„Letzte Generation“ droht Schadensersatz in Millionenhöhe – Faeser will Flughafenblockaden „strenger ahnden“

Am Mittwoch und Donnerstag haben Aktivisten der „Letzten Generation“ erneut den Flugbetrieb an deutschen Flughäfen gestört. In der Politik wurden daraufhin die Rufe nach schärferen Strafen für solche Protestaktionen laut. Sind die deutschen Flughäfen sicher genug?
Wieder war es den Klimaaktivisten gelungen, auf das Flughafengelände vorzudringen.
Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ haben am 25. Juli 2024 eine Unterbrechung des Flugbetriebs am Flughafen Frankfurt am Main verursacht.Foto: Arne Dedert/dpa
Von 29. Juli 2024

Am Donnerstag, 25. Juli, sorgten Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ erneut für Schlagzeilen. Es war ihnen zum ersten Mal gelungen, sich auf einer Start- und Landebahn von Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt am Main festzukleben. Das hat – zum Ärgernis Tausender Passagiere – zu rund 270 Flugausfällen geführt.

Einen Tag zuvor klebten sich fünf Klimaaktivisten an das Rollfeld am Flughafen Köln/Bonn. Diese jüngsten Ereignisse haben die politische Debatte um Strafverschärfungen für derartige Protestaktionen angeheizt.

Lufthansa verlangt Entschädigung

Der entstandene Gesamtschaden einschließlich ähnlicher Aktionen an anderen deutschen Flughäfen geht in die Millionen. Ein Lufthansa-Sprecher teilte dazu mit:

„Wir werden den uns entstandenen Schaden durch die Klimakleber auch in diesem Fall geltend machen. So wie bereits nach den Aktionen in Hamburg, Düsseldorf und Berlin. Dabei ist bereits jetzt absehbar, dass die Schadenssumme erheblich höher sein wird, denn es waren deutlich mehr Flüge und Passagiere betroffen, und es mussten mehr Flugzeuge zu anderen Flughäfen umgeleitet werden. Die genaue Schadensumme werden wir nun ermitteln.“

Durch Protestaktionen der „Letzten Generation“ an deutschen Flughäfen seit November 2022 entstand allein bei Lufthansa ein Schaden von insgesamt 740.000 Euro. Die jüngsten Blockadeaktionen sind darin noch nicht enthalten. Bisher kam die Klimagruppe für den Schaden nicht auf.

Lufthansa hat bereits gegen die „Letzte Generation“ geklagt, da diese den Zahlungsforderungen des Unternehmens nicht nachgekommen ist. Eine Privatinsolvenz bei der Protestgruppe ist nicht ausgeschlossen.

Faeser: „Taten strenger ahnden“

Forderungen nach härteren Strafen kamen unter anderem aus der SPD, der Union und dem BSW. „Das kann nicht nur eine Ordnungswidrigkeit sein“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci im ZDF. Von den Grünen kam hingegen eine gegensätzliche Forderung.

Castellucci forderte weiter, das unbefugte Betreten mit der Absicht, „den Luftverkehr derart zu beeinträchtigen“, solle unter Strafe gestellt werden. Die Gruppe „Letzte Generation“ leiste jedoch mit solchen Aktionen ihrem eigentlichen Anliegen einen „Bärendienst“. „Jetzt regen sich alle nur wieder über Klimakleber auf und nicht über den eigentlichen Anlass, nämlich den Klimawandel“, kritisierte der SPD-Politiker.

Eine deutliche Verurteilung kam indes von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Auf dem Kurzbotschaftendienst 𝕏 schrieb sie: „Diese Aktionen sind gefährlich, dumm und kriminell. Wer Landebahnen blockiert, riskiert nicht nur sein eigenes Leben, sondern gefährdet auch andere und schadet allen Reisenden. Diese Taten müssen strenger geahndet werden. Wir haben empfindliche Freiheitsstrafen vorgeschlagen.“

Flughafenblockaden: Höhere Strafen für Klimaaktivisten?

Die Flugplantafel in der Abflughalle des Internationalen Flughafens Frankfurt am Main am 25. Juli 2024. Foto: Daniel Roland/AFP via Getty Images

Gesetzentwurf beschlossen

Am 17. Juli hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes beschlossen. Damit soll ein neuer Straftatbestand zum unberechtigten Eindringen auf das Rollfeld und die Start- und Landebahnen eines Flughafens eingeführt werden.

Vorgesehen sind dabei bis zu zwei Jahre Gefängnis oder Geldbußen. In Fällen, in denen die Eindringlinge verbotene Gegenstände wie Waffen mit sich führen, sind es bis zu fünf Jahre. Dasselbe gilt, wenn die Absicht besteht, eine andere Straftat zu ermöglichen.

Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing teilte hierzu mit: „Wer gewaltsam auf Flughäfen eindringt, Rollfelder besetzt und Maschinen blockiert, gefährdet Menschenleben. Das ist keine Bagatelle, sondern wird in Zukunft mit voller Härte bestraft. Ich setze darauf, dass diese Gesetzesverschärfung Aktivisten abschreckt und Störungen in der aktuellen Hauptreisezeit ausbleiben.“

Union und BSW verlangen noch härtere Strafen

Die Unionsfraktion im Bundestag verlangt ein noch deutlich schärferes Vorgehen. Die „Bild“-Zeitung zitierte am Freitag aus einem in der Fraktion abgestimmten Forderungskatalog. Darin heißt es demnach, bislang sei es „der Bundesregierung und allen voran Innenministerin Faeser nicht gelungen, diesen Taten einen Riegel vorzuschieben“.

