen. Auf diese Weise will das Bildungsministerium Onlineschäden vorbeugen, die Nutzung von Bildschirmen einschränken und die Regeln für die Nutzung digitaler Geräte verschärfen.
Die französische Regierung geht davon aus, dass das Experiment das allgemeine Schulklima verbessern wird. Die übermäßige Nutzung von Mobiltelefonen begünstige beispielsweise das Onlinemobbing.
Sollte das Pilotprojekt erfolgreich sein, will das Ministerium die Regelung bis zum 1. Januar 2025 landesweit einführen.
„Erschütternde“ Erkenntnisse
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sein Interesse bekundet, das Verbot der Nutzung von Smartphones für Kinder unter 11 Jahren und den Zugang zu sozialen Medien für Kinder unter 15 Jahren auf ganz Frankreich auszuweiten.
Bei einer Pressekonferenz im Juni verwies er auf einen Bericht einer Expertengruppe unter der Leitung der Neurologin Servane Mouton und des Psychiatrieprofessors Amine Benyamina.
In dem Bericht wird betont, dass die Technologie Kinder zwar befähigen und emanzipieren kann, indem sie ihnen den Zugang zu Informationen erleichtert, dass sie aber auch erhebliche Risiken birgt.
„Zum ersten Mal kann ein Kind mehr über ein bestimmtes Thema wissen als seine Eltern, seine Lehrer oder sogar ein Minister“, heißt es in dem Bericht.
Die Experten warnen jedoch, dass „wie alles, was von Menschen gemacht wird, auch die Technologie, die Fähigkeit hat, Kinder einzusperren, zu entfremden und zu unterwerfen“.
In dem Bericht heißt es, dass die schädlichen Auswirkungen der ständigen digitalen Konnektivität von Kindern „Konsequenzen für ihre Gesundheit, ihre Entwicklung, ihre Zukunft und auch für unsere Zukunft haben – die Zukunft unserer Gesellschaft, unserer Zivilisation und vielleicht sogar unserer Menschheit“.
Die Autoren des Berichts zeigten sich „erschüttert“ über ihre Erkenntnisse zu den Strategien, mit denen die Aufmerksamkeit von Kindern erregt werden soll. Sie stellten fest, dass die Neigungen von Kindern ausgenutzt werden, „um sie an Bildschirme zu fesseln, zu kontrollieren, zu beschäftigen und zu Geld zu machen“.
Uneinheitliche Regeln in Deutschland
Die europäischen Länder haben in unterschiedlichem Maße Verbote oder Einschränkungen für mobile Geräte in Schulen eingeführt.
In Deutschland gibt es keine einheitlichen Regelungen zur Handynutzung an Schulen, da Bildung Ländersache ist. In der Regel dürfen Schüler ihre Handys mitbringen, die Nutzung ist jedoch häufig eingeschränkt. Viele Schulen verbieten das Einschalten des Handys während des Unterrichts, um Ablenkungen zu vermeiden. Lehrer können Handys im Einzelfall konfiszieren, wenn sie den Unterricht stören. Den Schulen steht es frei, in ihrer Hausordnung spezifische Regeln festzulegen, um eine ausgewogene Nutzung von Mobiltelefonen zu fördern und die Konzentration im Unterricht zu gewährleisten.
Eine aktuelle Studie der Universität Augsburg zeigt, dass Smartphoneverbote an Schulen das soziale Wohlbefinden der Schüler verbessern und die Lernleistung positiv beeinflussen können. Die Forscher betonen jedoch, dass solche Verbote pädagogisch begleitet werden sollten, um nachhaltige Erfolge zu erzielen. Sie plädieren für pädagogische Maßnahmen zur Förderung der Medienkompetenz.
Die Lage in England, Italien und Spanien
In den Richtlinien des Vereinigten Königreichs heißt es, dass Schulen die Nutzung von Mobiltelefonen verbieten sollten, aber sie können selbst entscheiden, wie sie dies umsetzen.
Ein Bericht der Denkfabrik Policy Exchange zeigt, dass 84 Prozent der Grundschulen ein Smartphoneverbot haben, das auch durchgesetzt wird. Bei den weiterführenden Schulen waren es nur elf Prozent, und nur etwas mehr als die Hälfte praktizierte eine Art Verbot, bei dem die Schüler ihre Handys nur ausgeschaltet in die Schule mitbringen dürfen.
In Italien wurde 2007 erstmals ein Verbot von Smartphones im Unterricht eingeführt, das jedoch nicht flächendeckend umgesetzt wurde.
Die kürzlich von der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni verschärften Richtlinien bedeuten, dass die Nutzung von Smartphones von der Grundschule bis zur Mittelstufe verboten ist. Dieses Verbot gilt für die gesamte Smartphonenutzung, auch für Bildungszwecke.
Mehrere spanische Regionen, darunter Katalonien und Galizien, haben ein Verbot der Handynutzung in Schulen eingeführt, wobei die Maßnahmen in den einzelnen Regionen unterschiedlich sind.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „France to Trial Complete Cellphone Ban in Schools“. (deutsche Bearbeitung jw)
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