„Letzte Generation“: Zunehmende Straftaten, aber Extremismus bleibt unbelegt

Ankleben, blockieren, beschmieren – seit 2022 ist eine Zunahme der Straftaten durch „Letzte Generation“ zu verzeichnen, doch extremistische Tendenzen bleiben laut BKA weiterhin unbelegt. Während die Gruppe wegen möglicher Einstufung als kriminelle Vereinigung zunehmend im Fokus steht, verlieren die Aktionen der Klimaaktivisten zunehmend die Akzeptanz in der Bevölkerung.
Mitglieder der Klimaschutzgruppe Letzte Generation sprühen im September das Brandenburger Tor mit oranger Farbe an.
Fürs Klima kleben, blockieren, beschmieren – die Aktionen der „Letzten Generation“ verlieren zunehmend an Akzeptanz in der Bevölkerung.Foto: Paul Zinken/dpa
Von 21. August 2024

„Extremistische Bestrebungen weiterhin nicht belegt“ – mit diesem zusammenfassenden Satz beginnt der Ende Mai 2024 vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichte Bericht „Lagebild 2″ zu der Klimaaktivisten-Gruppe Letzte Generation. Vermerkt wurden seit 2022 fast 1.700 Straftaten mit dem Schwerpunkt Nötigung, Paragraf 240 StGB. Der Anteil der Gewaltdelikte liege bei knapp acht Prozent. Beim vorherigen BKA-Lagebericht von Oktober 2023 waren es noch 1.200 Straftaten, und der Anteil der Gewaltdelikte lag bei fünf Prozent.

Klimakleber kriminelle Vereinigung?

Neu im aktuellen 2024er-BKA-Bericht zur Gruppe „Letzte Generation“: Am Anfang wird ein ganzes Kapitel den eingeleiteten Verfahren gegen die Klimaaktivisten nach Paragraf 129 Strafgesetzbuches (StGB) gewidmet. Dieser Paragraf regelt in Deutschland den Straftatbestand der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Der Paragraf soll auch dazu dienen, Gruppen, die systematisch Straftaten planen und durchführen, bereits im Vorfeld strafrechtlich verfolgen zu können.

Das BKA hat diesbezüglich Verfahren aus den Bundesländern zusammengefasst mit dem Ergebnis: „Bislang erging in keinem dieser Ermittlungsverfahren ein Urteil.“ Die rechtsverbindliche Beurteilung, ob eine kriminelle Vereinigung im Sinne von Paragraf 129 StGB vorliegt, erfolgt allein durch die Gerichte in konkreten Strafverfahren.

Deutschlandweite Prüfverfahren

Derweil laufen Prüfvorgänge gegen Aktivisten der „Letzten Generation“ bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg, sowie bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz in Rheinland-Pfalz. Auch in Flensburg wird gegen eine Aktivistin ermittelt wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Gegenstand des Ermittlungsverfahrens sind unter anderem diverse Sachbeschädigungsdelikte auf der Ferieninsel Sylt im vergangenen Sommer.

Auch das LKA Brandenburg führt im Auftrag der Staatsanwaltschaft Neuruppin ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Mitglieder der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“. Laut Landgericht Potsdam liegt auch hier ein Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor.

Hier geht es um Straftaten unter anderem gegen „den Flughafen Berlin-Brandenburg und das Barberini-Museum in Potsdam im Zeitraum von April 2022 bis Mai 2023“. Der Tatvorwurf betrifft die Beschuldigten als Mitglieder einer Teilgruppe, die sich in Differenzierung zur gesamten Gruppierung der „Letzten Generation“ zur Begehung von Straftaten bereit erklärt und sich an diesen beteiligt haben.

In Bayern Anfangsverdacht bestätigt

In Bayern wurde der Anfangsverdacht bestätigt in einem Ermittlungsverfahren gegen mittlerweile neun Beschuldigte wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. In Berlin hingegen hat die Staatsanwaltschaft ein solches Verfahren nicht fortgeführt, da „die begangene, beziehungsweise geplante Straftat nicht das für die Anwendbarkeit von § 129 StGB erforderliche Gewicht“ erreicht habe.

Als regionaler Schwerpunkt der Aktivitäten der Gruppe wird weiterhin Berlin verortet. Dazu gehören zahlreiche Klebeaktionen an neuralgischen Verkehrspunkten und Straßenblockaden, aber auch mehrfach Farbattacken auf Gebäude der Bundesregierung oder Wahrzeichen.

