Manko von 2,3 Milliarden Euro: 2023 erstmals Defizit beim deutschen Stromhandel
Deutschland wurde seit der Abschaltung seiner letzten Kernkraftwerke zum Stromimporteur – die Epoch Times berichtete bereits. Neu ist jedoch, dass sich dieser Umstand auch aus finanzieller Perspektive negativ ausgewirkt hat.
Über mehrere Jahre hinweg konnte Deutschland im Stromhandel mit seinen Nachbarn einen Überschuss erzielen. Ein einschneidendes Ereignis für den deutschen Strommarkt war im vergangenen Jahr die Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke – rund vier Gigawatt gesicherte Leistung gingen verloren. Damit verschwand auch der finanzielle Überschuss. Dieser lag im Jahr 2022 noch bei rund 2,96 Milliarden Euro – ein Allzeithoch, wie „Merkur.de“ berichtete.
Wieder fehlen mehrere Milliarden Euro
Im Jahr danach schrieb Deutschland hierbei erstmals rote Zahlen. Die deutschen Versorger mussten im Jahr 2023 rund 54 Terawattstunden (TWh) aus dem Ausland importieren, um die Nachfrage zu decken. Das kostete rund 5,75 Milliarden Euro.
Demgegenüber standen Einnahmen von 3,47 Milliarden Euro durch den Export von gut 42 TWh. Dieser kam primär dadurch zustande, wenn Windkraft- und Photovoltaikanlagen gute Wetterbedingungen hatten.
Die Bilanz im deutschen Stromhandel des vergangenen Jahres ergab also ein Defizit von knapp 12 TWh, was einen Verlust von rund 2,28 Milliarden Euro bedeutete. Von 2022 bis 2023 verschlechterte sich die Kostenbilanz also um rund 5,24 Milliarden Euro. Die bis 2016 zurückreichenden Daten stammen von dem Portal „Stromdaten.info“.
Bundesnetzagentur: Stromkosten sinken durch Importe
Über das gesamte vergangene Jahr deckten die Stromimporte nach Angaben der Bundesnetzagentur im Schnitt rund elf Prozent des deutschen Stromverbrauchs ab, wie „Blackout News“ berichtete. An manchen Tagen fehlten 16 Prozent und mehr, wie in der Kalenderwoche 48 zu sehen ist.
Eine Trendwende zurück zu einer positiven Bilanz scheint nicht in Sicht. Vielmehr dürfte das Defizit noch weiter anwachsen. So mussten die Energieversorger beispielsweise am diesjährigen Ostersonntag fast 50 Prozent der benötigten Energie über den Import decken.
Die Bundesnetzagentur geht laut „Focus“ davon aus, dass die hohen Stromimporte aus dem Ausland die Verbraucherpreise in Deutschland reduzieren. „Deutschland verfügt über ausreichend Erzeugungskapazität, um den Strombedarf auch ohne Importe jederzeit zu decken“, teilte eine Sprecherin von der Bundesnetzagentur mit. „Wird Strom importiert, liegt das daran, dass der Strom im Ausland günstiger war.“ Die Importe würden also laut der Sprecherin die Stromkosten für die Verbraucher in Deutschland senken.
Das bestätigte auch der Energiefachmann des Münchner ifo-Wirtschaftsforschungsinstituts, Mathias Mier. Er geht davon aus, dass die vermehrten Stromimporte keinen Nachteil für die deutschen Verbraucher darstellen, wie die „Augsburger Allgemeine“ berichtete. „Stromhandel passiert nur, wenn dies beiden Ländern etwas bringt“, so der Fachmann. „Ist beispielsweise der Strompreis in Frankreich niedriger als der in Deutschland, dann würde Strom von Frankreich nach Deutschland exportiert werden. Davon profitieren die französischen Stromerzeuger und gleichzeitig die Konsumenten in Deutschland, weil dies den deutschen Strompreis senkt.“
In solch einem Fall wäre es zu unrentabel, teure Kraftwerke hochzufahren. „Ergo ist jede importierte Einheit Strom erst mal gut für den deutschen Konsumenten“, sagte der ifo-Fachmann. Für die deutschen Stromproduzenten sei es dafür ein finanzieller Nachteil, wenn sie weniger erzeugen und der Strom aus ihren Kraftwerken gerade teurer ist, als der aus dem Ausland. Demnach seien hohe Stromimportkosten nicht grundsätzlich etwas Schlechtes, so Mier.
Kerntechniker: Importstrom ist immer teurer
Anderer Ansicht ist der Kernenergietechniker Manfred Haferburg. In einem Interview mit der Epoch Times sagte er kürzlich: „Importierter Strom ist immer erheblich teurer als selbst produzierter – auch wenn der Marktpreis sehr schwankt.“ Das passiert gerade mit den wetterabhängigen Wind- und Solarkraftwerken regelmäßig.
Haferburg erklärte: „Wenn viel Wind und Sonne zur Verfügung stehen, wird der Marktpreis auch schon mal negativ. Es wurden schon 50 Euro pro Megawattstunde draufgezahlt, es kann aber auch mal null sein.“ Ohne Wind und Sonne habe es schon Preise um 500 Euro pro Megawattstunde (MWh) gegeben.
Normal sei ein Preis von rund 60 Euro pro MWh auf dem Markt. „Das liegt daran, dass Strom das verderblichste Gut der Welt ist. Er muss in der Sekunde erzeugt werden, in der er verbraucht wird, weil keine nennenswerten Großspeicher zur Verfügung stehen“, so der Kernenergietechniker.
Spahn kritisiert die Ampel
Jens Spahn, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsparteien, übte scharfe Kritik an der Energiepolitik der Ampelregierung gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Diese habe zum Anstieg der Stromhandelsdefizite geführt.
Gerade die Abschaltung der letzten deutschen Atommeiler vor einem Jahr bemängelte der CDU-Politiker. Er sagte: „Trotz Energiekrise drei sichere und klimaneutrale Kernkraftwerke abzuschalten, war ein schwerer Fehler.“ Seiner Ansicht nach führte diese Entscheidung zu negativen Konsequenzen für Bürger und Unternehmen. Diese müssten jetzt hohe Stromkosten begleichen. Seine Aussage steht damit im Widerspruch zu der von der Bundesnetzagentur.
Angesichts dieser Auswirkung warnte Spahn vor ähnlichen Ergebnissen, die sich mit der sukzessiven Abschaltung der Kohlekraftwerke ergeben könnte. Ende März sind mehrere Kohleblöcke mit rund acht Gigawatt Leistung dauerhaft vom Netz gegangen. Einen Ersatz, also andere Kraftwerke auf gleichem Leistungsniveau, gab es hierfür allerdings nicht.
„Auch im nächsten Winter werden wir wieder abhängig von unseren Nachbarn sein und teuer Strom importieren“, vermutete Spahn. „Die Ampel macht Deutschland zu einem Stromnot-Land.“ Weiter sagte der 43-Jährige: „Es muss gelten: kein Ausstieg mehr ohne vorherigen Einstieg in entsprechenden Ersatz. Bevor weitere Kohlekraftwerke vom Netz gehen, müssen entsprechend Gaskraftwerke gebaut sein.“
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