Neben härteren Bestrafungen wie der Heraufsetzung des Strafrahmens auf bis zu fünf Jahre für gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr nennt die Unionsfraktion auch die aus ihrer Sicht erforderliche Erweiterung des Straftatbestands der Nötigung. Es müsse „regelmäßig“ als besonders schwerer Fall gelten, wenn durch Blockaden eine große Zahl von Menschen genötigt werde. Zudem sollten die Täter auch zivilrechtlich schadensersatzpflichtig sein.

Der BSW-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht gehen die Pläne ebenfalls nicht weit genug: „Die etwas härteren Strafen, die die Ampel plant, kommen zu spät und sind viel zu weich“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. „Wer so etwas macht, gehört ins Gefängnis und sollte nie wieder einen europäischen Flughafen betreten dürfen.“

Die „Klimakleber“ müssten „endlich als das eingestuft werden, was sie auch glasklar sind: eine kriminelle Vereinigung“, sagte Wagenknecht. Diese warf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, „in diesem Bereich versagt“ zu haben. „Das sind nicht die ersten Flughafenaktionen dieser Leute, die die öffentliche Sicherheit gefährden und das Leben von Normalbürgern verachten.“

Der Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar sagte im „Deutschlandfunk“: „Flugplätze sind große Areale, die wird man selten zu hundert Prozent schützen können.“ Ähnliche Blockadeaktionen habe es aber zum Beispiel am Hamburger Flughafen bereits vor einem Jahr gegeben. Er habe deshalb erwartet, dass die Flughafenbetreiber beraten, wie sie ihre Anlagen besser schützen können. Von höheren Strafen hält der Grünen-Politiker aber nichts: „Ich glaube, dass das Recht da voll und gut ausgestattet ist.“ Gelbhaar sieht deshalb „keine Handlungsnotwendigkeit“.

Sicherheitslücke an Flughäfen

Offenbar stellte das Eindringen auf die Start- und Landebahn für die Klimaaktivisten keine allzu große Herausforderung dar. Sie benötigten dafür nur „kleine Kneifzangen“, um durch den Maschendrahtzaun auf das Flughafenareal zu gelangen. Die Polizei beschlagnahmte bei einem Demonstranten das entsprechende Werkzeug. Die Strecke bis zum Tatort legten die Aktivisten dann zu Fuß, mit Fahrrädern und Skateboards zurück.

Am Frankfurter Flughafen läuft der Betrieb nach der Störaktion von Klimaaktivisten inzwischen wieder normal.

Um auf das Flughafengelände zu gelangen, haben die Klimaaktivisten einen Maschendrahtzaun aufgeschnitten. Foto: Andreas Arnold/dpa

Das Flughafengelände vom Frankfurter Flughafen ist von einem rund 30 Kilometer langen Sicherheitszaun umgeben. Dieser Maschendrahtzaun ist mit Sensoren ausgestattet, die einen Alarm auslösen, sobald er durchgeschnitten wird. Zudem gibt es Streifen und etliche Kameras, die die Abgrenzung überwachen.

Doch es gibt tote Winkel in den Kamerasichtfeldern und nicht immer finden Streifenfahrten statt. Zudem mussten sich die Aktivisten nicht einmal verstecken. An zwei beliebten Spotter Points, an denen jeder den Flugverkehr beobachten kann, konnten sich die Klimaaktivisten laut „Bild“ zunächst problemlos einen Überblick über das Gelände verschaffen. An den beiden Aussichtspunkten „Startbahn-West“ und am „Luftbrückendenkmal“ hätten sie dann die Zäune aufgeschnitten.

Bundespolizei in Alarmbereitschaft

Zur Sicherung der Flughafenanlagen betonte das Bundesinnenministerium, „seit längerem“ im Gespräch mit den Flugaufsichtsbehörden der Länder und den Flughafenbetreibern zu sein. Es habe Bemühungen gegeben, dass die Flughäfen im Rahmen einer Selbstverpflichtung selbst für „schnelle und unbürokratische Verbesserungen“ sorgten, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

Das sei aber am Widerstand von zwei deutschen Großflughäfen gescheitert. Durch eine Rechtsverordnung soll dies demnach nun „regulatorisch“ gelöst werden. Da sich mit solch einer Verordnung auch der Bundesrat befassen müsse, liefen derzeit Gespräche mit den Ländern. „Wir versuchen, das schnellstmöglich voranzubringen“, betonte der Sprecher.

Die Bundespolizei ist jedenfalls gewarnt und befindet sich aktuell in Alarmbereitschaft. Da jederzeit wieder Blockaden der „Letzten Generation“ möglich sind, hat die Behörde an allen großen deutschen Verkehrsflughäfen die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt.

(Mit Material von Agentur)



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