Auf das Besprühen von zwei Säulen des Brandenburger Tors mit oranger Farbe am 16. November 2023 folgte Strafanzeige wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung. Bereits zwei Monate zuvor hatten Mitglieder der „Letzten Generation“ das Berliner Wahrzeichen großflächig mit Farbe beschmiert. Wegen dieser Sachbeschädigung, im September 2023, hatte das Amtsgericht Tiergarten drei Aktivisten mit Bewährungsstrafen (acht Monate) belegt.

Erst im Dezember 2023 wurden die aufwendigen Reinigungsarbeiten am Brandenburger Tor beendet. Daraufhin hat die Stadt Berlin die „Letzte Generation“ auf circa 142.000 Euro Schadenersatz verklagt. Konkret sollen 13 Mitglieder der Klimagruppe 141.575,58 Euro plus Zinsen an das Land zahlen. Das Verfahren läuft.

Kosten und Schäden in Millionenhöhe

Blockierte Flughäfen oder Kreuzungen, angesprühte Gebäude oder überklekste Kunst, abgesägte Bäume, um auf das Baumsterben aufmerksam zu machen oder ein mit Öl beschmiertes Grundgesetzdenkmal – die sogenannten Protestaktionen von der „Letzten Generation“ führen mitunter zu hohen Sachschäden. Deren Gesamthöhe lassen sich nicht verlässlich beziffern, räumt der BKA-Bericht ein.

Beispielsweise geht man bei der Sachbeschädigung an einem Privatjet auf dem Flughafen Sylt am 6. Juni 2023 von einem Sachschaden von einer Million Euro aus. Infolge einer Blockade-Aktion 2023 an Flughäfen in Hamburg, Düsseldorf und Berlin erhob die Lufthansa AG Schadensersatzforderungen in Höhe von 740.000 Euro.

Auch für die Kosten einer kürzlichen Protestaktion im Juli 2024 will die größte deutsche Airline die Klimaaktivisten in Haftung nehmen. Dieses Mal soll es um mehr als eine Million Euro gehen. Durch die Klebeaktion der Aktivisten auf dem Rollfeld fiel genau zum Ferienanfang zwei Stunden lang der Flugverkehr in Frankfurt/Main aus. Betroffen waren 270 Flüge – viele davon von der Lufthansa, die in Frankfurt ein Drehkreuz betreibt. Auch die Fluggesellschaften Condor und TUIfly sollen derzeit Schadensersatzforderungen prüfen.

Schäden und Kosten, die durch Aktionen der „Letzten Generation“ entstehen, wie Verdienstausfälle durch Straßen- oder Flughafenblockaden sowie die Einsatzkosten der Polizei, sind laut BKA-Bericht schwer zu beziffern. Diese müssen aber eingerechnet werden, heißt es.

Allein seit Start der ersten Klimakleber-Aktionen am 22. Januar 2022 waren bis zum Oktober 2023 Berliner Polizisten dafür 536.184 Stunden im Einsatz, wie „Bild“ berichtete. Mehr als 60.000 Euro mussten die Berliner Bezirke in dem Zeitraum dafür bezahlen, dass Straßen-Reparaturen nach Klebe-Besetzungen durch die Klimaaktivisten durchgeführt wurden. Straßenschäden entstanden oftmals beim Loslösen vom Asphalt der festgeklebten Demonstranten.

In der Hauptstadt hat mittlerweile die Berliner Staatsanwaltschaft, mehr als zwei Jahre nach den ersten Störaktionen der Klimaaktivisten, den Großteil der laufenden Verfahren abgearbeitet. Von 4.844 Fällen seien mit Stand 20. Juli 2024 noch 215 offen, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber „RBB 24“. Rechtskräftig sind den Angaben zufolge bislang nur 243 Verurteilungen.

Knapp 300 Verfahren seien eingestellt worden, etwa weil es nicht genügend Beweise gab. Zudem sind Verfahren an andere Behörden abgegeben worden, dies sei insbesondere bei Jugendlichen und Heranwachsenden häufig vorgenommen.

Finanzielle Unterstützung aus den USA

Die Kasse der „Letzten Generation“ für das Zahlen von Strafen ist gefüllt. Zumindest lässt sich das zum Jahr 2022 sagen. Die Gruppe finanziert sich nach eigener Angabe überwiegend durch Spenden, die auch auf der Website ausgewiesen sind. 2022 addierten sich auf der Haben-Seite der „Letzten Generation“ insgesamt 901.832,61 Euro. Dem gegenüber gab es Ausgaben in Höhe von 534.519,73 Euro. Das Jahr 2023 startete demzufolge für die Klimaaktivisten mit einem Plus – einem Gesamtfinanzvolumen von rund 383.000 Euro. Die Spendensumme für 2023 ist bisher nicht veröffentlicht.

Hauptsächlich bekomme die Gruppe Privatspenden unterschiedlicher Größe, stellt der BKA-Bericht fest. Geld werde auch über die Plattform „GoFundMe“ generiert. Eine weitere Geldquelle sei der amerikanische „Climate Emergency Fund“, der Geldmittel für die Organisation „A22“ bereitstellt, dessen Teilprojekt die deutsche Gruppe „Letzte Generation“ ist.

Der Climate Emergency Fund (CEF) finanziert seit 2019 weltweit Klimaaktivisten. Zu den prominenten Unterstützern gehört Aileen Getty, Erbin eines Ölvermögens. Der CEF hat seit seiner Gründung Millionen von Dollar an verschiedene Klimaaktivistengruppen in den USA und Europa vergeben, darunter „Extinction Rebellion“ und „Just Stop Oil“.

Einige Aktivisten der „Letzten Generation“ bekommen vom CEF ein monatliches Gehalt, ist auf „Wikipedia“ zu lesen. Auf der Webseite der Gruppe heißt es dazu, dass sie „keine direkten Zuwendungen des Climate Emergency Fund (CEF)“ erhalte: „‚Die Initiative Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation‘ als Teil des Wandelbündnisses erhält die Förderungen des CEF und investiert das Geld in Kooperation mit uns in Bildungsarbeit im Sinne des gemeinnützigen Zwecks des Wandelbündnisses, z.B. für Klima-Vorträge. Die Initiative stellt dafür auch Menschen an.“

Zum Betrag in Höhe von 50.000 Euro vom „Climate Emergency Fund“ kämen die Finanzierungen der 41 Menschen hinzu, die „für die Initiative angestellt wurden, damit auch sie während ihres freiwilligen Engagements in der Klimabildung weiter ihre Miete bezahlen können“.

Akzeptanz für Klimakleber-Methoden sinkt

Dass die Klima- und Umweltbewegung in Deutschland im Laufe der letzten zwei Jahre an Unterstützung verloren hat, zeigt sich aus einer Umfrage der Umweltorganisation More in Common: Demnach hat sich der Zuspruch zwischen 2021 und 2023 halbiert. Eine grundsätzliche Unterstützung hatten 2021 noch 68 Prozent der Befragten erklärt, im Mai 2023 waren es nur 34 Prozent. Zudem ist die Zustimmung zur Aussage „Die Klima- und Umweltbewegung in Deutschland hat das Wohl der gesamten Gesellschaft im Blick“ von 60 auf 25 Prozent abgestürzt.

Die nächsten Aktionen schon geplant

Im April 2024 hat die Letzte Generation Protest-Aktivitäten für den Frühherbst 2024 angekündigt. Mit Aufmerksamkeit erregenden Störaktionen sollen die Behörden unter Druck gesetzt werden. Dazu sollen Aktionsformen namens „friedliches Chaos“ sowie „Polizeikessel kesseln“ dienen. Die „Letzte Generation“ erhoffe sich für einen sogenannten großen „Moment des Widerstands“ Teilnehmerzahlen von 80.000 bis 800.000 Personen. Das BKA prognostiziert in seinem Bericht dazu: „Vor dem Hintergrund der bisherigen Mobilisierungen erscheinen diese Teilnehmerzahlen allerdings nicht erreichbar.“

Unter „Wer wir sind“ steht auf der Website der „Letzten Generation“: „Wir sind die Letzte Generation, die den Kollaps unserer Gesellschaft noch aufhalten kann. Dieser Realität ins Auge blickend, nehmen wir hohe Gebühren, Straftatvorwürfe und Freiheitsentzug unerschrocken hin.“



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